
Zürich heisst Impftouristen offiziell willkommen: Sollen ungeduldige Aargauer jetzt in den Nachbarkanton ausweichen?
«Wir impfen seit Montag offiziell auch Ausserkantonale.» Das sagte Heinz Illi, Gesundheitsvorsteher der Stadt Dietikon gegenüber der «Limmattaler Zeitung». Illi freut sich, dass die Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich ihre Strategie angepasst hat, und neu Ausserkantonale nicht mehr abweist. Er verweist darauf, dass viele Mitarbeitende der Stadt Dietikon im Aargau wohnen. Sie können sich nun offiziell in Dietikon impfen lassen.

Heinz Illi.
Auch Personen, die im Ostaargau wohnen oder in der Stadt Zürich arbeiten, dürften sich freuen, dass sie versuchen können, in einem Impfzentrum im Kanton Zürich einen Termin zu ergattern. Im Impfzentrum des Kantonsspitals Baden (KSB) ist die Warteliste nämlich lang, wie das «SRF-Regionaljournal» kürzlich berichtete. Wer bei der Registrierung nur das Impfzentrum in Baden ausgewählt hat, braucht Geduld.
Im Kanton Zürich kann man den Termin auswählen
Allerdings kann niemand sagen, ob jemand in Zürich tatsächlich schneller zu einem Termin kommt als im Aargau. Der Nachbarkanton setzt beim Impfen auf ein anderes System als der Aargau. Im Aargau registriert man sich online und erhält seine Termine dann automatisch per SMS – in der Regel relativ kurzfristig. Manchmal liegt zwischen SMS und erstem Impftermin nur oder nicht einmal eine Woche.
Im Kanton Zürich kann man den Termin aussuchen. Der Kanton informiert über die App «Alertswiss», wenn neue Termine aufgeschaltet werden. Wer schnell ist und Zeit hat, hat Glück. Alle anderen müssen auf die nächsten neuen Termine hoffen. Die Impftermine in Zürich werden tendenziell weniger kurzfristig vergeben, teilweise mehr als einen Monat im Voraus.
Kein Kommentar aus dem Aargau zur Zürcher Strategie
Die Frage, ob der Schritt des Kantons Zürich mit dem Aargau abgesprochen war, beantwortet das Departement von Gesundheitsdirektor Jean-Pierre Gallati knapp mit: «Wir kommentieren die Strategien anderer Kantone nicht.» Grundsätzlich bestehe aber «insbesondere mit den Nachbarkantonen ein intensiver Austausch».
Der Aargau hält sich mit Kritik an der Zürcher «Impf-Willkommenskultur» zurück. Impfchef Andreas Obrecht sagte letzte Woche aber klar, der Aargau unterstütze Impftourismus nicht. Impfwillige aus anderen Kantonen würden weggewiesen: «Es gibt schon bei der Anmeldung eine Kontrolle und im Impfzentrum noch einmal», sagte er. Einzige Ausnahme: Mitarbeitende im Aargauer Gesundheitswesen werden auch geimpft, wenn sie nicht im Aargau wohnen.
Verhindern, dass sich impfwillige Aargauerinnen und Aargauer auch in Zürich um einen Impftermin bemühen, können die Verantwortlichen der Aargauer Impfkampagne sowieso nicht. Das Gesundheitsdepartement empfiehlt der Bevölkerung aber, sich weiterhin auf www.ag.ch/covid-impfanmeldung zu registrieren.
Wer in Zürich geimpft wurde, sollte sich im Aargau abmelden
Wer genug Zeit hat, um zweigleisig zu fahren, kann versuchen, im Kanton Zürich einen Termin zu ergattern, während er im Aargau auf das SMS mit den Impfterminen wartet.
Die Registrierung im Aargau bleibt weiterhin gültig, sie erlischt erst, wenn jemand den Termin absagt. Das sollten Personen, die bereits in einem anderen Kanton geimpft worden sind, über den Link in der Termin-SMS möglichst umgehend tun. So kann ihr Termin im Aargau sofort an eine andere Person auf der Warteliste vergeben werden.
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) verbietet Impftourismus nicht. Darauf verweist auch die Zürcher Gesundheitsdirektion: «Gemäss dem BAG ist man frei, wo man sich impfen lässt.» Die Regelung des Zugangs zur Impfung sei Sache der Kantone.
Impfdosen werden anhand der Bevölkerungszahl verteilt
Die Zürcher Gesundheitsdirektion hat sich entschieden, Ausserkantonale nicht mehr abzuweisen, weil das BAG grössere Impfstofflieferungen in Aussicht gestellt habe, sagt Sprecherin Lina Lanz. Sie hält aber fest, auch der Kanton Zürich empfehle weiterhin, «dass ausserkantonal wohnhafte Personen zuerst die Möglichkeiten für eine Impfung in ihrem Wohnkanton prüfen».
Die Kantone erhalten die Impfdosen gemäss einem Verteilschlüssel, der die Bevölkerungszahl wesentlich berücksichtigt. «Entsprechend ist es die Aufgabe der Aargauer Impfkampagne, in erster Linie ein Impfangebot für alle Aargauerinnen und Aargauer zu bieten», argumentiert das Aargauer Gesundheitsdepartement. Der Kanton Aargau verimpfe weiterhin rasch und vollständig die erhaltenen Impfdosen mit Ausnahme einer geringen Reserve für Zweitimpfungen. Bisher habe man keine Impfdosen wegwerfen müssen.
Will der Kanton Zürich die Impfquote aufpolieren?
Im Verhältnis zur Einwohnerzahl ist Zürich im interkantonalen Vergleich beim Impfen weiterhin das Schlusslicht. Es gehe dem Kanton Zürich aber nicht darum, die Impfquote mit Impfwilligen aus anderen Kantonen zu polieren, stellt die Gesundheitsdirektion klar.
Die Impfbereitschaft im Kanton Zürich sei erfreulich hoch, die freigeschalteten Termine würden laufend gebucht, so Sprecherin Lanz. Ausserdem wurden geimpfte Personen aus anderen Kantonen in der BAG-Statistik in ihrem Wohnkanton erfasst. Lanz sagt:
«Sie haben somit keinen Einfluss auf die Zürcher Impfquote.»
Sie betont, grundsätzlich gehe es darum, dass die Gesamtbevölkerung möglichst rasch geimpft sei. «Je mehr Personen in der Schweiz und in Zürich geimpft sind, umso schneller erlangen wir die Freiheiten des Alltags wieder zurück.»