Zukunftsmusik: Schule machen mit Schüler-Pauschalen

«Schule machen» ist ohne motivierte Lehrkräfte und ohne finanzielle Mittel nicht möglich. Die Personalführung liegt seit einigen Jahren in den Händen der Schulleitungen der Gemeinden. Das benötigte Geld, welches zu 35 Prozent aus den Kassen der Kommunen stammt, wird jedoch in komplexer Art und Weise durch das Departement Bildung, Kultur und Sport (BKS) auf die Volksschulen im Kanton verteilt – derzeit 800 Millionen Franken pro Jahr. Das bisher geltende Modell hat die Gestaltung einer bedarfsgerechten und wirkungsorientierten Schule vor Ort nahezu erstickt. Dieses Problem haben Grosser Rat und Regierung erkannt und im Schuljahr 2016/2017 ein Pilotprogramm mit Globalbudgets gestartet, an welchem sich elf Aargauer Schulen unterschiedlicher Grösse und mit differenten sozialen Umfeldern beteiligt haben. Teil des Versuchs, welcher die Schullandschaft Aargau im Kleinen abbildet, ist die Primarstufe der Gemeinde Brittnau.

Erfolgreiches Experiment

Das Experiment war erfolgreich und der Regierungsrat hat ab dem Schuljahr 2020/21 eine «Neuressourcierung» der Volksschule beschlossen (Ausgabe vom 9. April). In einigen Punkten weicht diese vom Modell des Pilotversuchs ab.

Ursula Bots war als Schulleiterin in Brittnau für den Versuch zuständig. Im Pilotversuch gab es eine pauschale Anzahl an Lektionen. Diese hätte die Schule auch ohne den Versuch bekommen – mit dem Unterschied, dass sie beim Einsatz der Mittel mehr Gestaltungsfreiheit hatte. Nun stützt sich die Ressourcierung auf die einzelne Schülerin, den einzelnen Schüler. Ein Nachteil?

«Nein», sagt Ursula Bots, «auch während dem Versuch waren die pauschal zugeteilten Lektionen abhängig von den statistisch erfassten Schülerzahlen.» Die Pilotschulen hatten und haben – der Versuch wird bis zur definitiven Einführung der neuen Ressourcierung weitergeführt – die gleichen Bedingungen wie alle anderen Schulen. «Unterschiedlich ist die Zuteilung in Bezug auf die Förderstunden, welche im alten Modell auf einzelne Kinder in den Klassen gesprochen wird, zum Beispiel Deutsch als Zweitsprache. Die Schule im alten System muss dazu ein Formular mit genauen Angaben zur Schülerin, zum Schüler einrechnen.»

Eine Pilotschule bekommt diese Komponente mit der Pauschale. Eingerechnet darin ist ein Anteil der Förderstunden pro Schülerin und Schüler. Vorteil: «Es braucht keine definierte Situation, damit diese Stunden der Schule gesprochen werden – die am Versuch beteilige Schule hat Stunden und kann selber entscheiden, wie sie diese einsetzt», sagt Bots. «In der Planung kann sich die Schule zum Beispiel entscheiden, diese Stunden so einzuplanen, dass sie auf Veränderungen von Schülerinnen- und Schülerzahlen und deren Bedürfnisse vorbereitet ist. Das heisst, sie plant definierte Zeitgefässe ein, die von einer unterschiedlichen Anzahl Schülerinnen und Schülern genutzt werden können.» Vorteil: Die Lehrperson weiss, wie gross ihr Pensum ist, und dieses wird sich unter dem Jahr nicht ändern.

Kompetenz besser nutzen

Gibt es andere Nachteile oder Vorteile? Bots: «Wir haben gelernt, uns immer wieder zu überlegen, wie wir den Bildungsauftrag passend umsetzen können. Dabei war und ist die Zusammenarbeit und der fachliche Austausch unerlässlich geworden.» Man habe die Erfahrung gemacht, dass dies zwar ein zeitintensiver Prozess sei, aber auch die Chance biete, die pädagogischen Kompetenzen besser zu nutzen. «Wir profitieren davon, dass wir uns viele Überlegungen zur Unterrichts- und Schulentwicklung machen, unsere Stärken erkennen und ausbauen können. Dies erfordert vom Schulpersonal Akzeptanz, Motivation und Kompetenz. Diese kann man nicht auf Knopfdruck bestellen – wir tragen eine gemeinsame Verantwortung über das Gelingen des Unterrichts. Dies ist die Herausforderung.»