
Zurück auf Feld Kölliken
Und plötzlich steht der Zug still. Nur wenige hundert Meter Fahrtstrecke müsste die S28 von Zofingen nach Lenzburg noch zurücklegen, um den Bahnhof Oberentfelden zu erreichen. Doch bei der Kreuzung der SBB-Geleise mit der Strecke der Wynental-Suhrentalbahn hat sich offenbar eine Störung ereignet. Nach 10 Minuten folgt die Durchsage des deutschen Lokführers: «Es tut mir Leid, Ihnen mitteilen zu müssen, dass dieser Zug nun nach Kölliken zurückfahren und dort enden wird.» Einige Fahrgäste bitten den Lokführer, ihnen eine Tür zu öffnen. Sie möchten zu Fuss auf der parallel verlaufenden Entfelderstrasse weitergehen. Doch dieser geht nicht darauf ein. «Wenn ich Sie hier aussteigen lasse und Sie brechen sich dabei einen Fuss, dann komme ich in Teufels Küche», meint er. Alles Betteln hilft nichts. Es geht für alle Fahrgäste zurück «auf Feld Kölliken.» Und dies ist besonders bitter. Wäre man erst in Oberentfelden gestrandet, hätte die Möglichkeit bestanden, mit der WSB nach Aarau zu fahren und über einen Umweg ans Ziel zu kommen. Doch leider stellen die Züge auf der Nazeli-Strecke das einzige Angebot des öffentlichen Verkehrs in Kölliken dar. Entweder man nimmt ein Taxi oder man sitzt fest. Eine französische Frau, welche in Oberentfelden wohnt, ruft dem Lokführer ein enerviertes «Isch werde misch beschweren» nach – und flucht ein Wort in ihrer Muttersprache mit Anfangsbuchstabe M. Ich suche nach Ankunft in Kölliken einen Supermarkt mit Anfangsbuchstabe C auf. 30 Minuten vor Ladenschluss ist hier nicht mehr viel Betrieb. Während die Frau an der Kasse die Identitätskarte einer Zigaretten kaufenden Jugendlichen akribisch genau studiert, überlege ich mir, ob sich an der selben Kasse wohl auch schon ein heute berühmter Schweizer Popstar mit Anfangsbuchstabe D oder B (je nach Betrachtungsweise) in seiner Jugend ausweisen musste. Und ich komme zum Schluss, dass sich der Lokführer bei der Entscheidung, die Leute nicht auf offener Strecke aussteigen zu lassen, bloss an die geltenden Gesetze gehalten hat. Doch wenn man sich die Fotos von Zugfahrten in Indien vor Augen führt, sei die Frage erlaubt, ob es nun wirklich so lebensgefährlich ist, Fahrgäste auf einer eingleisigen Strecke unter Aufsicht aussteigen zu lassen. Wir befinden uns nun mal in der streng regulierten Schweiz. Etwas mehr Spielraum im Transportgesetz für Situationen wie diese wäre dennoch angebracht.