
Zwei Brüder aus Richenthal entwickeln Covid-Zertifikat im Kreditkartenformat
Die Brüder Urs und Reto Purtschert aus dem luzernischen Richenthal sind Fussballfans. Seit ein paar Wochen führen sie wie jeder Zuschauer ein Zertifikat mit, wenn sie Spiele des FC Luzern oder Borussia Dortmund besuchen.
Wie jeder und jede andere kramen sie auf Geheiss Ausweis und Zertifikat aus der Tasche – Reto Purtschert via Smartphone-App, Bruder Urs in Papierform. Wie aber kämen sie rein, wenn der Handy-Akku leer ist, fragten sie sich. Auch das Zertifikat-Zetteli kann ganz schön tückisch sein. Wird es am falschen Ort gefaltet oder bekommt es Regentropfen ab, könnte es für den Scanner unleserlich werden. Anders als jeder andere Zuschauer hatte Urs Purtschert da eine zündende Idee.
Der 47-jährige Urs und der 49-jährige Reto Purtschert betreiben in Richenthal seit 20 Jahren das Familien-KMU Interha, das auf den Druck von Personalausweisen, Kundenkarten und Veranstaltungs-Eintrittskarten spezialisiert ist. Zu ihren Kunden gehören Firmen, Veranstalter und Fussballclubs. Sie vermieten und warten auch die entsprechenden Druckmaschinen.
Die Lösung, um einen Pannen-Fall von Handy oder Papier zu vermeiden, liessen sie deshalb ganz einfach aus einem ihrer Drucker raus: Ein Covid-Zertifikat auf PVC-Karte.
Die Plastikkarten der Brüder fielen auf
Wie im gedruckten und digitalen Zertifikat ist das Kreditkarten-Format mit QR-Code, Name und Geburtsdatum versehen. Dass die Brüder plötzlich Plastik-Karten zückten, wenn Zertifikate verlangt wurde, blieb nicht unbemerkt. Schon bald fertigten sie welche für Freunde und Bekannte an. Auch ihre Eltern, die über 80 Jahre alt sind, bekamen eins. Zuvor trugen sie ihre Papier-Zertifikate zusammengefaltet im Portemonnaie mit.
Inzwischen kann jeder via ausweisshop.com für 20 Franken seine eigene Karte machen lassen. Versand inklusive. Die zwei Richenthaler Unternehmer gehören damit zu den Pionieren. Nötig ist einzig ein Foto oder ein PDF des bestehenden Zertifikats. Es kann online hochgeladen oder per Post nach Richenthal verschickt werden. Einmal verschickt, werden die Daten zwecks Datenschutz gleich wieder gelöscht.
Nicht nur bei unsicherem Wetter ist die Plastikkarte ein Plus. «Steht man vor dem Eingang eines Events Schlange, hat man das Smarphone die ganze Zeit im Aktivmodus, bis der QR-Code gescannt wird. Es wäre ein Leichtes, mit dem entsprechenden Gerät daneben zu stehen, um von sämtlichen Handys die Daten zu rauben», sagt Urs Purtschert. Zudem habe man das Portemonnaie immer dabei, «das Smartphone lässt man aber schon mal im Büro oder im Auto». Und: Es gibt Personen, die kein Mobiltelefon haben. Viele davon ältere Leute, die aber ebenso oft Bereiche betreten, für die sie ein Covid-Zertifikat brauchen.
Es braucht ein gültiges, nicht abgelaufenes Zertifikat
Urs Purtschert nimmt es genau bei seinem Produkt. Er scannt den QR-Code ab Bildschirm, bevor er die Karte druckt. Dann nochmals, nachdem sie gedruckt wird. Es sollen unter der Restauranttüre oder am Konzerteingang keine bösen Überraschungen passieren. «Es ist auch bereits passiert, dass uns jemand den QR-Code geschickt hat, der nach einem PCR-Test ausgestellt wurde. Der war natürlich schon lange abgelaufen. In solchen Fällen schreiben wir dem Absender, damit er uns ein gültiges Zertifikat schicken kann», sagt Urs Purtschert.
Sein persönliches Zertifikat-System ist bereits perfektioniert: «Im Plastiketui steckt auf der einen Seite die Identitätskarte, auf der anderen jene mit dem Zertifikat», sagt er und fügt mit Augenzwinkern an: «So schnell wie ich zückt die sonst niemand.»