
36 Kameras überwachen die Schulanlagen in Reiden und Langnau
Reiden setzt auf Abschreckung durch Videoüberwachung. Dies, um den öffentlichen Raum sicherer zu machen und damit es weniger Schäden gibt. Mittlerweile sind 36 Kameras auf Schulhausarealen in den Dörfern Reiden und Langnau installiert. Im vergangenen Jahr ist das neuste Schulhaus – Reiden Mitte – für 6000 Franken mit vier «Augen» bestückt worden. Nur die Schule Richenthal ist noch kamerafrei.
Die Kameraüberwachung ist speziell, aber legal: Der Kanton Luzern hat ein Videoüberwachungsgesetz und die Reider Gemeindeversammlung bewilligte 2009 ein Überwachungsreglement, das ausschliesslich die «Verhinderung und Ahndung von strafbaren Handlungen» beinhaltet. Dazu gehört auch, dass die Gemeinde der Öffentlichkeit regelmässig Rechenschaft über den Einsatz der Kameras ablegen sollte. Dieser bisher versäumten Pflicht ist Reiden nun erstmals nachgekommen. Auf der Website ist seit gestern der Videoüberwachungsbericht zum Jahr 2020 publiziert. Für die Folgejahre ist nun eine jährliche Publikation vorgesehen.
Polizei wertete Bilder von zwei Vorfällen aus
Insgesamt wurden im Jahre 2020 sechs Vorfälle verzeichnet. Es handelt sich mehrheitlich um Vandalismus. Bei zwei Ereignissen konnte die Täterschaft durch die Videoüberwachungsanlagen festgestellt werden. Bei zwei weiteren wurden die Bilder der Polizei übergeben. Zwei Vorfälle passierten im November bei der Johanniterhalle Reiden: Erwähnt wird Vandalismus an einem Fahrrad und wild deponierter Abfall bei Containern. Von beiden Vorfällen sind Bilder der Polizei übergeben worden. Drei weitere Fälle wurden in den Schulanlagen Johanniter Pestalozzi mit den Kameras aufgeklärt; an einem Wochenende im März gab es einen Littering-Vorfall. Am 4. Juni wurde ein Fahrrad gestohlen.
Am 12. Juli erfolgte der grösste Schaden: Vandalismus an einer Treppe in der Anlage Johanniter Pestalozzi, mit grossem Schaden. Drei Jugendliche seien beteiligt gewesen. Sie hätten Steine auf eine Aussentreppe geschmissen, der Sachschaden betrug zirka 5000 Franken. «Dank der Videoüberwachung konnten die Beteiligten ausfindig gemacht werden. Sie bereuen die Taten respektive die Beteiligung daran», heisst es im Bericht. Das Schadenersatzverfahren ist in die Wege geleitet. In derselben Anlage wurde im September ein Fahrrad beschädigt. Von diesem Vorfall wurden ebenfalls Bilder der Polizei übergeben. Beim Primarschulhaus Walke und in Langnau ist laut Video-Journal 2020 nichts Nennenswertes passiert.
Der Reider Gemeindeschreiber Lukas Liem sagt auf Anfrage: «Die Videokameras wurden nicht ohne Grund eingeführt und machen den öffentlichen Raum sicherer.» Bei nur wenig Littering oder kleineren Vorfällen von Verschmutzung reiche die Gemeinde keine Strafanzeige ein, bei Sachbeschädigungen schon.
Kameradaten werden nach 72 Stunden gelöscht
Bis vor kurzem war Bruno Meyer, Leiter Betrieb und Unterhalt der Gemeinde, für die Auswertung der Kameradaten besorgt. Im Januar hat Thomas Lipp diese Aufgabe übernommen. Die Daten werden von einer zentralen Stelle im Schulhaus Johanniter II bei Bedarf ausgewertet. Sprich: wenn etwas passiert ist. «Die Daten werden jeweils nach 72 Stunden gelöscht», erklärt Meyer, «wenn wir einen Schaden an der Infrastruktur einer Schule feststellen, machen wir Strafanzeige und geben die Aufzeichnungen der Polizei weiter.»
Installiert wurden die ersten Kameras 2009 wegen vieler Vandalismus- und Littering-Vorfälle. Laut Bruno Meyers Beobachtung ist es inzwischen eher ruhiger geworden in Reiden. Im Bericht wird auch ein Fazit über den Nutzen der Kameras gezogen. «Die festgestellten Vorkommnisse 2020 zeigen auf, dass die Videokameras den Zweck, nämlich die Verhinderung und Ahndung von Straftaten erfüllen.» Ab 2020 würden Vorkommnisse nun systematisch erfasst.
In einigen Jahren könne so statistisch eruiert werden, an welchen Anlagen häufig etwas passiere – und wo nicht. Basierend auf den Daten, könne in einigen Jahren entschieden werden, welche Kameras entfernt respektive an einen anderen Ort zu versetzen seien. Der Gemeinderat hat den Video-Bericht an seiner Sitzung vom Montag zur Kenntnis genommen.

Jugendstrafrecht will «wieder auf den guten Weg bringen»
Die Luzerner Staatsanwaltschaft wird dann aktiv, wenn die Gemeinde eine Strafanzeige wegen Sachbeschädigung einreicht. Das hat Reiden 2020 bei den zwei Fällen von Vandalismus an Fahrrädern bei der Johanniterhalle und in der Schulanlage Johanniter Pestalozzi sowie beim Abfallproblem bei der Johanniterhalle getan. Fürs Littering gabs wohl eine Busse, bei den zwei Vandalismus-Fällen ist die Ermittlung laut Videobericht noch offen. Findet die Polizei eine jugendliche Täterschaft, wird die Jugendanwaltschaft aktiv. Anders als Erwachsene, werden Heranwachsende nach dem Jugendstrafrecht bestraft. «Bei Jugendlichen ist nicht die Tat im Zentrum, sondern der Jugendliche als Täter, sagt Simon Kopp, Sprecher der Staatsanwaltschaft Luzern. «Das Ziel ist es, denn straffälligen Jugendlichen Schutz und Erziehung zu bieten. Zudem soll die ‹Strafe› eine positive Entwicklung ihrer Persönlichkeit ermöglichen. Dieser Auftrag führt dazu, dass Massnahmen oder Strafen angeordnet werden, welche der gesunden Entwicklung der jugendlichen Täter am meisten dienen.» Es gehe darum, die Jugendlichen zur Einsicht zu bringen, dass ihre Tat nicht richtig war und sie wieder auf den guten Weg zu bringen, so Kopp. Mögliche Sanktionen reichen von einem Verweis als mildeste Form, der Verpflichtung zur gemeinnützigen Arbeitsleistung, bedingten oder unbedingten Bussen bis hin zur Freiheitsstrafe bei schwersten Delikten. Littering – Abfall nicht richtig entsorgen – ist eine Übertretung und wird mit einer Busse von 40 Franken bestraft. Grössere Sanktionen ziehen Sachbeschädigungen oder Diebstahl nach sich. «Oft steckt hinter diesen Delikten Absicht und eine gewisse kriminelle Energie», sagt Kopp. «Daher sind die Strafen auch anders dafür.» (ben)