
Kommt jetzt das Hundeverbot? Alltagsheldin wettert: «Der Hundedreck macht mich hässig»

Gaby Frey stinkts. Sie hat nämlich ein «Scheiss-Hobby». Die Hundehalterin und Laborantin aus Aarburg räumt seit Jahren anderen Hundehaltern hinterher, wirft gleichgültig oder unachtsam liegengelassene Haufen in die Entsorgungsbox. «Keiner nimmt mehr Verantwortung wahr, immer weniger kümmern sich die Leute um ihre Mitmenschen», das sei ein grundsätzliches Problem. «Eine Trump-Mentalität», klagt die 52-Jährige. «Me first – jeder ist sich immer nur selbst der Nächste!»
Die «Kot-Kommissarin» von Aarburg hat ihren Viszla-Rüden Bela seit acht Jahren. So lange sammelt sie auch fremden Hundekot ein, damit die Wege – speziell an der Aare und auf den Born – nicht ganz so verdreckt sind. Sie hat sogar einen eigenen Hundehalter-Knigge zusammengestellt. Gegen 450 Hunde gibt es heute im Städtli. Und weil es mehr Vierbeiner gibt als früher, nimmt auch der Kot zu. «Täglich sammle ich fünf bis manchmal sogar zehn fremde Hundepfünder zusammen und ich bin es leid, Rüffel einzufangen, wenn ich einen Hundehalter darauf aufmerksam mache, er solle den Kot aufnehmen.» Sie habe sogar schon Angst gehabt, dass einer auf sie losgeht.
Werkhof fährt Extra-Tour
Gaby Freys Ärger ist begründet. Andere Gemeinden kämpfen ebenfalls mit den braunen «Tretminen» – Rothrist oder Zofingen beispielsweise, aber auch kleinere wie Vordemwald (siehe Kontext). In Aarburg fährt der Werkhof sogar eine wöchentliche Extra-Tour, um die Entsorgungsboxen zu leeren und nicht zusammengekehrte Haufen zu beseitigen. Werkhofleiter Oskar Blättler sagt, mit der zunehmenden Bevölkerungs- und Haustierzahl habe sich auch das Problem des Kots zugespitzt. «Mehr Leute, mehr Hunde, mehr Dreck», rechnet Blättler vor. Ob an der Aare, am Fährweg, im Stadtgarten oder bei den Sportplätzen, es gebe mehrere Hotspots. «Die schwarzen Schafe unter den Hundehaltern kümmern sich kaum. Sie lassen die Hundehaufen selbst dort liegen, wo Kinder spielen. Eine Riesen-Moorerei», wettert der Werkhofchef. Über eine Tonne Hundekot führen die Stadtangestellten heute pro Monat in die Kehrichtverbrennungsanlage. Gefährlich ist die Sauerei für die Tiere hiesiger Landwirte. Mit Kot «vergiftete» Kühe können sich gesundheitsgefährdende Parasiten einfangen.
Dass es doch noch engagierte Menschen wie Gaby Frey gibt, findet Blättler gut. Belas Frauchen ist mit Hunden aufgewachsen und findet auch: «Den Hundebesitzern ist oftmals gar nicht bewusst, was sie anrichten.» Sie spricht die Meldungen über Hundehasser an: Menschen, die Hunde vergiften oder ihnen Nägel in die Wurst stecken. «Diese Personen nerven sich vielleicht am Gebell, am Herumrennen ohne Leine oder eben am stinkenden Kot, in den sie auf dem Spaziergang oder vor ihrem Haus treten», sagt Frey. Wer den Kot seines Tieres nicht wegräume, der begünstige derartiges Verhalten leider indirekt auch noch. «Bei uns in Aarburg sieht es oftmals aus wie in einem Hundeheim vor der Säuberung der Gehege», sagt Gaby Frey, «und dann jammern die Leute über ausgelegte Köder.»
Illegale Hundekotdeponie: «Keine Lappalie»
Aarburg ist nicht die einzige Gemeinde, die Steuergeld dafür ausgeben muss, Hundehaufen und nicht weggeworfene Kotsäckli einzusammeln. Für Werkhofleiter Oskar Blättler steht fest: «Das ist keine Lappalie, sondern ein wirkliches Ärgernis!» In Safenwil, Walterswil und Brittnau beispielsweise ist das Problem zwar weniger bekannt. Anders in Zofingen: 69 Robidog-Kästen gibt es auf Stadtgebiet, doch der Werkhof trifft immer wieder auf Hundekot: sehr oft am Badiwegli, aber auch am Wiggerweg, beim Rosengarten, auf der Schützmatte und «auch in der Altstadt gibt es illegale Sackdepots», sagt Werkhofleiter Christoph Wälti. Die Säcklein sind orange, damit sie die Bauern besser sehen, denn «für die Kühe sowie alle Nutztiere sind sie lebensgefährlich». Mit der Zahl der Hunde (aktuell 600) hat das Problem auch in Rothrist zugenommen. Stephanie Schoch von der Bauabteilung sagt: «Im Winter ist es noch verbreiterter als in der warmen Jahreszeit.» Dass mehrere Gemeinde der Hundesteuerrechnung Merkblätter beilegen, hilft kaum. So spricht auch Vordemwalds Gemeindeschreiber Stephan Niklaus von einer zunehmenden Tendenz. Und was im Winter nicht entfernt wird, «kommt im Frühjahr wieder zum Vorschein». Betont wird hingegen, dass die allermeisten Hundehalter sich korrekt verhalten. Mehr Initiative zeigen die Westschweiz und das Ausland: In Lausanne können seit November auch Stadtangestellte rücksichtslose Hundehalter mit 150 Franken büssen. In Deutschland werden DNA-Analysen geprüft, um Hunde und Halter liegengelassener Haufen zu eruieren.

Bisher keine Anzeige gemacht
Anzeige gegen einen Hundehalter hat Gaby Frey noch nie gemacht. Erstens müsste sie den Frevel gegenüber den Behörden beweisen können, was schwierig ist. Ausserdem befürchtet Frey: «Die Polizei will damit nichts zu tun haben.» Zwar können Polizisten dank dem Hundegesetz direkt Bussen von 100 Franken ausstellen, gemacht wird das aber kaum. Dass in Lausanne neu auch Stadtangestellte büssen können, findet Frey super. Doch eigentlich würde sie sich wünschen, es ginge ohne Sanktionen. «Wenn die Menschen einfach ein bisschen mehr aufeinander schauen würden, verantwortungsvoll und tolerant sind, wäre allen gedient.»
Leinenzwang und hundefreie Zonen könnte sich Werkhofleiter Oskar Blätter vorstellen. Es sei genug. «Seit Jahren beschäftigt uns dieses Problem.» Und da das Appellieren an Anstand und Verantwortung nichts bringt, muss, wer nicht hören will, eben fühlen. Blätter will nun mit den Behörden prüfen, ob gewisse Verbote für Hunde möglich wären. Das wäre für «Kot-Kommissarin» Gaby Frey die Chance, endlich einem Hobby nachgehen zu können, das ihr – und allen anderen – weniger stinkt.