
Leichter und schöner – Solothurner wollen im E-Bike-Markt mitmischen
Ein Gründungsmythos macht sich für jedes Start-up gut. Dies gilt auch für das Projekt «Asfalt» – die Entwicklung eines designorientierten E-Bikes. «Vor drei Jahren habe ich mir ein E-Bike angeschafft. Es war schwer, klobig und hatte die Ausstrahlung eines Traktors», sagt David Oreiro, Hauptinitiant der jungen Solothurner Veloschmiede lachend. Das Design der meisten Fahrräder mit Elektroantrieb sei einfach nicht schön, etwas Neues musste her. Zusammen mit drei Freunden verfolgte er daraufhin hartnäckig das Ziel, ein E-Bike zu entwickeln, welches designmässig hohe Ansprüche erfüllt, schlicht und funktional daherkommt. Kurz: das für den Stadtverkehr konzipierte E-Bike, das aussieht wie ein herkömmliches Velo, minimalistisch, stabil und leicht.
Im vergangenen Frühling war es so weit: In den Farben weiss, schwarz und chrom liess das Team 60 E-Bikes produzieren, die sich kaum von einem normalen Velo unterscheiden. Dazu wurde die Batterie im Unterrohr unsichtbar eingebaut, der Motor im Hinterrad «gut versteckt». Aufgeladen wird die Batterie ganz normal am Stromnetz mit einem «Asfalt»-Ladegerät. Die Batterie sei kleiner als üblich. Die Reichweite liege je nach Fahrweise, so Oreiro, zwischen 30 und 50 Kilometer. Aus Design- und Gewichtsgründen habe man auf die Ausrüstung mit Schutzblechen, Federung und breite Reifen verzichtet. Man könne jedoch jedes Bike damit und weiterem Zubehör zusätzlich ausrüsten.
Das E-Bike «Asfalt» wiegt nur 14 Kilogramm; also deutlich weniger als herkömmliche Elektrofahrräder, welche zwischen 23 und über 30 Kilogramm auf die Waage bringen, wie der Solothurner Tüftler erklärt. Das leichtgewichtige E-Bike könne auch ohne elektrische Unterstützung wie ein normales Velo gefahren werden. Die «Asfalt»-Velos seien mit Preisen von 1900 bis 2400 Franken im Vergleich zu anderen E-Bikes preiswert. Mit ein Grund dafür ist auch der direkte Online-Vertrieb, weil damit der Zwischenhandel wegfällt.
Allerdings haben die E-Bikes aus der Kleinserie einen Nachteil: Da der Akku nicht abmontiert werden kann, ist die Nachladung ohne Stromanschluss ausserhalb der Wohnung oder dem Haus umständlich. Je nach dem muss die Nachladung in der Wohnung erfolgen. David Oreiro spricht deshalb auch von einer ersten Phase. «Es ist uns darum gegangen, in einem ersten Schritt ein E-Bike für die Stadt nach unseren Vorstellungen präsentieren zu können und das Interesse und die Nachfrage im Markt zu testen.» Die 60 Velos seien rasch verkauft gewesen und die Reaktionen der Benutzer durchweg positiv.
Neues Modell kommt 2019
So befinden sich die Solothurner nun in der zweiten Phase. «Wir haben inzwischen ein neues Modell entwickelt, das sowohl für die Stadt wie auch für längere Ausflüge in die Natur konzipiert ist.» Es ist mit zwei im Rahmen integrierten Batterien versehen; eine kann mit zwei Handgriffen ausgebaut und zuhause bequem geladen werden. Zurück im Rahmen wird der zweite, fixe montierte Akku, nachgeladen. Der Benutzer kann dann wahlweise mit einer oder zwei Batterien fahren. Die Reichweite liege zwischen 100 und 120 Kilometer.
Das neue Modell mit ausbaubarem Akku ermögliche auch ein ansprechendes Design. «Das System ist eine Neuentwicklung, welches es bislang auf dem Markt nicht gibt», so Oreiro. Zudem sei der Motor neu in der Rahmenmitte und nicht mehr hinten platziert. Das ermögliche ein stabileres und damit sichereres Fahren. Das Gewicht des neuen Modells sei zwar mit 19 Kilogramm höher, aber immer noch leichter als herkömmliche E-Bikes. Das Modell könne ebenfalls mit Zubehör individuell nachgerüstet werden. Der Verkaufspreis werde «unter 3000 Franken» liegen. Es sei gelungen, ein Elektrovelo mit hohem Design und gleichzeitig hoher Funktionalität zu entwickeln. Weitere, ergänzende Modelle seien bereits in Planung.
Schweizer Fertigung: Zu teuer
Für die Entwicklung und das Design sei das Asfalt-Team zuständig. Die entsprechenden Aufwendungen seien vollständig eigenfinanziert; «wir arbeiten bisher alle in Fronarbeit», meint Oreiro.
Die Rahmen aus Aluminium würden in China fabriziert – nach technischen Vorgaben aus Solothurn. Der Akku und der Motor stammten ebenfalls aus China. Andere Komponenten wie Schaltungen und Bremsen würden in Taiwan eingekauft. Die Fahrräder würden also zu 80 Prozent «fixfertig» angeliefert. In Bellach unterhält Asfalt eine kleine Werkstatt für die Endmontage, Kontrolle und Lagerung. Bei einer Fertigung der Rahmen in der Schweiz wäre das «Asfalt»-Velo zu teuer, begründet Oreiro den Verzicht auf das Label «Swiss Made». Und im Übrigen würden über 90 Prozent aller E-Bikes in China produziert.
Im kommenden Frühjahr soll es nun richtig losgehen. Zuerst werde das Start-up Asfalt AG als eigenständige Firma gegründet, Investoren und zusätzliche Fachhändler in Städten gesucht. Die Produkte würden zwar grösstenteils direkt online vertrieben.
Wichtig seien aber die Fachhändler als Partner, die Probefahrten und Servicearbeiten anbieten. Entsprechende Gespräche seien am Laufen. Damit hat David Oreiro bereits Erfahrungen gesammelt. Denn vor rund zehn Jahren hat der heute 37-jährige Unternehmer die Designagentur Sichtfeld GmbH in Solothurn gegründet. Dort widmet er sich als Geschäftsführer und Alleineigentümer unter anderem um den Marktauftritt von Start-ups. Das neue E-Bike sei fixfertig entwickelt und nun folge der Aufbau der Vermarktung. Vorbestellungen seien ab Februar 2019 möglich. Ziel sei es, im ersten Jahr «mehrere 100 E-Bikes» verkaufen zu können. Asfalt peilt die Märkte Schweiz, Deutschland und Österreich an.
Die Konkurrenz sei zwar gross, trotzdem rechnet sich Oreiro Chancen aus. Generell sei der E-Bike-Markt am wachsen und mit dem neuartigen Asfalt-Bike könne der Markteintritt zu schaffen sein. «Wir erhalten, obwohl wir bislang kaum Werbung betrieben haben, sehr viele Anfragen von Interessenten aus der ganzen Schweiz.» Dem gelernten Polygrafen und ausgebildeten Kommunikationsleiter geht es aber nicht allein um den geschäftlichen Erfolg. Zwar müsse letztlich unter dem Strich etwas übrig bleiben. «Eine rein monetäre Motivation wäre aber falsch.» Triebfeder sei vielmehr die Möglichkeit, im Team gemeinsam neue Ideen zu entwickeln und die Mobilität der Menschen positiv zu verändern. Aus dem Projekt wollen die Initianten nun eine nachhaltige Firma aufbauen.