Aarburg verärgert mit Erfolgsmeldung zu Spitex-Kosten Nachbargemeinden

Der Aarburger Gemeinderat präsentiert eine Vergleichstabelle zu den Spitex-Kosten, um seinen Erfolg zu unterstreichen. Doch die Tabelle wird von anderen Gemeinden infrage gestellt. zvg/shs/pmn
Der Aarburger Gemeinderat präsentiert eine Vergleichstabelle zu den Spitex-Kosten, um seinen Erfolg zu unterstreichen. Doch die Tabelle wird von anderen Gemeinden infrage gestellt. zvg/shs/pmn

Aarburg geht bei der Spitex neue Wege. Der Gemeinderat hat sich 2017 gegen die Fusion der Spitex Region Zofingen AG entschieden und den Leistungsauftrag an die private Spitex Lindenpark in Oftringen vergeben, eine Abteilung des Alterszentrums Lindenhof. Schon nach den ersten 100 Tagen verkündete Lindenhof-Geschäftsführer Ralph Bürge, man sei bei den Kosten «sogar leicht unter Budget».

Inzwischen liegt der Abschluss für das Jahr 2018 vor. Die Zahlen zeigten, dass die angenommenen Einsparungen übertroffen worden seien, teilt die Gemeinde mit. Für das letzte Jahr waren 264 000 Franken budgetiert. Die ambulanten Kosten 2018 hätten sich jedoch lediglich auf 187 000 Franken belaufen, heisst es in der Mitteilung. Die früheren Spitex-Kosten mit dem damaligen Anbieter, dem Frauenverein Aarburg, hätten im Schnitt um die 480 000 Franken pro Jahr betragen. «Somit betragen die effektiven Einsparungen 263 000 Franken, was knapp 60 Prozent entspricht», schreibt die Gemeinde.

«Ein absoluter Spitzenwert»

Heruntergebrochen auf die Kosten pro Einwohner ergebe das Fr. 22.50 – «ein absoluter Spitzenwert im Vergleich zu anderen Gemeinden». In der Mitteilung der Gemeinde Aarburg werden zum Beispiel die Kosten für die Gemeinden Schinznach und Brugg aufgeführt, die vor einigen Jahren ihre Spitex fusioniert haben. In diesen beiden Gemeinden belaufen sich die Kosten pro Einwohner auf fast 110 Franken.

Max Moor ist Geschäftsführer des Spitex Verbands Aargau. Er sieht das, was Aarburg als «Erfolgsgeschichte»

bezeichnet, kritisch. Zwar könne er nachvollziehen, dass nach einem Jahr Betrieb eine Standortbestimmung stattfinde. Es sei aber wichtig, die Entwicklung über eine längere Zeit zu beobachten. «Erste Zahlen nach einem Jahr und vor allem nach dem ersten Betriebsjahr können aus unserer Sicht nur ganz beschränkt als Tendenz herangezogen werden.» So könnten sich bei einer Spitex in dieser Grösse schon vereinzelte Pflegesituationen, die viele Pflegestunden benötigen oder eben nicht benötigen, in der Statistik «stark auswirken».

Die Gemeinde schreibt in ihrer Mitteilung aber, die Einsparungen seien gerade nicht auf «besondere Umstände zurückzuführen, wie zum Beispiel einen ausserordentlichen Rückgang von Spitexstunden». Es habe auch keine Abwanderung von Klienten ins Pflegeheim gegeben. Im Gegenteil: Die Kosten für die stationäre Pflege konnten von über einer Million Franken im Jahr 2017 auf 875 000 Franken gesenkt werden.

Knackpunkt Hauswirtschaft

Der Spitex Verband findet es wichtig, Gleiches mit Gleichem zu vergleichen. Moor kritisiert, die Kennzahl von Kosten pro Einwohner sei nur eine mögliche Sicht. «Es muss auch analysiert werden, wie viele Pflegestunden pro Einwohner erbracht werden.» Das sei zum Beispiel abhängig von der Bevölkerungsstruktur und vom Leistungsangebot. Die Spitex Region Brugg erbringe dem Bedarf entsprechend «überdurchschnittlich viele Stunden pro Einwohner», sagt Moor. Im Gegensatz zu Aarburg seien ausserdem die Kosten für die Palliative Spitex und die Hauswirtschaft miteingerechnet.

Auch die Zofinger Stadträtin und

SP-Grossrätin Rahela Syed stellt infrage, ob die Zahlen so verglichen werden können. «Man müsste auch die enthaltenen Leistungen kennen», sagt Syed. Die Höhe der Spitex-Ausgaben hänge ausserdem mit der Bevölkerungsstruktur zusammen. Die Stadt Zofingen bezahle jährlich rund 65 000 Franken für hauswirtschaftliche Leistungen. Würde man diesen Betrag abziehen, käme die Stadt noch auf einen Pro-Kopf-Beitrag von 25 Franken und würde damit nur knapp hinter Aarburg liegen.

Aarburg: Kritik ist ein Affront

Martina Bircher, SVP-Grossrätin und Frau Vizeammann von Aarburg, entgegnet: «Kosten pro Einwohner ist eine gängige Kennzahl, um die ambulanten Pflegekosten zu vergleichen.» Die Kennzahl Pflegestunde pro Einwohner sei bei den meisten Gemeinden nicht öffentlich zugänglich. «Uns ist es also gar nicht möglich, einen anderen Vergleich zu machen.» Was die hauswirtschaftlichen Leistungen betreffe, sei die Gemeinde verpflichtet, diese anzubieten. «Das erfüllen wir mit dem Lindenhof», sagt Bircher. «Wenn dem nicht so wäre, hätte der Kanton schon längst eingegriffen.» Die Gemeinde Aarburg müsse den Lindenhof dafür allerdings nicht zusätzlich entschädigen, weil die hauswirtschaftlichen Leistungen kostendeckend erbracht würden.

Bircher bezeichnet es als «Affront von Max Moor, uns solche haltlosen Vorwürfe zu machen, nur weil die Zahlen und der damit verbundene Erfolg uns recht geben». Anstatt die Erfolge anderer zu kritisieren, solle die öffentliche Spitex besser ihre Hausaufgaben machen, findet Bircher.

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