
Die Mittagssperre für «Stromfresser» ist Geschichte
Waschen über Mittag? Im Gegensatz zum Mähen des Rasens ist das nicht verboten – war in der Vergangenheit aber nicht möglich. Der Grund: Zu «High Noon» wird in den privaten Haushalten viel Strom verbraucht – das Mittagessen muss auf den Tisch. Damit das Netz nicht überlastet wurde, sperrten die Stromlieferantinnen von 11 Uhr bis etwa 12 Uhr «Stromfresser» wie Waschmaschine, Tumbler oder Wärmepumpe per Fernsteuerung. Die Vergangenheitsform deshalb, weil diese Sperren in vielen Netzen Geschichte sind – was viele Konsumentinnen und Konsument wohl gar nicht bemerkt haben.
Seit Januar haben die Energielieferantinnen zudem Bestimmungen der Stromversorgungsverordnung umzusetzen. Für Netzsperren – «intelligente Steuer- und Regelsysteme bei Endverbrauchern und Erzeugern» heissen diese juristisch exakt – müssen Kundinnen und Kunden neu ihre Zustimmung geben.
Betroffen von der Änderung waren die Elektrizitätswerke in Oftringen und Rothrist – und sind pragmatisch an die Umsetzung gegangen. «In Rothrist wurden die Sperrzeiten per 1. März abgeschafft», sagt Roberto Romano, Geschäftsführer des EWs. Bestehende Installationen behält man allerdings bei, damit im Fall der Fälle ins Netz eingegriffen werden kann. Sperrzeiten für Waschmaschinen sind für Romano aus technischen Gründen überholt. «Moderne Geräte benötigen weniger Energie und nur noch 230 Volt – womit sie nicht mehr ans Sperr-Relais angeschlossen sind.»
Anders die Situation bei der EW Oftringen AG. «Wer die Mittagssperre explizit nicht mehr will, kann sich melden», sagt Geschäftsführer Oliver Stampfli, «und wir setzen die neuen Bestimmungen der Stromversorgungsverordnung um.» Genau dies – «Umsetzung bei bestehenden Anlagen auf Antrag» – heisst es im entsprechenden Gesetzespassus. Die Kosten für die nötigen Änderungen an der Installation muss allerdings der Kunde tragen.
Neu nicht mehr zeitabhängig
Weshalb kein genereller Verzicht auf die sogenannte Rundsteuerung? «Auf sie kann noch nicht verzichtet werden, weil in Oftringen auch Schaltungen für Hoch- und Niedertarif, Warmwasseraufbereitung oder Wärmepumpenheizungen ausgeführt werden.» Kein Verzicht auch aus Sicherheitsüberlegungen, sagt Stampfli – «damit eine hohe Spitze nicht zu Problemen führt». Gross sei die Gefahr nicht, aber man wolle auf der sicheren Seite sein – und stellt spätestens ab dem 1. Juli von der Zeit-, auf die Überlaststeuerung um. Das heisst, es gibt keine fixe Abschaltezeit mehr, sondern ausgeschaltet wird, wenn die Spitze zu hoch ist.
Wie sieht es in andern Ortsnetzen aus? Einige – jene von Attelwil, Bottenwil, Kirchleerau, Moosleerau, Reitnau, Staffelbach und Wiliberg – betreibt die Aarauer Eniwa AG. Ihr CEO Hans-Kaspar Scherrer sagt: «Die Mittagssperre wird bei Eniwa schon seit längerem im gesamten Versorgungsgebiet nicht mehr geschaltet – gesteuert werden aber weiterhin alle Boiler und Elektroheizungen.» Ähnlich die Auskunft der AEW Energie AG, Lieferantin in Brittnau, Safenwil und Uerkheim. «Die Mittagssperre für grosse Haushaltsgeräte wie Waschmaschinen wurde einem Kundenbedürfnis entsprechend im AEW-Verteilnetz bereits ab Januar 2016 aufgehoben», sagt Yvonne Kohler, Leiterin Unternehmenskommunikation.
Seit diesem Zeitpunkt verzichtet auch die StWZ Energie AG auf Sperrzeiten. Erwin Limacher, Leiter Kundenservice, sagt: «Eine Analyse der Belastungsspitzen hat gezeigt, dass diese auch ohne Sperrung einzelner Verbraucher in einem tolerierbaren Bereich liegen. Möglich wurde dies durch die Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Stromverteilnetzes sowie durch die zunehmende Leistung der Photovoltaikanlagen.»
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