Private Kinderkrippe «Small foot» sorgt bereits vor Eröffnung für Diskussionen

Kinderbetreuung

Reiden: Neue Kita bietet 43 Plätze pro Tag

Die neue Kindertagesstätte der Small foot AG in Reiden soll einen integrierten Hort und einen Mittagstisch haben und am

1. Juli mit 43 Plätzen pro Tag eröffnet werden. Small foot wurde 2008 in Luzern gegründet. Die Firma zählt mit 25 Standorten in den Kantonen Luzern, Aargau und Zug und über 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu den führenden Anbietern in der Kinderbetreuung. Nach eigenen Angaben steht das Zentralschweizer Unternehmen in den Top 5 der grössten

Kita-Anbieter. Im Mai eröffnete small foot eine Kita in Rain (15 Plätze), jetzt folgt Reiden, im September soll eine weitere in Littau folgen (35 Plätze). Die Firma hat Partnerschaften mit namhaften Firmen wie Concordia, LUKB. (ben)

Das Angebot für Kinderbetreuung in Reiden ist in Bewegung. Gegenwärtig besuchen 145 schulpflichtige Kinder in Reiden einzelne oder mehrere Programme der Tagesstrukturen der Schulgemeinde wie zum Beispiel Mittagstisch oder Nachmittagsbetreuung. «Momentan haben wir 320 Buchungen pro Woche», unterstreicht Mikkel Rasmussen, der innerhalb der Leitung der Primarschule Reiden für die ergänzenden Tagesstrukturen zuständig ist. Als zweite Institution betreut der Verein «Tagesfamilie Wiggertal» laut Leiterin Sandra Keller 35 Kinder aus Reiden.

Diese Woche kommt für die Eltern in Reiden erstmals ein professioneller gewerblicher Anbieter dazu: Die auf Kinderbetreuung spezialisierte «Small foot» aus Luzern eröffnet im Zentrum von Reiden ihren 25. Standort (siehe Box). Das Betreuungsangebot reicht von Babys ab drei Monaten bis zu Kindern im Kindergartenalter. Eine Betriebsbewilligung liegt vor, die Baubewilligung indessen steht noch aus.

Bevor die neue Kindertagesstätte (Kita) in Reiden ihre Türen öffnet, hat sie bereits – vor allem hinter den Kulissen – viel zu reden gegeben. Worum gehts? Die private Krippe fing bereits früh an, Werbung mit Flyern zu machen im Dorf. Zu einem Zeitpunkt, als sie noch keine Betriebsbewilligung der Gemeinde hatte. «Bis fünf Kinder braucht es gar keine Bewilligung», sagt Fabian Haindl vom Hauptsitz der Small foot AG in Luzern. Mehr als fünf Anmeldungen habe die Krippe noch nicht.

Für die Umnutzung des Lokals im Erdgeschoss der Walke A braucht es ausserdem eine Baubewilligung. Das Baugesuch wurde erst im Juni auf der Gemeinde-Website aufgeschaltet, mittlerweile ist die Auflagefrist vorbei. Inzwischen hat sich der Gemeinderat mit der Krippenfrage befasst und einen Entscheid betreffend die Betriebsbewilligung gefällt. Das Vorliegen einer Baubewilligung ist eine integrierte Auflage. Gemäss der Gemeindeschreiberin Reidens, Margrit Bucher, hat der Gemeinderat die Betriebsbewilligung gesprochen, und die Gemeinde sei daran, diese auszufertigen. Das Baubewilligungsverfahren sei noch am Laufen. Es seien keine Einsprachen gegen das Baugesuch eingegangen.

So weit, so gut. Laut Fabian Haindl, Sprecher der Small foot-Zentrale in Luzern, enthält die Baubewilligung jedoch diverse Auflagen, die den Verantwortlichen sauer aufstossen. Die Gemeinde fordert zum Beispiel einen Parkplatz pro 50 Quadratmeter anrechenbare Bruttogeschossfläche, das sind bei 305 Quadratmetern 6 Parkplätze. «Es ist für uns absurd, dass man auf die Anzahl Parkplätze plädiert. Wir können uns nicht erklären, wieso wir 6 Parkplätze benötigen», sagt Haindl. «In den ersten Jahren werden wir vielleicht zwischen eines bis 20 Kinder betreuen, jeweils von Montag bis Freitag verteilt.» Die Eltern brächten die Kinder morgens und holten sie abends ab, die Parkplätze ständen also leer. «Sie sind für uns auch nicht finanzierbar.»

Ausserdem muss Small foot Veloparkplätze für Mitarbeiter und Kunden stellen. «Die Auflage von Veloparkplätze ist für uns völlig neu und aus der Luft gegriffen», so Haindl, «erfahrungsgemäss bringen 99 Prozent die Kids zu Fuss oder mit dem Auto in die Kita.»

Bestehenden Spielplatz nutzen

Die Gemeinde verlangt ausserdem von den Krippen-Betreibern, den Spielplatz im westlichen Bereich der Überbauung zu benützen. Falls dieser den aktuellen sicherheitsrelevanten Anforderungen nicht genüge, sei dieser zu «ertüchtigen». «Wir gehen mit unseren Kindern täglich zwei Mal in den Aussenbereich. Der Spielplatz vor Ort muss wohl den öffentlichen und geltenden Richtlinien entsprechen, ansonsten hätte dieser nicht gebaut werden dürfen», lässt sich Geschäftsleitungsmitglied Pascal Schnüriger von Small foot zitieren. Die Krippe sei Mieterin eines Gewerberaums und die Nutzung des Spielplatzes werde im Mietvertrag geregelt. «Somit gehe ich davon aus, dass auch dieser Punkt in keinem Zusammenhang mit unserem Baugesuch steht», so Schnüriger.

Small foot bestreitet ausserdem grundsätzlich die Verknüpfung von Betriebskonzept und Baugesuch. In einer Stellungnahme an die Gemeinde schreibt Schnüriger: «Es ist mir neu, dass ein Betriebskonzept einem Baugesuch unterliegt und dieses Bestandteil einer Baubewilligung sein soll. Nach 25 eingereichten Baugesuchen war dies bis anhin noch nie der Fall.» Man verlange eine Begründung. Fabian Haindl bezeichnet die Auflagen als «wirtschaftsschädigend». Die Baubewilligung mit den verlangten Auflagen sei «inkompetent, ungerechtfertigt und juristisch fragwürdig.» Er spricht von «politischen Manövern».

Zu einem laufenden Verfahren äussert sich die Gemeinde laut Gemeindeschreiberin Margrit Bucher nicht.

Verunsicherung in Reiden

Auf der anderen Seite löst die neue, private Konkurrenz bei den Anbietern der von der Gemeinde subventionierten schulergänzenden Betreuungsangebote offenbar Befürchtungen aus. Der mögliche Auslöser: An der Budget-Gemeindeversammlung vom 20. Mai fragte Mario Russo den Gemeinderat, ob er sich «eine Auslagerung» der Kinderbetreuung an Krippen-Profi Small foot vorstellen könnte. Sozialvorsteherin Esther Steinmann (IG Reiden) betonte damals, man wolle das Gemeindeangebot unterstützen und beibehalten. Zugleich müsse man aber auch, wie gewünscht, eine Zusammenarbeit mit dem neuen Anbieter prüfen.

Im Gespräch mit dieser Zeitung sagt Esther Steinmann, es stehe einer privaten Firma natürlich frei, eine neue Krippe zu eröffnen, auf eigenes finanzielles Risiko. «Eine Leistungsvereinbarung mit Small foot steht momentan nicht zur Diskussion.» Small foot habe nur um eine Bewilligung für die Führung und den Betrieb einer Kinderkrippe angefragt. Die Prüfung des Gesuchs hat die Gemeinde aus Ressourcengründen an die Fachstelle Kinder Jugend Familie der Stadt Luzern ausgelagert und sich auf deren Expertise abgestützt.

Die Gemeinde ist laut Steinmann gesetzlich verpflichtet, schulergänzende Angebote für die Kinder zur Verfügung zu stellen. Gemeint sind die erwähnten Tagesstrukturen der Schule Reiden und das Tagesfamilien-Angebot des Gemeinnützigen Frauenvereins Reiden. Für sozial schwächere Eltern subventioniert die Gemeinde die Betreuungsangebote. «Bis jetzt waren die Bedürfnisse in Reiden einigermassen abgedeckt», sagt Sozialvorsteherin Steinmann. Doch es gebe viele berufstätige Frauen in Reiden, Kitas seien gefragt. Der Vorteil privater Angebote sei: Sie könnten auch in den Schulferien Angebote stellen.

Sabine Beyer ist Schulleiterin der Primarschule und Bereichsleiterin Bildung der Gemeinde Reiden. Sie begrüsst die Gründung der neuen Kita in Reiden, auch, da es in der Gemeinde höchste Zeit sei, dass Kinder im Vorschulbereich professionell gefördert werden sollten. Beyer hofft, dass die Kita Small foot am Konzept Frühförderung, das ab Schuljahr 2020/21 in der Gemeinde Reiden umgesetzt werden soll, ein wichtiger Player im Bereich der frühen Förderung werden kann. Vorsichtig ist man auf Schulseite, was die Frage einer Kooperation betrifft. Beyer plädiert im Hinblick auf die Prüfung einer Zusammenarbeit mit neuen Anbietern dafür, dass die Gemeinde die Tagesstrukturen bei der Schule belassen soll.

Zur «Konkurrenzfrage» sagt Fabian Haindl von Small foot: «Wir wollen niemandem etwas wegnehmen.» Ihre Krippe in Reiden konzentriere sich aufs Vorschulalter und stelle damit keine Konkurrenz für die Schule oder den Mittagtisch dar.