Mischt die GLP mit Doris Aebi den Wahlkampf auf? Headhunterin will in den Regierungsrat

Barbara Portmann tritt nicht an

Am 20. Oktober kann der Aargauer Souverän nebst 16 National- und 2 Ständeräten auch einen neuen Regierungsrat oder eine neue Regierungsrätin wählen. Mehrere Parteien halten sich noch bedeckt, gerade die CVP und die GLP.

Schon länger bekannt ist, dass in der GLP der Grossrat Gian von Planta von seiner Sektion zuhanden der Kantonalpartei nominiert wurde. Bisher nicht bekannt ist aber, dass die Sektion Aarau-Kulm der Kantonalpartei eine Kandidatin gemeldet hat. Aus gut unterrichteter Quelle weiss die AZ: Es ist niemand Geringeres als Doris Aebi. Sie war seit 2004 und bis vor einem Monat Vizepräsidentin des schweizerischen Migros-Genossenschaftsbundes.

Barbara Portmann tritt nicht an

Die gebürtige Solothurnerin Aebi (54) war bis 2000 SP-Kantonsrätin und Mitglied der Finanzkommission. 1992 bis 2004 war sie zudem Mitglied des Wirtschaftsbeirates (einem beratenden Organ) der Solothurner Regierung. Mehrere Jahre bis 1994 war sie zudem Bankrätin der Solothurnischen Kantonalbank. Diese wurde 1995 nach einem Finanzdebakel vom damaligen Schweizerischen Bankverein übernommen. 1997 kandidierte Aebi in unserem westlichen Nachbarkanton für den Regierungsrat, um den zweiten SP-Sitz zurückzuerobern, wurde aber nach einem sehr guten Ergebnis im ersten Wahlgang nicht gewählt.

Seit ihrem Umzug in den Aargau vor rund 20 Jahren, wo sie mit ihrem Mann René Kühni (früherer langjähriger FDP-Ortsparteipräsident) in Schöftland lebt, ist sie nicht mehr als Politikerin in Erscheinung getreten, ist auch nicht mehr SP-Mitglied. Sie vertrat 2006 bis 2017 den Aargau als Mitglied des Hochschulrats der Fachhochschule Nordwestschweiz. Aebi sympathisiert seit längerem mit der GLP und ist inzwischen dort Mitglied.

Aebi hat 1994 ihre universitäre Ausbildung in Zürich mit der Dissertation «Weiterbildung zwischen Markt und Staat» und zuvor schon das Lizenziat mit einer Arbeit zum Thema «Wirksamkeit der kantonalen Wirtschaftsförderung» abgeschlossen. Damit initiierte sie gleichsam eine Neuausrichtung der solothurnischen Wirtschaftsförderung, wie die NZZ später schrieb.

Aebi führt in Zürich seit 15 Jahren zusammen mit ihrem Mann ein Unternehmen, das auf die Rekrutierung von Führungskräften und Verwaltungsräten spezialisiert ist. Sie ist als Headhunterin sehr bekannt und Verfasserin mehrerer Sachbücher. Sie hat einen beeindruckenden beruflichen Palmarès und politische Erfahrung. Als Politikerin hat sie bisher allerdings keine besondere Nähe zu Gesundheits- und Sozialpolitik. Es zeichnet sich ja klar ab, dass das neugewählte Regierungsmitglied das Departement Gesundheit und Soziales DGS übernehmen muss.

Offenbar herrscht in der GLP die Meinung vor, es brauche jetzt vorab jemanden, der Menschen führen und entscheiden kann. Und man traut ihr augenscheinlich zu, sich im Fall einer Wahl rasch in die komplexen Dossiers einzuarbeiten. Die GLP dürfte versuchen, Aebi als Kandidatin der Mitte zu positionieren, und so ihre Wahlchancen zu erhöhen.

Frühere FDP-Ständerätin würde Aebi unterstützen

Sollte Doris Aebi tatsächlich nominiert werden, könnte sie auf die Unterstützung der früheren Ständerätin Christine Egerszegi (FDP) zählen. Egerszegi kennt Aebi aus ihrer Zeit im Fachhochschulrat: «Wir haben darin den Kanton Aargau vertreten.» Aebi spiele als Personalrekrutiererin in der Schweiz «in der obersten Liga», fügt Egerszegi an.

Aebi war auch Jurorin in Traumjob-TV-Sendung

Aber ob Aebi nicht über besondere Kenntnisse des Gesundheitswesens verfügen müsste, fragen wir Egerszegi. Hauptsächlich brauche es jetzt jemanden, der die verfahrene Situation im DGS wieder in den Griff bekomme, mit den Mitarbeitenden umgehen könne, Durchsetzungsvermögen habe, die Fähigkeit mitbringt, mehrheitsfähige Lösungen zu präsentieren, und ein Gespür für Organisation habe, antwortet sie: «Das traue ich Doris Aebi zu, auch wegen ihrer Zeit als Vizepräsidentin der Migros Schweiz. Zudem müsste sie sehr rasch sehr wichtige Stellen besetzen und die richtigen Leute finden. Das kann sie zweifellos.» Dass Aebi zu wenig bekannt ist, glaubt Egerszegi nicht: «Viele kennen sie noch als Jurorin in der TV-Castingshow «Traumjob» von Jürg Marquart oder als Kolumnistin in der NZZ.»

Doch setzt sich Egerszegi mit ihrer Parteinahme jetzt nicht wie vor Jahren, als sie Pascale Bruderer (SP) für den Ständerat unterstützte, erneut heftiger Kritik in ihrer eigenen Partei aus? Schliesslich wird die FDP in wenigen Tagen selbst einen oder eine Regierungsratskandidatin (zur Auswahl stehen parteiintern die Grossräte Jeanine Glarner und Gérald Strub) auf den Schild heben. Dazu äussert sich Christine Egerszegi nicht. Sie sagt nur so viel: «Doris Aebi wäre eine wirklich gute Kandidatur. Wenn ich davon überzeugt bin, dann sage ich das auch.»