Fake News im ­Zofinger Tagblatt?

Zum Artikel «AP22+ soll die Landwirtschaft noch grüner machen», Ausgabe vom 28. Mai.

Leider muss ich diese Frage mit Ja beantworten. Der Schweizerische Bauernverband hat sich zum Ziel gesetzt, die bundesrätliche Botschaft zur Agrarpolitik ab 2022 (AP22+) in den Räten zum Absturz zu bringen, und fährt deshalb eine breite PR-Kam­pagne, worin bekannte, linientreue Landwirte unwahre Behauptungen aufstellen.

Tatsache ist, dass die AP22+ ein paar dringend nötige Reformen anstösst. Die Reduktion des stark überhöhten Tierbestandes ist ein erster solcher Schritt in die richtige Richtung. Die Schweiz hat nach Holland und Dänemark die höchste Tierdichte in Europa. Beim Ausstoss von Ammoniak pro Hektare landwirtschaftlicher Nutzfläche ist nur Holland schlechter. Ammoniak wird in der Luft verfrachtet und anderswo wieder deponiert. In naturnahen und empfindlichen Ökosystemen wie Wäldern, Magerwiesen, Mooren und Heiden tragen übermässige Stickstoffeinträge zur Überdüngung und Versauerung bei. Dadurch werden Bodenprozesse, Nährstoffhaushalt und Artenzusammensetzung verändert. Die Biodiversität (Artenvielfalt) nimmt also laufend ab.

Die Landwirtschaft verletzt das Umweltrecht gleich mehrfach. Keines der gesetzlich festgelegten Umweltziele konnte trotz jährlicher Subventionen in Millionenhöhe bis jetzt erreicht werden. Von rigoroser Umsetzung keine Rede. Es fehlt an der Einsicht und an der Selbstverantwortung vieler Landwirte und am konsequenten Vollzug durch den Staat. Die Biodiversität verzeichnet seit vielen Jahren einen dramatischen Rückgang. Das Trinkwasser enthält vielerorts Pestizid-Rückstände und zu viel Nitrat.

Der Bauernverband versucht mit seiner Kampagne ein Bild der Landwirtschaft zu vermitteln, die alles unternimmt, die Umwelt zu schonen, und stellt die Landwirte als Opfer grüner und linker Kreise dar. Er gibt vor, für alle Landwirte zu sprechen.

Dabei gibt es viele Landwirte in der Schweiz, die aus Überzeugung Verantwortung übernehmen und auf den Einsatz von Kunstdünger und Pestiziden verzichten sowie die Tierzahl der Produktionsfläche angepasst haben. Das zeigt sich an der stetig steigenden Zahl von Bio-Betrieben. Diesen Betrieben bietet die AP22+ neue Perspektiven.

Endeder60er-Jahre waren die Vorfahren von Christian Glur noch Pioniere. Sie haben in Glashütten einen der ersten grossen Munimastbetriebe der Schweiz aufgestellt. Eine Produktion notabene, die absolut nicht mehr vereinbar ist mit einer klima- und bodenschützenden Wirtschaftsweise.

Hätte Christian Glur diesen Pioniergeist geerbt, würde er heute den Betrieb in Glashütten biologisch bewirtschaften und hätte aus der ausgeräumten Landschaft mit vorwiegend Mais als Kultur eine Oase mit biologischer Vielfalt und vielen Hecken geschaffen.

Noch eine Bemerkung zum behaupteten Düngerimport, der bei der Reduktion des Tierbestands nötig würde. Diese Behauptung ist eine Lüge. Auch wir Menschen scheiden Stickstoff und Phosphor aus. Heute wird der Klärschlamm verbrannt und diese Nährstoffe folglich vernichtet. Die technische Nachrüstung unserer Kläranlagen würde es erlauben, Pflanzendünger zukünftig sogar zu exportieren.

Hansruedi Sommer, dipl. Ing. Agr. ETH, Zofingen