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Weil die Untersuchung des Bundes schockiert: So wollen Amherd und Swiss Olympic den Schweizer Sport fairer machen

Weil die Untersuchung des Bundes schockiert: So wollen Amherd und Swiss Olympic den Schweizer Sport fairer machen

Die von Bundesrätin Viola Amherd in Auftrag gegebene Untersuchung zum Turnskandal von Magglingen kommt zu einem verheerenden Schluss und berichtet von einem kranken System. Deshalb will der Bund und Swiss Olympic einiges umkrempeln. 

Raphael Gutzwiller

Viola Amherd stellt Veränderungen im Sport vor.

EPA

Viola Amherd sagt unmissverständlich: «Wir unterstützen den Leistungssport, aber nicht um jeden Preis. Die Würde der Athletinnen und Athleten steht an erster Stelle.» Die Bundesrätin hat mit ihrem Eingreifen nach der Bekanntmachung von verheerenden Zuständen im Kunstturnen und der Rythmischen Gymnastik Änderungen angestossen. «Wir wollen vorwärts schauen und aufzeigen, wo wir Verbesserungen erreichen können», erzählt sie in einer gemeinsamen Medienkonferenz mit Baspo-Direktor Matthias Remund und Swiss-Olympic-Präsident Jürg Stahl.

Eine der Massnahmen zur Verhinderung von ähnlichen Vorkommnissen wie jene in Magglingen ist die bereits publik gemachte neue nationale Meldestelle mit dem Namen Swiss Sport Integrity, die am 1. Januar 2022 ihren Betrieb aufnehmen soll. Weitere Massnahmen sind die Schaffung eines Controlling-Systems innerhalb der Sportverbände, Kinder- und jugendgerechte Nachwuchsfördermodelle sowie der Einbezug der Eltern, denen eine entscheidende Rolle in der Spitzensportförderung von Talenten gehört.

Zudem lanciert das Bundesamt für Sport eine Teilrevision der Sportförderverordnung. Dadurch soll festgelegt werden, welche Mindestanforderungen die Verbände erfüllen müssen, wenn sie Subventionen des Bundes beanspruchen. Damit sollen Verbände nicht nur für sportliche Erfolge belohnt, sondern auch für ethische Verfehlungen bestraft werden können. Der Medaillendruck auf die kleineren Sportarten, die stets grosse Erfolge benötigen, um von Swiss Olympic Gelder zu erhalten, soll dabei geringer werden.

Ein Fehler des Systems, nicht nur von Einzelpersonen

Der Turnskandal von Magglingen ist nicht nur einer, der gegen die damalige Führung des Turnverbandes spricht und schon gar nicht nur gegen die betroffenen Trainerinnen und Trainer. «Das Problem sind nicht Einzelpersonen, sondern das System», stellt Ofebia Wettstein der Rudin Cantieni Rechtsanwälte fest.

Eine Reihe von Missständen im Schweizerischen Turnverband hat die Einrichtung einer unabhängigen Meldestelle zur Folge (Symbolbild).

Pablo Gianinazzi / Keystone

Ihrer Untersuchung kam zum Schluss: Nicht nur im Kunstturnen und in der Rhythmischen Gymnastik, sondern auch in anderen Sportarten ist es zu groben Verstössen gekommen. Die Rechtsanwälte haben in der von Amherd in Auftrag gegebenen Untersuchung insgesamt 2500 Dokumente gesichtet und 108 Befragungen durchgeführt. Dazu kamen anonyme Reihenbefragungen in den Sportarten Kunstturnen, Trampolin, Eiskunstlaufen, Turmspringen und Synchronschwimmen. Es ist die bis heute grösste Untersuchung bezüglich Ethikverstösse im Schweizer Sport.

Fast jede fünfte befragte Person gab an, im Training oder im Wettkampf angeschrien oder beschimpft worden zu sein. Und 15 Prozent der Athletinnen und Athleten mussten trotz Verletzungen trainieren oder an Wettkämpfen antreten. Besonders erschreckend sind hierbei die Zahlen im Synchronschwimmen. So gaben 15 Prozent der befragten Synchronschwimmerinnen an, nicht ohne Angst ins Training gehen zu können.

Für einige Synchronschwimmerinnen ist das Training ihrer Sportart auch mit Angst verbunden.

Symbolbild EPA

Insgesamt stellte die Untersuchung fest, dass die bestehenden Strukturen in Bezug auf die Durchsetzung ethischer Grundsätze ungenügend sind. Ein Problem sei zum Beispiel, dass die von Swiss Olympic verteilten Gelder an sportliche Erfolge gebunden seien. Dadurch handle es sich weniger um ein Förderungssystem, sondern eher um ein Belohnungssystem. Der Erfolgsdruck steige dadurch für kleinere Sportarten enorm. Dieser Druck werde an Athletinnen und Athleten weitergegeben.

Beim Schweizerischen Turnverband (STV), bei dem seit der Publikmachung der Vorfälle kein Stein auf dem anderen blieb und die Führung fast vollständig ausgewechselt wurde, zeigt man sich erfreut. STV-Direktorin Béatrice Wertli sagt: «Die Verbindlichkeit der Massnahmen ist positiv. Wir sind überzeugt, dass es möglich ist, Topleistungen zu bringen, ohne dabei die Ethik zu verletzen.»

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