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«Sie will ihrem Ex-Mann eins auswischen»: Hat er seiner damaligen Frau ins Gesicht geschlagen und die Haare ausgerissen?

«Sie will ihrem Ex-Mann eins auswischen»: Hat er seiner damaligen Frau ins Gesicht geschlagen und die Haare ausgerissen?

Ist der Ex-Mann ein prügelnder Aggressor oder wird hier ein Ehestreit aufgebauscht? Anklage und Verteidigung widersprechen sich am Bezirksgericht Dietikon fundamental. «Ich war das nicht», sagt der Beschuldigte. 

Florian Schmitz

Die Urteilseröffnung wird beiden Parteien am Donnerstag zugestellt, wie die Richterin zum Schluss sagte.

Severin Bigler

Am Bezirksgericht Dietikon zeichnete die Anwältin des Opfers das Bild eines aggressiven Mannes, der wiederholt gegen seine Gattin und spätere Ex-Frau vorging. Die Geschädigte habe um ihr Leben gefürchtet und sei heute noch schreckhaft und habe Angst davor, dass ihr Ex-Mann irgendwo auftauchen könnte. Die Geschädigte habe widerspruchsfrei, detailliert und glaubwürdig ausgesagt, weil sie wie aus dem Leben gegriffen erzählt habe. Der Beschuldigte habe dagegen unglaubwürdig alle Vorwürfe abgestritten und verstecke sich hinter Schutzbehauptungen.

Der Beschuldigten sei wegen Körperverletzung, Verleumdung und Drohung zu verurteilen, sagte die Anwältin. Sie forderte eine bedingte Geldstrafe von 5400 Franken – 180 Tagessätze à 30 Franken – bei dreijähriger Probezeit sowie eine Genugtuung für die Frau von 5000 Franken. Zudem sei festzustellen, dass der Beschuldigte gegenüber der Beschädigten schadensersatzpflichtig sei und auch später noch Schadensersatz geltend gemacht werden könne für eventuelle gesundheitliche Folgekosten.

Auch die Verteidigung forderte eine Entschädigung

Der Verteidiger klang an der Verhandlung am Dienstag ganz anders: «Mein Mandant ist unschuldig und vollumfänglich freizusprechen.» Für die 25 Tage, die der Beschuldigte im April 2021 in Untersuchungshaft verbrachte, forderte sein Verteidiger eine Entschädigung von 5000 Franken. Allfällige finanzielle Ansprüche der Klägerin sollten auf den Zivilweg verwiesen werden. Bei der ganzen Geschichte handle es sich um eine tragische Auseinandersetzung, wie sie leider fast täglich irgendwo im Rahmen von nicht funktionierenden Ehen passieren würden, führte er aus.

«In so einer hochstrittigen Situation kann man sich nicht einfach auf die Aussagen der Ehefrau verlassen, die ihrem Ex-Mann eins auswischen will.»

Laut Anklage hat sich der Mann der Körperverletzung, Drohung und Verleumdung schuldig gemacht. Im August 2019 soll er seine damalige Gattin in der gemeinsamen Wohnung in Dietikon bei einer Auseinandersetzung mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben. Zudem habe er sie so stark an den Haaren gepackt, dass er ihr ein Büschel ausriss. «Nein, das ist nicht wahr», sagte der Beschuldigte, ein eingebürgerter Kosovare, an der Verhandlung in gebrochenem Deutsch.

Weiter beschreibt die Anklage, wie der Mann Anfang Januar 2020 verleumdende Briefe in der Nachbachschaft der inzwischen umgezogenen Geschädigten verteilt habe. Darin habe er sie unter anderem als Prostituierte und Person ohne Moral verunglimpft. «Nein, das war ich nicht», sagte der Beschuldigte. Im April 2021 soll der Angeklagte zudem bei einer verbalen Auseinandersetzung seiner inzwischen von ihm geschiedenen Frau gedroht haben, ihr die Zähne zu brechen und dass sie ihm Blut schulde. Kopfschüttelnd antwortete der Beschuldigte auf den Vorwurf: «Ich sage nichts dazu.»

Die Tochter seit der Verhaftung nicht mehr gesehen

In der Verhandlung sagte der aufgelöst und emotional wirkende 40-Jährige, dass er den Kontakt zu seiner Tochter vermisse, die er seit seiner Festnahme im April nicht mehr gesehen habe. Der Beschuldigte habe sich stark zurückgezogen, um sich nicht weiteren Anfeindungen der Klägerin auszusetzen, sagte sein Verteidiger. Das treffe nicht zu, entgegnete die Anwältin der Geschädigten. Er verhalte sich immer wieder aggressiv gegenüber seiner Ex-Frau. Auch seine Tochter könne er im Rahmen des klar geregelten Besuchsrechts sehen. Dazu die Anwältin:

«Sie haben sich heute als Opfer dargestellt.»

Der Verteidiger zerzauste in seinem Plädoyer das vorgebrachte Beweismaterial. Die Fotos von den angeblichen Verletzungen seien undatiert und hätten keinen Beweiswert. Das in ihrer Nachbarschaft verteilte Diffamierungsschreiben könne gar nicht von seinem Mandanten stammen, fuhr er fort. Erstens habe dieser zu dem Zeitpunkt die neue Adresse seiner damaligen Frau nicht gekannt und zweitens könne er gar keinen Computer bedienen.

Zudem habe in den Akten das Originalschreiben gefehlt und vom Couvert, auf dem laut Anklage die Handschrift des Beschuldigten erkennbar ist, existiere nur ein Foto. «So geht das einfach nicht», kritisierte der Verteidiger. Nicht zuletzt sei die Videoaufnahme der Drohung nicht als Beweismaterial zulässig. Die heimliche Aufnahme sei eine Verletzung des geschützten Privatbereichs.

Video in Notsituation entstanden

Die Anwältin kritisierte, der Ehestreit sei von der Verteidigung zur Stimmungsmache genutzt worden, aber alle Aggressionen seien immer vom Beschädigten ausgegangen. Zudem würden die Fotos genau zu den Schilderungen des Opfers passen und die Videoaufnahme sei im öffentlichen Raum entstanden. Die lauten Drohungen seien deshalb keineswegs privat gewesen und sie habe die Aufnahme aus einer Notsituation heraus gemacht.

«Die Aussagen der Geschädigten stellen das wichtigste Beweismittel dar»,

fuhr sie fort. Es gebe keinen Anlass, an ihren zurückhaltenden und detailreichen Schilderungen zu zweifeln. «Es ist bezeichnend, dass die Verteidigung zu ihren Aussagen nichts gesagt hat.» Nach einer kurzen Pause kündigte Richterin Alexandra Blumenthal im Anschluss an die Verhandlung an, dass die Urteilseröffnung beiden Parteien an diesem Donnerstag zugestellt werde.

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