
Aarau trägt den «Zukunftsraum» zu Grabe, doch das Thema Fusionen bleibt aktuell
«Totgeburt», «Schnee von gestern», «das magere Überbleibsel soll beerdigt werden», «definitiv gestorben» – die Metaphorik machte klar, worum es an der gestrigen Sitzung des Aarauer Stadtparlaments ging. EVP-Einwohnerrat Christoph Waldmeier setzte gar zur formellen Predigt an, um das Fusionsprojekt Zukunftsraum zu Grabe zu tragen.
Nachdem Suhr sowie Oberentfelden definitiv und Densbüren provisorisch (das Referendum ist zustande gekommen) ausgestiegen waren, hat die Projektsteuerung beschlossen, einen Schlussstrich zu ziehen. Zu sehr hatte sich die Ausgangslage verändert; die Ziele des «Zukunftsraums» können nicht mehr erreicht werden, obschon die Unterentfelder Stimmbürger Ja gesagt hatten. Es sei ihm, so Einwohnerrat Peter Roschi (CVP), vorgekommen wie bei der Abschiedssymphonie von Joseph Haydn, wo einer nach dem anderen von der Bühne geht.
Der Stadtrat beantragte also dem Einwohnerrat, auf dessen Entscheid vom 24. August (ein Ja zu Fusionsvorbereitungen) zurückzukommen und das Projekt zu beenden. Das bedeutet gleichzeitig, dass das Referendum, das mit fast 1900 Stimmen gegen eben jenes Ja zustande gekommen war, nicht mehr zur Abstimmung kommt.
Aarau soll aktiv auf Fusionspartner zugehen, finden die Grünen
Diese Anträge des Stadtrats wurden zwar am Ende ohne Gegenstimmen angenommen. Aber nicht ohne Diskussionen. Gerade die Vertreter der Referendums-Initianten sparten nicht mit Kritik. Matthias Zinniker (FDP) sagte:
«Um jeden Preis wollte man fusionieren und hat jeglichen Bezug zur Realität verloren.»
Dass sämtliche Bedenken überhört worden seien, könne er sich nur so erklärten: «Man konnte sich in der Fusionseuphorie nicht vorstellen, dass die Bevölkerung auf die Idee komme, das abzulehnen.»
Das Referendumskomitee erwarte nun, dass man nicht direkt zu einzelnen Fusionen übergehe, sondern eine angemessene Frist – die Zahl von fünf Jahren wurde genannt – verstreichen lasse.
Stadtrat wolle «allfälligen Avancen mit offenen Armen begegnen»
Mehrere Fraktionen machten jedoch gestern Abend klar, dass eine Fusion mit einzelnen Gemeinden – namentlich wurden Unterentfelden und Densbüren genannt – immer noch infrage komme. «Wahrscheinlich passieren Fusionen nun in kleinen Teilschritten», so Christoph Waldmeier (EVP). Der Stadtrat solle «allfälligen Avancen mit offenen Armen begegnen» und auch Zusammenarbeiten prüfen, aber «aufpassen, dass gewisse Gemeinden nicht nur Rosinenpickerei betreiben».
Man solle sich den Mut für grosse Ideen nun nicht nehmen lassen, bekräftigte Alois Debrunner namens der SP. Noch weiter gingen die Grünen: «Wir finden, die Stadt darf ruhig eine aktive Rolle einnehmen und nicht nur abwarten, bis die Gemeinden einen Schritt auf Aarau zu machen», sagte Martina Niggli.
SVP fordert Steuerfuss-Senkung
Auch die Kosten kamen zur Sprache. Vom Kredit über 500’000 Franken, den der Einwohnerrat vor fünf Jahren gesprochen hatte, wurden zwar bisher nur rund 300’000 Franken gebraucht. «Aber die verwaltungsinternen Ressourcen, die das Projekt gebunden hat, kommen noch hinzu», sagte Peter Roschi (CVP).
Die SVP forderte, dass nun innerhalb der Verwaltung respektive der Abteilung Stadtentwicklung mindestens 80 Stellenprozente abgebaut werden sollen. Ausserdem stellte Fraktionschefin Susanne Heuberger ein weiteres Begehren: Mit dem Budget 2022 solle «der für den Zukunftsraum künstlich hochgehaltene» Steuerfuss (heute 97 Prozent) gesenkt werden.
Ein Thema war auch die noch pendente Motion zum Departementsmodell anstelle des Ressortmodells im Stadtrat. Das Departementsmodell mit fünf Profi-Stadträten wäre mit dem «Zukunftsraum» eingeführt worden. Da dieser nun nicht komme, solle der Stadtrat «an unserer Grösse angepasste Formen prüfen, damit die Milizfähigkeit gewahrt bleibt», sagte Einwohnerrat Yannick Berner (FDP).
Keba erhält Coronageld – fällt bald das Tabu Sommernutzung?
Praktisch einstimmig genehmigte der Einwohnerrat eine coronabedingte Notfinanzspritze von 190’000 Franken für die Kunsteisbahn (Keba). Für das geplante neue Finanzierungsmodell, das dieses Jahr noch vorgelegt werden soll, forderte Urs Winzenried (SVP): «Die Keba darf kein Fass ohne Boden werden.» Im Raum steht eine Beteiligung der Schulen: Alle Schulkinder sollen von den Schulen bezahlte Saisonabonnements erhalten, was alle Fraktionen im Einwohnerrat begrüssten.
Corona hat die Keba schwer getroffen. M
Stadtpräsident Hanspeter Hilfiker versicherte: Die neue Finanzierung werde langfristig funktionieren. Selbst für eine Nutzung der Keba im Sommer – bisher stets ein Tabu wegen der Nachbarschaft – könne man im Laufe der Zeit vielleicht einen Konsens finden.
Viel Wohlwollen für die Obermatte-Hallenpläne
Einstimmig und wohlwollend ebnete das Parlament den Weg für eine multifunktionale Sportanlage auf der Buchser Obermatte, die die Vereine Tennisclub Aarau (TCA) und AKA Basketball (BC AKA) bauen wollen. Die Parzellen gehören der Aarauer Einwohnergemeinde und den Ortsbürgern. Der Einwohnerrat genehmigte gestern die Gewährung eines unentgeltlichen Baurechts und einen Beitrag von 100’000 Franken an die Planungskosten.
Das Gebiet Obermatte in Buchs. Hier sollen neue Sportanlagen entstehen.