Die vierte Vereinsfahne der Aarburger Pontoniere wird pensioniert

Zwei tragende Stützen der Aarburger Pontoniere: Fähnrich Bernhard Wullschleger (links) und Präsident Beat Bolliger. Bild: tf
Zwei tragende Stützen der Aarburger Pontoniere: Fähnrich Bernhard Wullschleger (links) und Präsident Beat Bolliger. Bild: tf

Das Aussehen hat merklich gelitten, feine Löcher und Risse finden sich im seidenen Stoff. Kein Wunder, denn nach 64 Jahren Dienst hat sie bald ihr Pensionsalter erreicht. Sie – das ist die Vereinsfahne der Aarburger Pontoniere, die jetzt ersetzt wird. «Ersetzt werden muss, bevor sie ganz zerfällt», betont der Fähnrich des Aarburger Pontonierfahrvereins, Bernhard Wullschleger, der auch die vierköpfige Arbeitsgruppe für eine neue Vereinsfahne geleitet hat.

Seit der Fahnenweihe vom 1. September 1957 hat die Fahne die Aarburger Pontoniere begleitet. Die ursprünglich auf den 4. April 2020 zum 140. Geburtstag des Vereins geplante Fahnenweihe konnten die Pontoniere nicht durchführen, coronabedingt ist eine Feier auch jetzt nicht möglich. Die Übergabe der Fahne erfolgt deshalb am Samstag in ganz kleinem Rahmen.

«Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben», sagt Wullschleger, eine würdige Fahnenweihe werde auf jeden Fall nachgeholt. «Das sind wir nur schon unseren zahlreichen Gönnern und Sponsoren schuldig», betont Beat Bolliger, Präsident des Pontonierfahrvereins und gleichzeitig auch Mitglied der Arbeitsgruppe Vereinsfahne, die ihre Arbeit im Januar 2018 aufgenommen hat. Er freue sich jedenfalls auf die Übergabe der neuen Fahne, betont Beat Bolliger. «Es ist ein ganz spezieller Moment, den nicht mancher Präsident in seiner Amtszeit erleben darf.»

Die Vereinskasse wird nicht belastet

Die neue Fahne, deren Gestaltung unter Verschluss gehalten wird, kostet eine schöne Stange Geld. Von einem ansehnlichen fünfstelligen Betrag spricht denn auch Bernhard Wullschleger. Die Vereinskasse wird durch die Anschaffung der neuen Fahne aber nicht belastet. «Wir haben das grosse Glück, dass unser Verein in der Region sehr gut verankert ist und immer wieder auf treue Sponsoren und Gönner zurückgreifen darf», sagt Beat Bolliger dankbar. «Es sind exakt 49 Privatpersonen, Firmen und Institutionen, die den gesamten Betrag gespendet haben», weiss Bernhard Wullschleger.

Das Wasserfahren hat in Aarburg eine lange Tradition, spielte doch das Aarestädtchen dank seiner natürlichen Hafenanlage am Landhausquai bis zum Beginn des Eisenbahnzeitalters eine bedeutende Rolle als Umschlagplatz und Zollstation für den Warentransport auf der Aare.

Die Gründung des Pontonierfahrvereins Aarburg erfolgte am 4. April 1880 unter ganz anderen Gesichtspunkten. Zweck war nämlich in erster ­Linie die ausserdienstliche Ausbildung im Wasserfahren, die vom aargauischen Unteroffiziersverein angeregt wurde. Albert Wullschleger, ein junger Pontonierwachtmeister, ergriff im Frühjahr 1880 die Initiative und gilt mit zehn weiteren Männern als Gründer des Aarburger Pontonierfahrvereins. Die Aarburger Pontoniere spielten 1893 übrigens auch eine Hauptrolle bei der Gründung des Eidgenössischen Verbands, heute Schweizerischer Pontonier-Sportverband.

Die fünfte Fahne in der Geschichte des Vereins

Fast so alt wie der mittlerweile 141 Jahre alte Wassersportverein ist auch die erste nachweisbare Erwähnung einer Vereinsfahne. Dem Inventar vom 31. Dezember 1887 ist nämlich zu entnehmen, dass sich in der alten Post eine Vereinsfahne zur Aufbewahrung befinde. Wie die Fahne ausgesehen hat, ist nicht mehr bekannt. Die erste Fahne begleitete die Pontoniere nicht lange, lässt sich doch dem Archiv entnehmen, dass bereits am 1. August 1892 eine zweite Fahne eingeweiht wurde. In bescheidenem Rahmen, verbunden mit einem Zielfahren und nautischen Spielen. Doch bereits nach 14 Jahren musste auch diese Fahne wieder ersetzt werden, weil sie brüchig wurde. So fand am 15. Juni 1907 erneut eine Fahnenweihe statt, bei der das genaue Abbild der zweiten Fahne geweiht wurde. Diese dritte, rot-weisse Vereinsfahne, die zum Preis von 260 Franken beschafft werden konnte und die in der Folge ein halbes Jahrhundert im Einsatz stand, kann noch heute im Heimatmuseum bestaunt werden.

Am 1. September 1957 wurde schliesslich die heutige, vierte Fahne eingeweiht, welche den Verein nun fast 64 Jahre lang an Wettkämpfen durch Wind und Wellen begleitet hat. Am Samstag wird sie ihrer Nachfolgerin Platz machen. Dann wird sie, soweit möglich, instand gestellt und ebenfalls in der Sammlung der Aarburger Vereinsfahnen im Heimatmuseum ihren Platz erhalten.

Jetzt geht es wieder aufs Wasser

Im sportlichen Bereich finden die Aarburger Pontoniere langsam, aber sicher wieder den Tritt. Nachdem die Trainings über längere Zeit ausgefallen sind und die gesamte Wettkampfsaison 2020 coronabedingt ins Wasser gefallen ist, haben die «verkehrtesten Pontoniere der Schweiz» am vergangenen Donnerstag ihre Boote wieder eingewassert. «Verkehrteste Pontoniere»? «Ja», sagt Beat Bolliger mit breitem Lachen, «wir sind die einzigen Pontoniere der Schweiz, bei denen die Boote bergwärts schauen» – dem Naturphänomen Aarewaage sei Dank. Bereits konnten erste Trainings absolviert werden – selbstverständlich mit dem notwendigen Abstand und unter Einhaltung der BAG-Vorschriften. «Das Coronavirus hat unser Vereinsleben schwer beeinträchtigt», bedauert Bernhard Wullschleger das Wegfallen der wöchentlichen Treffen bei Trainings, Wanderungen oder Exkursionen.

Auch wenn das Gesellschaftliche momentan etwas zu kurz komme – das Clubhaus bleibt weiterhin geschlossen –, sei der Verein breit und gut aufgestellt, stellt Präsident Beat Bolliger nicht ohne Stolz fest. Rund 80 Aktivmitglieder rudern und stacheln aktuell im gelb-schwarzen Tenue. Dass sich darunter auch rund 30 Jungfahrer befinden, zeigt, dass sich der Verein um seine Zukunft wenig Sorgen machen muss, auch wenn absolute sportliche Aushängeschilder momentan fehlen.

Hören wird man jedenfalls schon bald wieder von den Aarburger Pontonieren, ist doch der Verein auch Organisator des 41. Eidgenössischen Wettfahrens, das aus den bekannten Gründen um ein Jahr auf den 24. bis 26. Juni 2022 verschoben werden musste.