Der Lockdown lässt die Gesundheitskosten einbrechen

Am 13. März 2020 ergriff der Bundesrat Notrecht und verordnete einen Lockdown an. Es kam zu einem Behandlungsstopp in den Spitälern, Operationssäle und Betten mussten für Covidpatienten freigehalten werden. Und auch andere medizinische Leistungen konnten nicht mehr erbracht werden. Besonders Spitäler und Ärzte beklagten die hohen Ertragsausfälle. Doch diese Leistungserbringer waren bei weitem nicht die einzigen, die Ausfälle zu verzeichnen hatten. Das zeigt eine neue Studie der CSS. Die Krankenversicherung hat die Veränderung der Kosten, die bei ihr in der Grundversicherung in den ersten neun Monaten angefallen sind, quantifiziert und aufgeschlüsselt.

Insgesamt gingen in der ersten Welle (Woche 12 bis 21 im vergangenen Jahr) die Kosten bei der CSS um 246,4 Millionen Franken zurück. Das ist ein Rückgang um 22,4 Prozent. Allerdings sind die einzelnen Leistungserbringer unterschiedlich stark betroffen. Die durch die Grundversorger erbrachten Leistungen brachen um insgesamt 22,7 Millionen Franken ein (-19,1 Prozent). Bei den Spezialisten fällt der Einbruch mit 46,9 Millionen Franken (-27,8 Prozent) noch ausgeprägter aus.

Grösster Rückgang bei Physiotherapeuten und Chiropraktikern

Die grössten Spuren hat die erste Welle aber bei Physiotherapeuten und Chiropraktikern hinterlassen. Sie mussten einen Rückgang von insgesamt 19,7 Millionen Franken hinnehmen, was rund der Hälfte des Behandlungsvolumens (-47,6 Prozent) für die erste Welle entspricht.

Die Schweizer Spitäler verzeichneten insgesamt 8580 weniger Hospitalisationen während Woche 12 bis 21, was einem Rückgang von knapp 30 Prozent entspricht. Die hospitalisierten Covid-19-Patienten dämpften den Rückgang allerdings etwas ab. Die durchschnittlichen Kosten pro Covid-19-Fall lagen nämlich mit rund 8000 Franken deutlich über den üblichen Durchschnittskosten von 4900 Franken.

Nachholeffekt blieb aus

Wer damit gerechnet hat, dass es nach dem Lockdown zu einem schnellen Nachholen von Behandlungen und Operationen kommt, der hat sich getäuscht. Von wenigen Fällen abgesehen, kam es gemäss CSS nach der ersten Welle weder im ambulanten noch im stationären Bereich zu Nachholeffekten.

Auch bei den Medikamenten zeigt sich im und nach dem Lockdown gesamthaft einen Rückgang von insgesamt 33,7 Millionen Franken, was einem Minus für diese Zeit von rund 15,6 Prozent entspricht. Der Rückgang ist damit leicht tiefer als bei den Gesamtkosten (-22,4 Prozent). Verantwortlich dafür ist ein Hochschnellen der Medikamenteneinkäufe in den letzten beiden Wochen vor vor dem Lockdown schnellte die Nachfrage. Die Ausgaben der Versicherten der CSS stiegen um maximal 27,0 Prozent.

Sie dürften dabei keine Ausnahme sein. Im vergangenen Frühling gab es diverse Medienberichte über Engpässe in Apotheken für gewisse Medikamente. «Die Gründe für dieses Verhalten sind noch nicht restlos geklärt. Die Nachfrage könnte auch durch die Lieferschwierigkeiten aus China angeheizt worden sein, von denen im März vermehrt die Rede war» sagt Christian Schmid, Leiter des CSS Instituts für empirische Gesundheitsökonomie.

Deutlich unter den Erwartungen

Die Studienverfasser haben für ihre Auswertungen erst die Monate Januar bis September unter die Lupe genommen. Dort lagen die Kosten deutlich unter den Erwartungen. Ob sich dieser Trend bis Ende 2020 weiter verfestigt, lasse sich jetzt noch nicht beantworten, betonen sie.

«Die vorliegende Auswertung wirft jedoch weitere Fragen auf: Welche langfristigen Veränderungen in der Gesundheitsnachfrage sind zu beobachten? Entstehen neue Krankheitsbilder, nehmen psychische Krankheiten zu? Diesen und anderen Fragen wird sich das CSS Instituts annehmen und weitere wissenschaftliche Erkenntnisse in die Diskussion einbringen» sagt CSS-Chefin Philomena Colatrella.