
Fehlender Impfstoff als Chance
Zum Artikel «Hoffnung ist in Zofingen angekommen». Ausgabe vom 16. Februar.
Stolz wird das neue Impfzentrum im Spital Zofingen präsentiert. Freude herrscht – ausser bei vielen Hausärzten! Es macht wirklich wenig Sinn, zusätzliche Impfinstanzen zu etablieren und diese nur mit 30 Prozent der möglichen Kapazität zu betreiben. Wer rüstig ist und wirklich frühzeitig geimpft werden will, kann problemlos auch nach Aarau fahren oder gefahren werden.
Es ist gut, dass Zofingen dereinst ein Impfzentrum hat, wenn dann genügend Impfstoff vorhanden ist. Aktuell wird vor allem Pfizer/Biontec-Impfstoff verwendet. Dieser soll wegen der logistischen Probleme (Kühlung auf minus 70 Grad) in den Impfzentren appliziert werden. Sobald weiterer Impfstoff verfügbar ist, welcher im Kühlschrank gelagert werden kann, müsste dieser zuerst an die Hausarztpraxen geliefert und nicht primär die Kapazität der Impfzentren erhöht werden. Dies wird zwangsläufig so geschehen.
Erste Priorität für die Impfung sollten besonders vulnerable Personen haben, in der aktuellen unwürdigen «Etikettierung» sogenannte Hochrisikopatienten. Wenn nicht prioritär die Hausarztpraxen mit Impfstoffen beliefert werden, wird sich das aktuell schon vorhandene Problem verschärfen. Der rüstige 75-plus-Rentner ist geimpft, die Nachbarin, welche an mehreren chronischen Krankheiten leidet, kaum mobil ist, muss warten, bis der Hausarzt in einem halben Jahr anlässlich eines Hausbesuches impfen kann. Auch die Apotheken sollen dereinst impfen können, in der Priorität für die Zuteilung der Impfdosen müssten sie aber ganz am Schluss angesiedelt werden. Junge gesunde Erwachsene werden sich dort impfen lassen.
Der aktuelle Impfstoffmangel könnte eine Chance sein, die Prioritäten für die Zuteilung der Impfstoffe nach medizinischen und nicht nach logistischen Kriterien zu stellen. Diese Priorisierung läuft zwangsläufig über die Hausärzte. Sie kennen ihre «Hochrisikopatienten», können aber nicht jeden einzelnen eigenhändig anmelden. Listen werden vom Kanton nicht akzeptiert. Der Kanton blendet damit einen Teil der Wirklichkeit aus und macht die Triage bei denjenigen, welche sich melden. Wer sich a priori lieber beim Hausarzt impfen lassen möchte – u. a. weil dieser ihn/sie kennt – oder die Anmeldehürde aus irgendwelchen Gründen nicht schafft, bleibt aussen vor.
Christina Hostettler, Hausärztin Rothrist; Bruno Kernen, Claudius Frey und Heinz Bhend, Hausärzte Aarburg