
Alt CVP-Regierungsrat Fellmann: «Viele CVP-Stammwähler würden heimatlos»
Der Dagmerseller alt Regierungsrat Klaus Fellmann (CVP) war zwölf Jahre Gesundheitsdirektor des Kantons Luzern. Er ist damit der Vor-Vor-Gänger von Guido Graf. 1999 trat Fellmann mit 59 Jahren zurück. Er engagierte sich weiterhin als Präsident von Gesundheitsförderung Schweiz, Vizepräsident der Lungenliga und hatte Mandate in Stiftungen inne.
Vor zehn Jahren beendete er seine berufliche Tätigkeit und trat auch politisch nicht mehr in Erscheinung. «Ich habe mich immer geärgert über Leute, die nicht verschwinden können», sagt Klaus Fellmann beim Gespräch mit dem ZT. Jüngst hat es den inzwischen 79-jährigen, immer noch fitten Ex-Regierungsrat aber «gejuckt», sich politisch wieder einzubringen.
Engagiert im Pro-Komitee für die KVI
Einerseits engagiert er sich für ein Ja zur «Konzernverantwortungsinitative» (KVI) im Lokalkomitee Dagmersellen (wir berichteten). «Das Thema berührt mich. Als Mensch und Christ kann man da nicht einfach schweigen und kuschen, sondern muss das Unrecht aufzeigen», sagt Fellmann. Es werde ein harter Abstimmungs-Kampf gegen die Grosskonzerne, welche sich dagegen wehrten, Verantwortung für ihr Tun zu übernehmen.
Das andere Thema, das Fellmann als leidenschaftlichem CVPler am Herzen liegt, ist die momentane Namens-Diskussion. Bis Mitte Oktober geben 14 000 CVP-Mitglieder im Kanton Luzern in einer Urabstimmung ihre Meinung ab zum von der Parteileitung vorgeschlagenen Namenswechsel auf nationaler Ebene. «Ich habe lange gerungen, was ich über die geplante Umbenennung denken soll», erklärt Klaus Fellmann. Sein erster Gedanke sei gewesen, dass der Name «Die Mitte» gar nicht schlecht ausdrücke, wo die CVP stehe, wenn man es von den Polparteien links und rechts betrachte. «Doch die Mitte ist einfach kein politischer Begriff», sagt er, «man kann den Leuten nicht sagen, sie sollen Mitte wählen.» Die Mitte verschiebe sich zudem immer wieder.
Er kenne die Schwächen der CVP. Viele verbänden das «C» immer noch mit katholisch, obwohl die Partei schon lange offen sei für alle. Doch «Die Mitte» sei nicht besser, findet er. «Viele Leute werden mit diesem Namen heimatlos, vor allem die ältere Generation.» Mit Begriffen, «die nichts aussagen, kann man sich nicht identifizieren». Er findet, dass die CVP ihren Namen nicht ändern sollte. «Das Wertvollste einer Firma ist ihr Brand oder ihre Marke. Unsere Marke gibt man meiner Meinung nach zu leichtfertig her.»
Er hat ein Fazit gezogen: «Schlussendlich habe ich deshalb mit meiner Frau Rita entschieden, Nein zu stimmen bei der Urabstimmung.» Klaus Fellmann ist auch dem kleinen Komitee gegen die Umbenennung beigetreten, das sich kürzlich in Luzern vorstellte (ZT-Ausgabe vom 26. September).
Ist da etwas schiefgegangen bei der Suche nach einer neuen Marke? «Offenbar hat man nichts Besseres gefunden», so der ehemalige Magistrat. Die Parteileitung stehe aber mit Volldampf hinter dem Namenswechsel. Fellmann fehlen die Alternativen und Optionen. Mit den Werten Freiheit und Solidarität, für welche «Die Mitte» ebenfalls stehen soll, könne er sich identifizieren. Nur mit dem Namen nicht. Wichtig sei ihm auch der Einsatz für die Schwachen in der Gesellschaft.
Bei einem Nein fordert er Alternativen zu «Die Mitte»
Begründet wird die nötige Namensänderung mit den nicht berauschenden Wahlresultaten der CVP in den letzten Jahren. Das kann auch Fellmann nachvollziehen. «An den Wahlabenden kam immer wieder das ominöse Wort minus für die CVP, weil sie Sitze verloren hatte.» Trotzdem findet er, müsste man die Namensfrage nochmals überdenken. «Da ist die nationale Parteileitung in eine Ecke gesprungen, aus der sie nicht mehr herausfindet.» Wenn die Urabstimmung zu einem Nein führe, sei sie gezwungen, Alternativen zu finden.
Eine Prognose, wie die Urabstimmung bei den Luzerner CVP-Mitgliedern herauskommt, will Fellmann nicht wagen. «Doch mir fällt auf, dass unsere Kantonalleitung mit aller Kraft auf den neuen Namen setzt. Von ihr hätte ich etwas differenziertes Denken und Alternativen erwartet.» Die CVP ist faktisch trotz Verlusten in den letzten Jahren immer noch stark – und hätte den Namenswechsel zumindest in den Stammlanden wohl gar nicht nötig. Im Wahlkreis Willisau stellt sie aktuell 56 Männer und Frauen in den Gemeinderäten und im Kantonsrat ist sie mit 34 Sitzen von 120 die stärkste Fraktion. Dass die CVP in seiner Wohngemeinde in der neuen Legislatur gleich vier von fünf Gemeinderatssitzen innehat, findet Fellmann – wie manch andere Dagmerseller – aber dann doch etwas viel. «Auch wenn ich mit ihren politischen Zielen nichts anfangen kann, hätte die SVP demokratiepolitisch einen Sitz zugute», sagt er. Bisher habe es die SVP aber nie geschafft, eine wählbare Kandidatur zu präsentieren.
Die Christdemokraten hatten übrigens schon einmal einen Namenswechsel, an dem Klaus Fellmann beteiligt war. Anno 1970 tauften sich die Katholisch-Konservativen (ab 1957: Konservativ-Christlichsoziale Volkspartei) in Christlichdemokratische Volkspartei (CVP) um. Damals war er dafür. «Ich habe den Wechsel als 29-Jähriger voll mitgetragen und war als Delegierter an der Delegiertenversammlung im Verkehrshaus Luzern. Damals herrschte totale Aufbruchstimmung.» Diskussionen oder Gegenstimmen habe es praktisch keine gegeben.
«Katholisch» und «konservativ» seien stark besetzte Begriffe gewesen, die man nicht mehr wollte, weil sie Wähler ausschlossen. Abschliessend meint Fellmann, er beanstande nicht den Namenswechsel an sich, sondern, dass man auf «Die Mitte» aufgesprungen sei und keine Alternativen zulasse. Er hätte selber eine Idee, wie man die CVP nennen könnte: «Wenn ich bestimmen könnte, würde ich die Partei Centrumspartei – mit C statt Z – nennen.» Wenn die Urabstimmung negativ ausfällt, will er die Idee einbringen.