Neue Fotoausstellung in Reiden: In den USA lernte Roman Meyer das Grossformat lieben

27 Jahre, so lange ist es her, seit Roman Meyer seine erste Porträtserie von Reidern und Langnauern in Schwarz-Weiss geschossen hat. Mit einer Grossformatkamera, wie man sie aus alten Schwarz-Weiss-Filmen kennt. Für sich entdeckt hat der gebürtige Reider dieses Format in den USA, wo er in den 1980ern mehrere Jahre gelebt und gearbeitet hat – als Bäcker, nicht als Fotograf. Seit 1997 lebt Meyer in Polen. 

«Eigentlich wollte ich immer Fotograf lernen, aber in den 70ern gab es hier in der Gegend nur in Zofingen einen Fotografen, und der nahm keine Lehrlinge», erinnert sich Roman Meyer. So lernte er halt Bäcker, betrieb aber die Fotografie immer als Hobby daneben. Bei Auslandaufenthalten in London, später Los Angeles und San Francisco, konnte er neben der Arbeit Kurse an verschiedenen Colleges nehmen. 

«In der Schweiz ging das nicht, da machte man entweder das eine oder das andere», erzählt er und sieht in seinem Werdegang aber auch Vorteile. Denn so konnte er fotografieren, was er wirklich wollte, musste nicht sein Geld mit Produkt- oder Werbefotografie verdienen. «Mich interessieren die Menschen», sagt er und blickt zufrieden auf die verschiedenen Porträts, die kurz vor der Vernissage am gestrigten Samstag noch auf dem Boden aufs Aufhängen warteten. 

Mit der Grossformatkamera unterwegs

Die Ausstellung, für die Roman Meyer leerstehende Geschäftsräumlichkeiten an der Oberdorfstrasse 19 nutzen darf, ist thematisch auf die verschiedenen Räume verteilt. So zeigt er in einem Raum Bilder aus Reiden und der Schweiz, darunter die Schwarz-Weiss-Porträts seiner Bekannten, die er 1993 aufnahm und mit neuen Aufnahmen der damals Porträtierten ergänzt hat. 

In einem anderen Raum hängen farbige Bilder einer Indienreise. «Dafür habe ich eine Digitalkamera verwendet», erzählt Meyer, der sonst lieber mit analogen fotografischen Verfahren arbeitet, sei’s mit grossformatigen Negativen oder mit Verfahren wie der Ferrotypie, bei dem das Foto direkt auf einer Metallplatte entsteht. «Ich sitze nicht so gern stundenlang am Computer», erklärt er dazu. Lieber nimmt er sich die Zeit, um mit den Menschen, die er fotografiert, zu sprechen. «Mit der Grossformatkamera kommt man schnell mit den Menschen in Kontakt», fügt er an. Wie zum Beispiel mit dem Verkäufer in Timbuktu, in Mali, der gerade im Moment der Aufnahme die Augen schloss. «Das war nicht mit Absicht, aber es verleiht dem Bild beinahe etwas Meditatives», sagt Meyer. Oder mit der Wanderarbeiterin in Ladakh, wo Meyer für einen Film recherchierte. «Die Gruppe Männer im Hintergrund, die das Bild so schön ergänzen, die stehen eigentlich aus Ärger im Bild», erzählt er. «Sie konnten es kaum fassen, dass ich ausgerechnet die Frau als Sujet angefragt hatte.»

Zerbrochenes Geschirr in Polen – Spuren des Krieges

Ein Raum allerdings sticht heraus: Auf den grossen Bildern, die hier hängen, sind Objekte abgedruckt, keine Menschen wie sonst praktisch überall. Ein alter Schuh, eine Münze, zerbrochenes Porzellangeschirr. Wie passt das ins Bild des freischaffenden Fotografen und Filmemachers, der mit seiner Partnerin in Polen lebt? Meyer erklärt. Die Gegenstände sind Relikte des Zweiten Weltkriegs, gefunden im Garten seines Hauses im polnischen Szczecin (Stettin). «Unser Grundstück liegt auf einer einstigen Verteidigungslinie und als wir dort gebaut haben, kamen tatsächlich menschliche Knochen zum Vorschein.» Die Knochen, die später mit weiteren aus der Region beerdigt wurden, habe er nicht fotografiert, aus Respekt. Aber auch die halbzersetzten Schuhe oder das zerbrochene Sonntagsporzellan, das die ansässigen Familien vor der Flucht wohl vergraben hatten, erzählen von den Geschicken dieser Menschen. Und die Menschen und ihre Geschichten, die liegen Roman Meyer am Herzen. Das spürt man im Gespräch, aber man sieht es auch auf den Bildern.

Ausstellung Roman Meyer «Porträts 1993–2020», Oberdorfstrasse 19, jeweils samstags, 14–18 Uhr. Die Vernissage war gestern und die Finissage am 7. November.