
Neuer Aargau-Chef bei der Credit Suisse: «Wir werden die Aargauer Identität behalten»
Der Blick aus dem Sitzungszimmer am NAB-Hauptsitz in Aarau, wo Roberto Belci die AZ zum Gespräch empfängt, geht auf eine Baustelle hinaus. Das ist Zufall, und doch ein bisschen sinnbildlich: Dass die Neue Aargauer Bank verschwindet und zur Credit Suisse Aargau wird, ist ein grosser Umbau. Belci ist nicht der Architekt des Projekts, aber der Bauführer, der es umsetzen muss. «Ich würde nicht unter dem Gewicht durchlaufen, das am Kran hängt», sagt der neue Chef der CS Aargau. Auf den Kran steigen würde Belci mit der notwendigen Sicherung aber: «Respekt ist in jeder Situation nötig, doch Angst ist ein schlechter Begleiter», sagt er.
Am Dienstag letzter Woche wurde bekannt, dass es die Marke NAB künftig nicht mehr gibt. Seit wann wussten Sie von diesem Entscheid der CS-Führung? Und was hat es bei Ihnen ausgelöst, als Sie von den Plänen hörten?
Roberto Belci: Ich habe fünf Tage vor der öffentlichen Kommunikation erfahren, dass die CS plant, die NAB mit der CS zusammenzuführen und diese künftig als Credit Suisse Aargau führen will. Ich war überrascht über diesen Entscheid, denn ich hätte nicht damit gerechnet. Es war im ersten Moment eine Enttäuschung für mich, weil wir gerade dabei waren, die NAB weiterzuentwickeln. Ich bin seit 21 Jahren bei der NAB, deshalb hat mich dieser Entscheid betroffen gemacht.
Andererseits ist das Ende der NAB für Sie mit einem beruflichen Aufstieg verbunden, Sie werden künftig die Credit Suisse Aargau leiten. Was überwiegt bei Ihnen: die Freude über die eigene Beförderung, oder das Bedauern über das Verschwinden der NAB?
Ich habe in den letzten Jahren die NAB mitgeprägt, für mich gibt es zu dieser Bank eine Beziehung, wie zu einem Menschen. Einerseits bedaure ich natürlich den Entscheid, dass die Marke NAB verschwindet, andererseits sehe ich auch die Chancen der Zusammenführung, die den Kunden zugutekommen werden. Zugleich ist das Angebot, dass ich die Credit Suisse Aargau leiten darf, ein grosser Vertrauensbeweis. Meine neue Rolle gehe ich mit dem nötigen Respekt an. Es ist schön, dieses Vertrauen zu spüren, dass ich als bisheriges Geschäftsleitungsmitglied der Neuen Aargauer Bank diese Führungsaufgabe übernehmen darf.
Schon früher gab es Bestrebungen der CS-Führung, die NAB vollständig zu integrieren. Damals wehrte sich der Verwaltungsrat offenbar erfolgreich – warum ist das diesmal nicht gelungen?
Ich bin nicht Mitglied des Verwaltungsrats, insofern kann ich nichts dazu sagen, Fakt ist aber: Die NAB gehört der Credit Suisse und diese kann die Strategie jederzeit anpassen und Synergien nutzen. Natürlich kam der Entscheid für viele sehr überraschend. Andererseits war die NAB für die CS so etwas wie eine kleine Tochter. Künftig sind wir als Credit Suisse Aargau die drittgrösste Region innerhalb der CS Schweiz und spielen eine wichtige Rolle für die Bank. Das bringt neue Chancen mit sich, auch für unsere Kundinnen und Kunden.
Sie sind gebürtiger Aargauer und seit zehn Jahren in der Geschäftsleitung. Nun übernehmen Sie die CS im Aargau – hätten Sie nicht lieber dereinst die NAB als CEO geführt?
Ich hätte beides gern gemacht, denn ich bin ein Mensch, der gerne etwas entwickelt und voranbringt. Ich möchte die Credit Suisse Aargau zu etwas Besonderem machen, sie soll innerhalb der CS-Gruppe zum Massstab werden, wenn es um die Regionalität und regionale Verankerung geht. Mit meinem Team, mit Robin Wasser als KMU-Leiter, weiteren regional verankerten Führungspersonen und Beraterinnen und Beratern bringen wir die Voraussetzungen dafür mit. Wir wollen auch weiterhin zu den Besten gehören, das sollen auch unsere Kunden spüren und davon sollen sie profitieren.
Dennoch geht die NAB als Marke verloren, der ehemalige CS-Chef Oswald Grübel bezeichnete dies in der AZ als grossen Fehler. Was würden Sie ihm entgegnen?
Grundsätzlich respektiere ich die Meinung von Oswald Grübel. Im Gegensatz zu früher haben sich die Strategien in den letzten Jahren immer mehr angenähert. Mit der Zusammenführung können wir auf den Stärken beider Organisationen aufbauen. Die NAB ist sich Veränderung gewohnt und hat sie stark gemacht. So haben wir früher selber viele Regionalbanken integriert. In den vergangenen 25 Jahren haben wir eine starke Identität geschaffen, die Menschen fühlen sich mit der NAB stark verbunden. Das hat uns stark gemacht und diese Identität werden wir auch als CS Aargau behalten.
Ist das nicht etwas gar optimistisch, schliesslich gab es in den letzten Tagen zahlreiche kritische Reaktionen, weil die NAB verschwindet?
Ich habe keine Angst vor Veränderungen, ich bin ein zuversichtlicher Mensch und konzentriere mich immer auf das Positive. Es ist sinnvoller, die Energie für die Chancen einzusetzen, die sich eröffnen. Ich habe aber grossen Respekt vor der Aufgabe und nehme das Gelernte der Vergangenheit mit in die zukünftige Organisation.
Trotzdem: Der Name NAB verschwindet, es werden 14 Geschäftsstellen geschlossen. Wissen Sie schon, welche Filialen gestrichen werden? Und wann erfahren dies die Mitarbeiter und Kunden?
Wir sind derzeit daran, die Mitarbeitenden der Filialen zu informieren. Ich besuche alle Filialen und teile den Mitarbeitenden vor Ort persönlich mit, wie es weitergeht. Zudem spreche ich auch mit den Gemeindeammännern der betroffenen Orte. Wir werden zu einem späteren Zeitpunkt über das künftige Filialnetz orientieren, zusammen mit der Information über die Führungsmannschaft der Credit Suisse Aargau.
«Wir werden alles daransetzen unsere Kundinnen und Kunden zu überzeugen, dass sie bei uns bleiben» Roberto Belci
© Britta Gut
Wie viel CS steckt heute schon in der NAB drin? Und wie viel NAB bleibt künftig erhalten, wenn es die Marke nicht mehr gibt?
Man kann das mit einem Formel-1-Auto vergleichen: Der Motor, zum Beispiel die ganze Informatik, das Onlinebanking, aber auch die Abwicklung von Transaktionen, kommt von der CS. Das Chassis und die Piloten waren bisher NAB und werden neu CS. Entscheidend sind bei uns die Beraterinnen und Berater – das wären in der Formel 1 die Fahrer – und das sind weiterhin Aargauerinnen und Aargauer. Im Banking sind die einzelnen Berater und deren Qualität absolut zentral.
Der ehemalige Grossrat Wolfgang Schibler aus Buchs sagte bei Tele M1, wenn seine Filiale geschlossen und sein Berater nicht weiterbeschäftigt werde, wechsle er die Bank. Was tun Sie, damit dies nicht passiert?
Ich werde Herrn Schibler anrufen und ihm sagen, dass ich seine Reaktion verstehe und seine Entscheidung respektiere. Wenn er unsere Bank verlässt, würde ich das natürlich bedauern. Ich werde Herrn Schibler bitten, uns eine Chance zu geben – denn wir sind weiterhin eine sehr gute Bank mit regional verankerten Mitarbeitern, die wissen, wie das Bankgeschäft funktioniert. Wir werden alles daransetzen, nicht nur alt Grossrat Schibler, sondern alle unsere Kundinnen und Kunden zu überzeugen, dass sie bei uns bleiben.
Seit der Ankündigung der CS, dass die Marke NAB verschwindet, wirbt die Konkurrenz um Kunden und Mitarbeiter – droht ein Verlust der besten Kunden und der besten Bankberater?
Nein, das glaube ich nicht. Ich bin beeindruckt, wie unsere Mitarbeitenden bisher reagiert haben: Gleich nach der Ankündigung der CS haben sie von sich aus begonnen, ihre Kunden anzurufen. Sie haben ihnen erklärt, dass wir weiter hervorragende Dienstleistungen anbieten und Beraterinnen und Berater aus der Region beschäftigen werden.
Trotzdem gibt es einige Kunden, die jetzt der NAB den Rücken kehren. Oswald Grübel befürchtet gar, dass die NAB jeden zweiten Kunden verlieren könnte. Ist diese Befürchtung berechtigt?
Mir tut jeder Kunde weh, der unsere Bank verlässt. Wer Kunde bei einer Bank ist, legt hier sein Geld an und schenkt der Bank sein Vertrauen. Wenn der Kunde – ob klein oder gross – zu einer anderen Bank wechselt, dann bedaure ich dies sehr. Es ist aber nicht so, dass wir viele Kunden verlieren. Viele bleiben bei uns, warten die weitere Entwicklung ab und sprechen uns ihr Vertrauen aus. Darum: Nein, ich teile diese Befürchtung nicht.
Wie sieht denn Ihre Annahme aus, wie viele Kunden wird die NAB verlieren, weil sie in der CS aufgeht?
Natürlich hatten wir negative Reaktionen, aber das hat sich in den letzten Tagen wieder etwas beruhigt. Es gab viele positive Reaktionen, ich habe Mails und Schreiben von Leuten erhalten, die mir Mut zusprachen. Wir stellen uns der Herausforderung, das Gespräch mit unserer Kundschaft zu suchen und sie zu informieren.
Kurt Schmid, der Präsident des Aargauischen Gewerbeverbandes, hat den Entscheid der CS als Ohrfeige für die Aargauer KMU bezeichnet. Was antworten Sie ihm?
Grundsätzlich mag ich Leute, die eine klare Meinung haben und diese auch äussern, insofern kann ich mit der Aussage von Kurt Schmid leben. Ich werde mit ihm essen gehen und sicher eine angeregte Diskussion führen. Der Aargauische Gewerbeverband ist für uns ein wichtiger und starker Partner, deshalb möchten wir den Neujahrsapéro und den KMU-Anlass unbedingt weiterführen. Die Nähe zu den KMU ist für uns sehr wichtig, das wird ein Kernpunkt sein, auch für die Credit Suisse Aargau.
Sie wollen weiterhin auf regionale Verankerung setzen mit der Credit Suisse Aargau. Wie geht es weiter mit den Engagements bei Sportvereinen, Wirtschaftsanlässen oder Kulturveranstaltungen?
Klar ist: Die bestehenden Verträge im Sponsoringbereich werden per 1. Dezember von der NAB auf die Credit Suisse Aargau übertragen und weitergeführt. Künftig wird also bei einem Fussballklub CS statt NAB auf dem Trikot stehen, oder bei einer Kulturveranstaltung Credit Suisse als Partner im Programm auftauchen. Und grundsätzliche wollen wir auch Partnerschaften verlängern, wo die Verträge auslaufen. Wie immer schauen wir uns das von Fall zu Fall an.
Und was passiert mit dem NAB Award, wird es den Aargauer des Jahres künftig noch geben?
Das ist noch nicht definitiv entschieden, hier laufen noch Gespräche.
Weg vom Banker, hin zur Person Roberto Belci: Wie würden Sie sich selbst beschreiben, was zeichnet Sie aus?
Ich bin ein Optimist, konzentriere mich auf das Positive, kann Menschen gut motivieren und ihnen Wege oder Visionen aufzeigen – und ich bin ein unkomplizierter Mensch.
Wie erholen Sie sich vom anstrengenden Arbeitsalltag?
Ich spiele gern Tennis und Golf, im Winter gehe ich auch gern Skifahren. Ausserdem reise ich gerne, mag ein gutes Glas Wein, koche gern und ich habe eine Barista-Ausbildung. Jeden Morgen bereite ich einen feinen Cappuccino für mich zu, mit einem Muster oder einer Figur im Schaum, das ist mein Start in den Tag.
Hatten Sie als Kind ein Sparschweinchen, und haben Sie das fleissig gefüttert – oder lieber Geld für Süssigkeiten und anderes ausgegeben?
Ich hatte ein Sparschwein, und ich habe mich immer gefreut, wenn es geklimpert hat, als ich es schüttelte. Es gefiel mir, wenn das Sparschwein voll war und ich habe das Geld darin gern gezählt. Und ich habe mir davon oft Süssigkeiten gekauft und das auch genossen.
Was haben Sie mit Ihrem ersten Geld gemacht, das Sie in der Lehre verdienten?
Ich habe eine Lehre im Versicherungsbereich gemacht. Mit meinem ersten Geld habe ich mir eine Stereoanlage gekauft. Ich höre viel italienische Musik, mein Favorit ist Jovanotti.