SP Reiden zur Abschaffung der SBB-Tageskarten: «Sparen am falschen Ort»

Die Gemeinde Reiden hat den Verkauf der günstigen SBB-Tageskarten per Ende Juni eingestellt. Andere Gemeinden taten dies schon früher. Es ist eine Sparmassnahme. Der Gemeinderat hat diese aufgrund der Corona-Krise beschlossen, hiess es in einer kurzen Mitteilung im letzten Reider Magazin. «Ob im kommenden Jahr wieder Tageskarten angeboten werden, bleibt offen.» Im Frühjahr hatte die Gemeinde bereits den Verkaufspreis von 43 auf 46 Franken pro Karte erhöht. Begründet wurde dies mit der rückläufigen Auslastung.

Gegen die Sparmassnahme regt sich jetzt Widerstand. Die SP Reiden hat am Montag einen Offenen Brief an den Gemeindepräsidenten und die Gemeinderäte verschickt. «Für uns ist dieser Entscheid nur schwer nachzuvollziehen», schreibt die Partei. «Mit dieser Dienstleistung erhalten Einwohner, unter anderem auch jene, welche ihren Alltag mit kleinem Budget bewältigen müssen, die Möglichkeit Ausflüge und schöne Momente zu erleben.» Ebenfalls werde ein Beitrag an den Umweltschutz geleistet. Die Einstellung des Verkaufs zum jetzigen Zeitpunkt sende ein falsches Signal aus, findet die SP. «Die Weiterführung des Angebotes wäre ein klares Zeichen zur Förderung von Ausflügen in der Schweiz.»

Laut der SP ist die Auslastung der Tageskarten gut. «Im Jahr 2019 wurden 82,3 Prozent aller Tageskarten verkauft», heisst es im Brief, «damit wurde der im Finanz- und Aufgabenplan angestrebte Zielwert von 80 Prozent wie schon im Vorjahr übertroffen.» Lukas Brunner vom SP-Vorstand verweist zur Quelle auf Recherchen seiner Parteikollegen. «Wir denken, dass die Tageskarten gut genutzt werden», sagt er. 

Zahlen zur Auslastung stimmen, aber …

Die von der SP präsentierten Zahlen zur Auslastung sind korrekt. Von Gemeindeseite weist man aber auf Verluste hin. «Berechnet auf der Auslastung von rund 82 Prozent betrug der Verlust im Jahr 2019 rund 2500 Franken», sagt Gemeindeschreiber-Substitut Daniel Loosli. «Der Arbeitsaufwand ist in diesem Betrag nicht eingerechnet.» Eine Tageskarte mit 365 vordatierten Karten kostet laut Loosli pro Jahr 14 000 Franken. Somit entstehen der Gemeinde bei zwei Karten Kosten von 28 000 Franken im Jahr. «Aufgrund der Corona-Krise wird der Verlust im Jahr 2020 massiv höher ausfallen, da die SBB keine Rückerstattungen für nicht benutzte Karten gewähren», erklärt der Substitut. Im Gegenzug hat die Gemeinde bereits verkaufte Karten vollumfänglich zurückerstattet. 

Die SP hat zwar Verständnis, dass die finanzielle Situation der Gemeinde Reiden angespannt ist und seit März wohl ein Verlustgeschäft resultiert. «Hier wurde jedoch am falschen Ort gespart. Gemäss der Gemeindestrategie ist die Förderung der Nutzung des öffentlichen Verkehrs nicht zuletzt auch ein strategisches Ziel Reidens», sagt Lukas Brunner. Die SP Reiden bittet den Gemeinderat um eine ausführliche Stellungnahme und regt an, den Schritt nochmals zu überdenken.

«Wir haben den Brief der SP entgegengenommen und werden ihn sicher beantworten», sagt der zuständige Gemeinderat Willi Zürcher dazu. Coronabedingt sei der Absatz der Karten total eingebrochen. «2019 lag die Auslastung bei 82 Prozent, 2020 wird sie aber ziemlich sicher unter 50 Prozent liegen», so Zürcher. Da die Gemeinde die Karten im voraus bezahlen müsse – «ob wir sie verkaufen oder nicht», habe der Gemeinderat jetzt einen Marschhalt beschlossen. «Wenn das öV-Verhalten der Bevölkerung sich nach Corona wieder ändert, können wir die Sache neu diskutieren», so der Vizepräsident des Gemeinderats.