Folgt auf den Corona-Lockdown ein Schock-Rekord-Horror-Hitzesommer?

Der Sommer 2020 wird in Europa ein weiterer Hitze­sommer werden. Davor ­warnen weltweit mehrere Wetterdienste. Beschert uns die Sommerhitze nach dem ­Corona-Lockdown eine zweite Extremsituation in diesem Jahr oder handelt es sich um reine Panikmache? Um diese Frage zu beantworten, gilt es den Gründen für diese Voraus­sagen auf den Grund zu gehen.

Der nationale britische Wetterdienst Met Office sagte für das Jahr 2020 einen weltweiten Temperaturüberschuss von 1,11 Grad voraus. Ein deutscher Meteorologe nahm diese Studie auf und veröffentlichte auf YouTube ein Video mit dem höchst reisserischen Titel: «Schockprognose: 2020 mit neuer Rekordhitze!». Diese Überschrift ist irreführend. Erstens möchte er bei seinem Publikum den Eindruck er­wecken, dass spezifisch Deutschland von den heissen Temperaturen betroffen sein wird, obwohl sich die Berechnungen auf die weltweite Temperatur beziehen. Zweitens können Temperatur­überschüsse auch im Winter, Frühling und Herbst entstehen, ohne dass es in Mitteleuropa dabei zu Hitzewellen kommt.

Horrorprognosen für Resonanz

Auch der private amerikanische Wetterdienst «AccuWea­ther» warnt vor einem extremen Sommer in Mitteleuropa. Auf der Iberischen Halbinsel soll es zu Waldbränden kommen, in der Schweiz und in Osteuropa heiss und trocken sein und Frankreich sowie Deutschland könnten von schweren Unwettern heim­gesucht werden.

Zwar sind diese Szenarien nicht gänzlich aus der Luft gegriffen, jedoch handelt es sich lediglich um Tendenzen. So stehen die Chancen für einen zu warmen Sommer im Schweizer Mittelland gemäss Meteo Schweiz bei ungefähr 45 Prozent, bei 35 Prozent für einen durchschnittlichen Sommer und bei 20 Prozent für einen zu kühlen Sommer. In Stein gemeisselt ist da also noch gar nichts. Private Wetterdienste neigen jedoch des Öfteren dazu, solche Prognosen als praktisch sicher und mit dramatisierenden Worten zu vermarkten, um dann in den Medien zitiert zu werden. Für die Vermarktung ihrer Wetter-Apps für das Smartphone ist eine solche Resonanz natürlich Gold wert, während die Boulevardzeitungen solche Schock-Meldungen dankbar aufnehmen.

Hitze-Massnahmen überdenken

Jedoch warnen nicht nur private Wetterbüros, sondern gar die Weltwetterorganisation WMO der Vereinten Nationen in Genf vor einem Hitzesommer 2020. Dabei geht es aber nicht darum, dass dieser viel extremer werden soll als in den letzten Jahren. Vielmehr sorgt sich die WMO, weil viele Massnahmen im Umgang
mit der Hitze wegen der ­Corona-Krise nicht mehr umsetzbar seien. So habe man bisher den besonders gefährdeten, älteren Menschen empfohlen, bei überhitzten Wohnungen gekühlte Einkaufszentren aufzusuchen. Nun müssten sie zuhause bleiben. Zudem könnten sich Spitäler weniger gut auf Patienten mit Hitzschlag einstellen, weil diese Corona-Patienten behandeln müssten.

Fazit: Eine länger andauernde Hitzewelle in diesem Sommer ist gut möglich, aber trotz panischer Prognosen in den Boulevardmedien längst nicht sicher. Dass es Tage mit Temperaturen um 30 Grad oder darüber geben wird, ist sehr wahrscheinlich und auch nicht aussergewöhnlich.

In den nächsten 14 Tagen wird dies aber kaum der Fall sein. Ab dem kommenden Wochenende erwarten uns gemäss aktuellen Vorhersagen kühle und nasse Verhältnisse.