
Bundesrat will nicht bremsen: Nein zu Tempo 60 ausserorts
Der Bundesrat will die «heilige Kuh» nicht schlachten. So hatte die Zürcher Nationalrätin Marionna Schlatter (Grüne) Tempo 80 ausserorts genannt. Sie wollte, dass auf Nebenstrassen – bei denen der Mittelstreifen fehlt – künftig generell Tempo 60 gilt. Schlatter erhoffte sich davon weniger Unfälle, geringeren Lärm und und einen tieferen Treibstoffverbrauch. Und sie argumentierte in ihrem Vorstoss vorab mit Sicherheitsbedenken bei hohem Tempo: «Die zulässige Höchstgeschwindigkeit stimmt nicht mit der Infrastruktur vor Ort überein.»
Als der Vorstoss im Nationalrat eingereicht war, gingen die Drehzahlen bei den Autofreunden sofort in den roten Bereich. Walter Wobmann (SVP) sprach von einer «rot-grüne Schnapsidee», die es zu bekämpfen gelte. Auch glaubte er, dass Marionna Schlatter die Sicherheit nur vorschiebt: «Es geht ihr darum, die Autofahrer zu schikanieren», so der betont motorfreundliche Solothurner Nationalrat. Aber auch die Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU) schätzt das Potenzial, mit tieferen Tempolimiten auf Ausserortsstrassen ohne Mittelstreifen viele Unfälle zu vermeiden, als «eher gering» ein.
Kantone können Tempo heute schon senken
Und nun mag auch der Bundesrat nicht auf die Bremse stehen, wie er in seiner Antwort auf Marionna Schlatters Motion schreibt. «Ausserorts ereignen sich die Mehrzahl der Unfälle auf Haupt- und nicht auf Nebenstrassen». Daher sieht der Bundesrat «keinen Handlungsbedarf für eine generelle Reduktion der Höchstgeschwindigkeit». Bereits heute könnten die kantonalen Behörden im Einzelfall ausserorts das Tempo auf 60 Stundenkilometer reduzieren. Dies, «um damit beispielsweise die Velofahrenden und zu Fuss Gehenden besser zu schützen.»
Das ist unter anderem in Einsiedeln bereits passiert. Dort hat der Bezirksrat vor zwei Jahren beschlossen, auf einem längeren Abschnitt – ohne Mittelstreifen – rund um Sihlsee die Tempolimite von 80 auf 60 km/h herunterzuschrauben. Der Protest liess allerdings nicht lange auf sich warten. Ein Rekurs gegen diese Temporeduktion wurde von der Schwyzer Regierung jedoch abgewiesen.
Der Vorstoss von Marionna Schlatter zu generellem Tempo 60 auf Mittelstreifen-freien Strassen kommt nun ins Parlament. (mg/kä)