
Die Macht(losigkeit) der Eisheiligen

Pankratius, Servatius, Bonifatius und Sophia heissen die vier Eisheiligen. Besser bekannt ist Sophia unter dem Namen «Kalte Sophie». Während dieser Tage vom 12. bis zum 15. Mai soll es nochmals richtig kalt werden können, sagt man. Und tatsächlich: Pünktlich zum heutigen Pankratiustag sorgte eine Kaltfront auf der Alpennordseite für einen markanten Temperatursturz.
Doch haben die Eisheiligen tatsächlich die Macht, unser Wetter zu beeinflussen oder handelt es sich dabei eher um einen Mythos? Letzteres behauptet die Seite kachelmannwetter.com des Meteorologen Jörg Kachelmann. Als Beweis legt sie Temperaturaufzeichnungen mehrerer deutscher Wetterstationen seit 1950 vor, die belegen, dass es während dieser Tage nicht überdurchschnittlich viele Luft- oder Bodenfrostereignisse gab als an anderen Daten im Mai.
Während Eisheiligen eher kühl
Interessant wird es aber dann, wenn wir den Begriff «Eisheilige» nicht ganz so wortwörtlich nehmen. Zwischen den Jahren 1982 und 2012 betrug die durchschnittliche Höchsttemperatur eines Maitages in Olten 17,8 Grad. Betrachtet man die vier Eisheiligentage der letzten zehn Jahre, so sieht man, dass 24 der 40 Tage eine Höchsttemperatur von unter diesem Wert aufwiesen. Im Durchschnitt betrugen die Höchstwerte lediglich 16,9 Grad. Auf den ersten Blick sind diese Werte nur leicht unterdurchschnittlich, was auch reiner Zufall bedeuten kann.
Trotzdem: Mit 2010, 2012, 2014, 2016, 2018 und 2019 fielen die Tage vom 12. bis zum 15. Mai gleich in sechs von zehn Jahren unterdurchschnittlich warm aus. Und dies in einer Zeit, in der die zu kühlen Perioden immer seltener werden. So war beispielsweise der vergangene April der elfte Monat in Folge, der zu warm ausfiel!
Eisheilige sind heute bedeutungslos
Doch auch wenn dieser Trend zu kühlerem Wetter während dieser Tage in den letzten zehn Jahren tatsächlich besteht, hat dies nichts mit den Eisheiligen in ihrer ursprünglichen Bedeutung zu tun. Diese waren für die Bauern im Mittelalter von zentraler Bedeutung. So stellten sie die Regel auf, dass das milde Frühlingswetter erst nach der Kalten Sophie am 15. Mai stabil würde. Dieser Anhaltspunkt war wichtig, zumal Frost eine Saat gänzlich zu vernichten vermag. Aber auch wenn an der Bauernregel etwas dran gewesen ist, so stammt sie noch aus der Zeit des julianischen Kalenders. Mit dem heute geltenden gregorianischen Kalender wären die Eisheiligen erst zehn Tage später. Und tatsächlich gibt es Statistiken, welche ein erhöhtes Vorkommen von Kälteeinbrüchen in Mitteleuropa vom 21. bis zum 23. Mai nachweisen!
Die heutigen Eisheiligen vom 12. bis zum 15. Mai dienen hingegen mehr den Journalisten als Lieferanten für launige Schlagzeilen. Und Büne Huber von Patent Ochsner für seine Songtexte: «Das isch die chauti Sophie, wo da vorder Türe steit. Wär weiss, ob die je wider geit. Leg di warm ah».