
Vermieter verlieren Kräftemessen im Nationalrat und hoffen nun auf Ständerat
«Finden wir in dieser Frage keine Lösung, wird es zu Tausenden Konkursen kommen», betonte Jacqueline Badran (SP/ZH) im Namen der Kommission. Konkret verlangt der Vorstoss, dass geschlossene Betriebe nur 30 Prozent des Mietzinses schulden – und zwar solange bis sie wiedereröffnen können. Gleichzeitig soll ein Härtefallfonds für Vermieter in der Höhe von 20 Millionen Franken geschaffen werden.
Der vorliegende Vorschlag sei fair und ausgewogen und schaffe Rechtssicherheit für alle Beteiligten, erklärte Badran weiter. Er bewahre 10’000 kleine und mittlere Betriebe vor der Konkurs- und Schuldenfalle, decke aber auch die Kosten der Vermieter. Anders sahen das die SVP und Teile der bürgerlichen Parteien. Der Vorstoss sei völlig undurchdacht, kritisierte etwa Thomas Matter (SVP/ZH). «Es sitzen doch alle im gleichen Boot. Warum soll der Vermieter 70 Prozent der Kosten tragen?»
Intensives Lobbying hinter den Kulissen
Trotz dieser Bedenken entschied sich der Nationalrat mit 103 zu 77 Stimmen bei 15 Enthaltungen für die Motion. Damit nimmt das Parlament das Zepter in die Hand. Der Bundesrat hat es bisher abgelehnt, in das Verhältnis zwischen Mietern und Vermietern einzugreifen. Dafür wurde er von vielen Seiten kritisiert.
Die grosse Kammer widerstand auch dem massiven Lobbying der Immobilienbranche und den Vermietern. Der Hauseigentümerverband (HEV) hatte im Vorfeld den Vorschlag als willkürlich und einseitig kritisiert. Erfolgreich geweibelt hat dagegen eine breite Allianz aus Mieter-, Gastro und Geschäftsmieter-Verbänden. Am Montagabend hatte sie die Arbeitsgruppe des Bundes wegen dessen «unverständlicher Passivität» unter Protest verlassen.
Widerstand zeichnet sich im Ständerat ab
Ob der Nationalrat mit seiner Forderung in der kleinen Kammer durchdringt, ist fraglich. Die ständerätliche Wirtschaftskommission stellte sich bereits dagegen. Sie argumentiert, eine Pauschallösung sei angesichts der sehr unterschiedlichen Finanzkraft der Mieter keine Option.
Am Montag hat der Ständerat sich relativ knapp für einen weniger weitgehenden Vorstoss ausgesprochen, wonach betroffenen Kleinunternehmen und Selbständigerwerbenden die Miete für zwei Monate erlassen werden soll. Voraussetzung ist, dass die monatliche Bruttomiete nicht 5000 Franken übersteigt.
Für Mieten ist ein Anreizsystem vorgesehen, das die Verständigung zwischen Vermieter und Mieter fördert. Einigen sich beide Parteien, die geschuldete Miete auf einen Drittel zu reduzieren, soll der Bund während zwei Monaten ein weiteres Drittel übernehmen, maximal aber für einen Betrag von 3000 Franken.
Räte auf Konfrontationskurs
Für den Nationalrat ist das keine Option. Er lehnte die Motion des Ständerates stillschweigend ab. Damit ist diese vom Tisch. Es gebe keine Rechtfertigung, warum der Staat einen Teil der Miete übernehmen müsse, sagte Kommissionssprecherin Badran.
Nun droht eine Pattsituation. Lehnt nämlich der Ständerat den Mieterlass von 70 Prozent ab, steht das Parlament mit leeren Händen dar. Damit würde auch eine Lösung für das Gewerbe wieder in weite Ferne rücken.