Schweizer Pasta-Papst im Hörnli-Hoch: «Wir produzieren drei Mal so viel wie sonst!»

«Mehr geht gar nicht», sagt Beat Grüter. Er ist Inhaber der Pasta Premium AG, der grössten, unabhängigen Teigwaren-Fabrik der Schweiz mit Sitz in Frauenfeld TG. Grösser ist nur die Migros, die ihre eigenen Hörnli und Spaghetti bei der Industrietochter Jowa herstellen lässt. «Wir produzieren derzeit so viel wie noch nie, Tag und Nacht, ohne Unterbruch», sagt Grüter.

Pasta Premium, die für ihre Marken wie Bschüssig, Ami, la Chinoise oder Ernst bekannt ist und alle grossen Detailhändler hierzulande zu ihren Kunden zählt, spürt die grosse Nachfrage nach lang haltbaren Lebensmitteln und die Hamsterkäufe in den Supermärkten. «Momentan produzieren wir drei Mal so viel Teigwaren wie sonst», sagt Grüter. Allein vergangene Woche sei der Umsatz so gross gewesen wie in vier Wochen zusammengerechnet.

Spezialitäten-Teigwaren bleiben derzeit auf der Strecke. «Gefragt sind vor allem die Klassiker: Hörnli, Spiralen, Macaronen, Nudeln und Spaghetti», sagt Grüter. Seine Maschinen könnten theoretisch sogar noch mehr herstellen. Das Problem sind jedoch die Verpackungsfolien, die ausgegangen sind. Früher habe man diese in der Schweiz eingekauft. «Doch in den letzten Jahren forderten die Händler immer günstigere Einkaufspreise, also mussten wir ebenfalls günstigere Lieferanten suchen.» Seither bezieht Grüter die Folien aus dem Ausland.

Das Problem zu Ostern

Ein weiteres Problem ist die Verfügbarkeit an Schweizer Eiern, von denen Pasta Premium jährlich 500 Tonnen verarbeitet «Zur Osterzeit wollen viele Konsumenten Schweizer Eier, das verteuert für uns den Eier-Einkauf», sagt Grüter.

Das grosse Auftragsvolumen sei mit dem bestehenden Personal von rund 45 Angestellten nach wie vor machbar, «auch wenn wir sicher am Limit arbeiten.» Während einzelne Detailhändler derzeit sogar das Zehnfache der üblichen Menge bestellen, sind die Verkäufe in die Gastronomie hingegen zum Erliegen gekommen. «Es hat ja gar kein Restaurant mehr offen», sagt Grüter.

Noch beträgt das Plus aus dem Detailhandel deutlich mehr als das Minus in der Gastronomie. Nur: Grüter traut dem Boom nicht. «Bei uns im Fabrikladen sind die Hamsterkäufe bereits wieder zurückgegangen.» Er könne sich vorstellen, dass bei vielen Leuten die Panik gewichen sei, da die Regale immer wieder gefüllt würden. «Und dann kann es natürlich sein, dass in den nächsten Monaten die Bestellungen ausbleiben, weil alle noch Teigwaren zu Hause gelagert haben.»

Gehen die Hamsterkäufe weiter?

Zeichen für ein vorläufiges Ende der Panik-Käufe gibt es auch in Deutschland. So sagte eine Sprecherin des Bundesverbandes des Deutschen Lebensmittelhandels diese Woche: «Wir stellen fest, dass sich die Regale wieder mehr und mehr füllen.» Diese Beobachtung gelte auch bei zuletzt besonders stark nachgefragten Produkten wie Nudeln oder Reis.

Coop hatte bis Ende 2014 wie die Migros eine eigene Teigwaren-Fabrik, Pasta Gala in Morges VD. Seither stammen die Coop-Teigwaren der Eigenmarke zum grossen Teil aus Italien oder Frankreich – laut Branchenkennern mindestens 20 Prozent billiger. Preisvorteile erhält Coop auch dank der Einkaufsgemeinschaft Agecore. Coop begründete damals die Schliessung mit veralteten Produktionsanlagen, die grosse Investitionen erfordert hätten.

Fragt sich, wie lange der Warenverkehr aus dem Ausland weiter funktioniert im Zuge der Corona-Krise, oder ob es für Schweizer Importeure bald heisst: Basta Pasta! Denn in Italien kämpfen die Bauern inzwischen mit einem Mangel an Erntehelfern (CH Media berichtete). Laut dem italienischen Landwirtschaftsverband haben viele Saisonarbeiter aus Rumänien, Bulgarien und Polen für die Erntezeit abgesagt. Die rund 37‘000 Saisonniers bewältigen in der Regel über einen Viertel der Arbeitsstunden.

Laut Beat Grüter, der auch die Branchenvereinigung Swiss Pasta präsidiert, konsumieren Schweizer pro Kopf jährlich rund 9 Kilo Teigwaren, wie Erhebungen vor knapp acht Jahren gezeigt hätten. Neuere Zahlen sind beim Verband nicht erhältlich.