
«Pfadi Trotz Allem»: Aus dem Alltag ausbrechen und Kind sein
Die Natur erleben, gemeinsam Lieder singen und einfach nur Kind sein: Für viele junge Menschen mit Beeinträchtigung sind solche Erlebnisse alles andere als selbstverständlich. Um genauer zu sein waren es im Jahr 2017 laut dem Bundesamt für Statistik rund 10 000 Kinder mit einer schweren Behinderung. Rund 44 000 weitere waren mit einer leichteren Behinderung konfrontiert.
Davon erleben etwa 20 Kinder die eingangs beschriebene Situation mindestens einmal im Monat, wenn sie sich als Mitglieder der Pfadi Trotz Allem (PTA) Baden treffen. Mit dabei ist auch Dan Schilter aus Zofingen. Der 19-jährige PTA-Leiter befindet sich zurzeit in seinem Abschlussjahr als Fachmann Betreuung im Bereich Behinderte in der Stiftung AZB in Strengelbach und hat seine Abschlussarbeit genau diesem Thema gewidmet. «Viele wissen nicht, wie man mit den Kindern umgehen soll. Mit meiner Arbeit möchte ich die PTA bekannter machen und für das Thema sensibilisieren», sagt Schilter.
Integration ist das oberste Ziel für die Zukunft
Viele hätten das Gefühl, dass sie der Umgang mit solchen Menschen überfordere und dass sie die Fähigkeiten dazu nicht hätten. «Das meiste lernt man aber mit der Zeit, man kann nichts falsch machen.» Für seine Arbeit erhielt er die Bestnote. «Das war ein zusätzlicher Motivationsschub für mich.» Die PTA Baden ist eine von insgesamt 26 PTA-Abteilungen in der Schweiz.
«Pyro», wie Dan Schilter in der Pfadi genannt wird, kam im Dezember 2018 zur Pfadi Zofingen, nachdem er zehn Jahre in der Jungwacht Blauring Zofingen aktiv war. Bald darauf wollte er wissen, ob es möglich sei, ein beeinträchtigtes Kind in der Pfadi Zofingen zu integrieren. «Weil ziemlich viele der Leiter in keinem sozialen Beruf arbeiteten, liess man es bleiben», so Schilter. Nachdem seine Stufenleiterin ihn auf die PTA Baden aufmerksam gemacht hatte, trat er im Juni 2019 bei. Seit er davon gehört habe, wusste er, dass er dort mitmachen wolle. «Jeder hat das Recht, ein echtes Pfadierlebnis zu erleben.» Mit seinen 19 Jahren ist Dan Schilter der Jüngste unter den 15 Leiterinnen und Leitern der PTA Baden. «Grundsätzlich sind die Leiter in den PTAs älter als diejenigen aus den normalen Pfadisektionen, weil sie ein höheres Menschenverständnis mitbringen sollten.»
Leiter in der Pfadi Trotz Allem in Baden zu sein, bedeute ihm ziemlich viel. «Wir schauen nicht darauf, was den Kindern fehlt, sondern was sie mitbringen. So entsteht immer wieder ein tolles Programm», sagt Schilter. Gerne denkt er an seine erste Aktivität als PTA-Leiter zurück, als sie einen Schiffsausflug auf dem Hallwilersee unternahmen. «Die Kinder hatten so viel Spass. Ihre Behinderung trat für einen Moment in den Hintergrund und sie konnten aus dem Alltag ausbrechen.» Das nächste Highlight wartet bereits: Das Sommerlager, das die PTA Baden gemeinsam mit der Pfadi Brugg durchführt. Vor ein paar Wochen habe man sich zum ersten Mal getroffen. «Das war eine Art Test fürs Sommerlager, und es funktionierte super», so Schilter. Auch nächstes Jahr hat die PTA Baden etwas Grosses vor, nämlich den Besuch des zweiwöchigen Bundeslagers im Goms. «Man erwartet über 550 Abteilungen», schwärmt der 19-Jährige. Auch die PTA Baden wird für eine Woche ins Wallis ziehen.
Die Integration von beeinträchtigten Kindern in normale Pfadiabteilungen ist auch ein Thema, mit dem sich Schilter in seiner Abschlussarbeit beschäftigt. «Ich finde, es gibt keine Nachteile bei einer Integration.» Natürlich müsste man das Programm anpassen und bei Bedarf die beiden Gruppen trennen. Aber: «Die gesunden Kinder merken schnell, dass auch diejenigen mit Behinderung ganz normal sind.» Dan Schilter hat sich zum Ziel gesetzt, in Zofingen die erste PTA-Sektion aufzubauen. Dies sei in zwei bis drei Jahren realisierbar, nachdem er seiner Militärpflicht nachgekommen und die Ausbildung zum Sozialpädagogen und Berufsschullehrer realisiert habe. Bis dahin hat er ein grosses Ziel: «Die PTA sollte jeder Mensch kennen.»