
Kampfwahl ums Gemeindepräsidium in Reiden: «Ich will eine Auswahl anbieten»
In Reiden kommt es am 29. März zu Kampfwahlen ums Gemeindepräsidium. Die Interessengemeinschaft für eine überparteiliche Gemeindepolitik (IG Reiden) empfiehlt eine Frau als Kandidatin für das Amt, Evi Gasser-Mangold (53) aus Langnau.
Die IG schwingt zum Wahlkampfauftakt den verbalen Zweihänder: Sie hat ein Communiqué mit happigen Vorwürfen an Gemeindepräsident Hans Kunz (CVP) verschickt, der wieder antritt. Unterschrieben ist es vom IG-Kommunikationschef Markus Schwander, der vor drei Jahren ebenfalls als Gemeindepräsident kandidierte. Es war eher knapp: Kunz gewann 2017 mit 1039 Stimmen, Schwander holte 816 Stimmen.
«Autokratische Leitung»
Der Hauptvorwurf der IG Reiden lautet, Kunz regiere wie ein Autokrat. «In Reiden sprechen viele Indizien dafür, dass unsere Behörden von der autokratischen Leitung des derzeitigen Gemeindepräsidenten ihren Aufgaben kaum mehr gerecht werden können», heisst es. Ein Autokrat ist ein Selbstherrscher, der unkontrolliert politische Macht ausübt. Die Rede ist auch von wiederholten Rügen des Regierungsrats für undemokratisches Verhalten und «chaotische Gemeindeversammlungen». «Weil die Führung nicht funktioniert, braucht der Gemeinderat eine teure Mediation», schreibt die IG weiter.
Hans Kunz: «Das ist die Sicht der Opposition»
Was meint der Gemeindepräsident zu den Vorwürfen? «Dass ich der IG Reiden nicht genehm bin, weiss ich schon seit der Wahl vor bald drei Jahren», sagt Hans Kunz auf Anfrage. Zu den einzelnen Vorwürfen der IG will er sich nicht äussern. «Das ist die Sicht der politischen Opposition.» Er könne es nicht allen recht machen und versuche das auch nicht, betont der Gemeindepräsident. «Ich habe eine Linie und die ziehe ich durch. Bisher erhielt ich – ausser von der IG – nur positive Rückmeldungen zu meiner Amtsausübung.»
Kandidatin Evi Gasser ihrerseits sagt zum Communiqué: «Das ist die unmissverständliche Sprache der IG Reiden. Ich hätte es etwas moderater formuliert. Zum Inhalt stehe ich aber.» Vieles sei in den letzten Jahren nicht so gelaufen wie es sollte, sagt Gasser. «Seit Hans Kunz Gemeindepräsident ist, wird offensichtlich, dass das Zwischenmenschliche im Gemeinderat nicht mehr stimmt.» Sie störe sich daran, wie er mit anderen umgehe. Vor allem, wenn sie anderer Meinung seien.
Gasser will der Bevölkerung mit ihrer Kandidatur eine Auswahl geben. Sie wolle als Gemeindepräsidentin die Zusammenarbeit im Gemeinderat verbessern und die politischen Kräfte in Reiden einen. «Sie sollten nicht nur an einem Strick ziehen, sondern auch in die gleiche Richtung», sagt die Kandidatin. Ihre Kernanliegen seien «eine weitsichtige, nicht von Partikularinteressen geleitete Ortsplanung», eine «transparente und ehrliche Kommunikation» sowie «der sorgsame, verantwortungsvolle Umgang mit Steuergeldern.»
Gasser wohnt seit 24 Jahren mit ihrer Familie in Langnau und möchte einen Beitrag zu einer erfolgreichen Gemeindeentwicklung leisten. «Meine drei Kinder sind erwachsen und meine Pflegetochter kommt im Sommer aus der Lehre. Ich hätte die notwendige Zeit und das Interesse, um dieses Amt auszuüben», sagt die vierfache Grossmutter.
Wortführerin gegen die Umzonung der Sägerei
Sie hat auf der Gemeindeverwaltung Neuenhof (AG), wo sie aufgewachsen ist, die Ausbildung gemacht und später auf einer Gemeindeverwaltung gearbeitet. Heute ist sie Familienfrau und Bäuerin und führt in Langnau einen Pferdestall mit Landwirtschaft. Sie ist ausserdem Kassiererin im Vorstand der Unterhaltsgenossenschaft Langnau und im Vorstand der ehemaligen Käsereigenossenschaft Langnau.
Politisch ist Gasser noch ein unbeschriebenes Blatt. Sie besucht aber regelmässig die Gemeindeversammlungen und ist seit der Gründung Mitglied der IG Reiden. An einer Gemeindeversammlung ist sie bisher einmal in Erscheinung getreten: Im Juni 2019 setzte sie sich gegen die Teilrevision des Zonenplans im Gebiet Langnau ein. Konkret war sie dagegen, die stillgelegte Sägerei in Langnau in eine Arbeitszone umzuzonen. «Eine solche ‹Industriezone› passte nicht mitten in unser kleines Dorf.» Die Arbeitszone wurde damals abgelehnt.