«Reduktion auf Mann oder Frau ist nicht angebracht»: So will Marco Hardmeier Regierungsrat werden

Hardmeier war als Grossratspräsident der König der Stichentscheide

Marco Hardmeier präsidierte die SP Aargau von 2006 bis 2014. In dieser Zeit fanden zwei Grossratswahlen statt. 2009 verlor die SP deutlich. Sie kam damals noch auf 15,7 Prozent, 2012 dann gar nur noch auf 15,2 Prozent Wähleranteil. 2016 schnellte sie wieder auf 18,9 Prozent hoch. Erfolgreich verliefen in Hardmeiers Zeit dafür die Nationalratswahlen.

Die SP verteidigte damals ihre drei Sitze zweimal, verlor den dritten erst 2015. 2019 holte sie ihn sich zurück. In seine Zeit (2011) fiel mit Pascale Bruderer der seit über 60 Jahren erstmalige Gewinn eines Ständeratsmandats für die SP. Hardmeier präsidiert derzeit die Konferenz Aargauischer Staatspersonalverbände, im Grossen Rat die Geschäftsprüfungskommission.

Besonders gern und oft konnte er 2016 als Grossratspräsident Stichentscheide fällen, sechs an der Zahl – ein Allzeitrekord. Der wohl wichtigste Entscheid betraf das Kinderbetreuungsgesetz. Hardmeiers Stimme verhalf ihm zur Mehrheit. Das Volk sagte an der Urne danach ebenfalls Ja. Seine Stimme verhalf auch der Begrenzung des Pendlerabzugs in erster Lesung zur Mehrheit. Auch dies hiessen die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger an der Urne gut.

Einst präsidierte er die SP Aargau und den Grossen Rat – und jetzt kandidiert Marco Hardmeier (43, Aarau) für die Nachfolge des im Herbst nicht mehr antretenden SP-Regierungsrats Urs Hofmann. Dies hat er seiner Kantons- und seiner Bezirkspartei mitgeteilt, so Hardmeier. Sein Mann, der Zürcher Nationalrat Angelo Barrile, sei einverstanden, «wenn ich ein zweites Mal Ja sage», sagt Hardmeier schmunzelnd gegenüber der AZ.

Spielte dabei eine Rolle, dass Barrile derzeit für das Vizepräsidium der SP Schweiz kandidiert? «Wir haben miteinander gesprochen», sagt Hardmeier. Aufgrund ihres beiderseitigen beruflichen und politischen Engagements hätten sein Mann und er heute schon einen engen Terminplan. Das sei ihnen bewusst.

Nun hat sich Hardmeier «nach vielen ausserordentlich positiv verlaufenen Gesprächen hochmotiviert entschieden», sich bei seiner Partei um die Nachfolge von Urs Hofmann und somit als Regierungsratskandidat zu bewerben. Er sagt: «Ja, ich will.» Doch weshalb?

Er fühle sich mit seiner politischen, beruflichen und persönlichen Erfahrung wirklich gut gerüstet, sagt der Schulleiter. Und er fühle sich im richtigen Alter, die Herausforderung anzunehmen. Er sei eingebettet und tief verwurzelt in seiner politischen Heimat, der SP, und auch im Kanton Aargau, wo der im luzernischen Horw aufgewachsene Politiker seit bald 20 Jahren wohnt.

Marco Hardmeier sagt, er könne offen auf andere Menschen zugehen, zuhören und politische Kompromisse finden. «Ich werde weit über die Parteigrenzen hinweg respektiert. Gemeinsam mit meiner Partei möchte ich den SP-Sitz in der Aargauer Regierung verteidigen», sagt Hardmeier.

Mann oder Frau? – «Ich kämpfe täglich für die Gleichstellung»

Aber ist jetzt nicht Zeit für eine Regierungsrätin, nachdem die Regierung derzeit ein reines Männergremium ist, und im Herbst nur ein Sitz frei wird? «Neben vielen anderen ur-sozialdemokratischen Anliegen ist die Gleichstellung eines der wichtigsten Elemente meines persönlichen Wertekanons», antwortet Hardmeier.

Dies auch deshalb, weil er sich nach wie vor regelmässig mit verdeckter oder offener Homophobie beschäftigen «dürfe». Den zutiefst sozialdemokratischen Wert der tatsächlichen Gleichstellung aller Menschen betrachte er «als zentralstes Element unserer gemeinsamen Werte». Dies hält er im Motivationsschreiben an seine Partei fest.

Gleichstellung betreffe alle Menschen: unabhängig von ihrem biologischen Geschlecht, ihrer Geschlechtsidentität und ihrer sexuellen Orientierung, von Rollenbildern, ihrer Herkunft, ihrem Alter, ihrem sozioökonomischen Background, ihrer Religion und von physiologischen oder psychischen Gegebenheiten, betont Hardmeier, und sagt abschliessend: «Ich kämpfe täglich für die Gleichstellung. Ohne Plakatkampagnen und markige Sprüche in Medien und im Internet.»

Rechnet sich Hardmeier eine Chance aus, nominiert zu werden?

Aber rechnet er sich als Mann in der jetzigen Situation mit fünf Regierungsräten eine Chance aus, nominiert und in den Wahlkampf geschickt zu werden? «Ja, ich rechne mir grosse Chancen aus», sagt er. Er werde immer wieder von Frauen – auch aus der Partei selbst – darauf angesprochen: «Sie reden mir zu, anzutreten.

Die Reduktion eines Wahlkampfs auf die Frage Mann oder Frau ist nicht angebracht.» Wir stünden vor grossen Herausforderungen mit neuen Berufen und Industrien, die ökologische Krise sei eine weltweite Herausforderung, sagt Hardmeier.

Von Berufs wegen ist er in der Bildungspolitik daheim, auch die Gesundheitspolitik sei ihm aufgrund des Berufes und Politengagements seines Mannes – Angelo Barrile ist Hausarzt – nicht fremd. Er stehe für einen starken Staat, sei «gegen Steuergeschenke für Reiche» und gegen Verkaufsgelüste für staatliche Anstalten, listet er auf.

Besteht eine Präferenz für ein bestimmtes Departement?

Sollte er nominiert und gewählt werden, welches Departement würde ihm am meisten zusagen? «Falls ich von meiner Partei nominiert und dann vom Volk gewählt würde, entscheidet darüber der Regierungsrat», antwortet Hardmeier, und weiter: «Ich nehme das Departement, das ich bekomme. Ich habe keine Präferenz, bewerbe mich ja auch nicht um ein Departement, sondern als Mitglied des Regierungsrats.»