
Migros-Gerüchteküche: Drohen dem orangen Riesen rote Zahlen – und wird sogar das Glattzentrum verkauft?
Die Migros kommt nicht zur Ruhe. Meldungen zu Gewinneinbrüchen, Stellenabbau in der Zentrale, juristische Streitereien mit Regionalfürsten, Verkauf von Traditionsgeschäften und durchleuchtete Kader-Handys sorgen für turbulente Zeiten beim Detailhandelsriesen. Konzernchef Fabrice Zumbrunnen und seine Präsidentin Ursula Nold sind gefordert. So prophezeite Nold im Dezember vor Journalisten, dass 2019 kein erfolgreiches Jahr werden würde. Tatsächlich könnte es ein historisch schlechtes gewesen sein – das munkeln zumindest manche Migros-Insider. Sogar rote Zahlen seien möglich. Etwas, was es in der jüngeren Geschichte von Duttweilers Konzern nicht gab. Ob die Migros überhaupt schon jemals rote Zahlen geschrieben hat, beantwortet die Medienstelle nicht.
Die Befürchtung kommt nicht von ungefähr. 2018 erzielte die Migros einen Gewinn von 475 Millionen Franken – 5,5 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Im vergangenen Jahr gab Zumbrunnen den Verkauf der Einrichtungsketten Depot und Interio sowie des Warenhauses Globus bekannt. Doch gemäss Medienberichten verlief der Ausverkauf bisher alles andere als berauschend. So gab Zumbrunnen denn auch Ende Jahr bekannt, dass der Depot-Verkauf einen Abschreiber von 400 Millionen Franken verursachen wird. Das sind nicht viel weniger als der Gewinn aus dem Vorjahr. Zudem ist bekannt, dass 2019 für die hiesigen Detailhändler anspruchsvoll war.
Wie die «Sonntagszeitung» kürzlich berichtete, liegen die Umsätze im Kerngeschäft, also jene der Super- und Fachmärkte, bis Dezember kumuliert 1,4 Prozent im Minus. Sie machen den Hauptteil des Gesamtumsatzes aus. Nur die Migros Genossenschaft Zürich konnte ganz leicht zulegen. Die Genossenschaften Genf und Neuenburg-Freiburg verloren gar über 3 Prozent. Kommt hinzu, dass die Migros bei 1500 besonders beliebten Produkten die Preise gesenkt hat. Doch wie Nold im Dezember eingestehen musste, ist diese Botschaft noch nicht bei allen Kunden angekommen. Heisst: Sie liefern vorerst weniger Umsatz. Währenddessen legen die Discounter zu.
Migros spricht von «reiner Spekulation»
Manche Migros-Leute wappnen sich für die rote Hiobsbotschaft, andere wollen nicht daran glauben: «Das kann ich mir nicht vorstellen. Im operativen Geschäft schreibt die Migros nicht rot, wenn, dann wäre ein Verlust nur mit zusätzlichen Abschreibern möglich.» Es frage sich, wie sehr Migros-Chef Zumbrunnen – seit zwei Jahren im Amt – mit seiner Tabula-Rasa-Strategie weitermachen will, um den Migros-Tanker agiler und fitter zu machen.
Die Migros sagt auf Anfrage, man werde die konsolidierten Migros-Umsätze demnächst kommunizieren, und an der Bilanz-Medienkonferenz Mitte März werde man umfassend zum Geschäftsgang und Ergebnis informieren. Die Befürchtung mancher Migros-Leute, dass am Schluss ein Verlust resultieren könnte, bezeichnet ein Sprecher als reine Spekulation: «Von der Umsatzentwicklung einzelner Genossenschaften auf das Ergebnis der ganzen Migros-Gruppe zu schliessen, wäre äusserst unseriös.»
Das ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass es in der Gerüchteküche weiter brodelt. So soll gar das Tafelsilber im Immobilienportfolio zur Debatte stellen. «Die Migros will das Glattzentrum verkaufen», sagt ein Insider. Und ein anderer, ranghoher Migros-Mann sagt: «Dieses Gerücht kursiert neuerdings in der Immobilienbranche, und diese ist gewöhnlich gut informiert.» Beim Glattzentrum selber heisst es dazu: No comment.
«Ein Verkauf würde mich nicht überraschen»
Mit einer Verkaufsfläche von rund 43000 Quadratmetern ist das «Glatt» am Rande von Zürich das fünftgrösste Shoppingcenter der Schweiz. Beim Gesamtumsatz und Umsatz pro Quadratmeter hat das «Glatt» laut dem Marktforscher Gfk die Nase aber deutlich vorn. Die schwierige Marktlage ging allerdings auch am Branchenleader nicht spurlos vorbei. Zwischen 2010 und 2018 ist der Umsatz von 669 Millionen Franken auf 598 Millionen Franken gesunken.
«Ein Verkauf würde mich nicht überraschen» «Die Mieter stehen auch beim Glatt nicht mehr Schlange», sagt ein bekannter Migros-Manager. «Ein Verkauf würde mich nicht überraschen, vor allem in Zusammenhang mit Globus.» Als die Migros 1997 die Kette übernahm, gehörten zum Deal auch lukrative Globus-Liegenschaften, wie das Haus an der Bahnhofstrasse sowie das «Glatt» mit seinen vielen Parkplätzen. Der Kaufpreis betrug 700 Millionen Franken.
In den nächsten Wochen wird dem Vernehmen nach ein Käufer für Globus kommuniziert. Die österreichische Signa-Gruppe soll bisher das höchste Angebot abgegeben haben, deutlich mehr auch als Investoren rund um den amtierenden Globus-Chef Thomas Herbert. Die Migros sagt zu den Glattzentrum-Gerüchten, dass man das Portfolio laufend analysiere. «Das gilt selbstverständlich auch für Immobilien.» Verkaufsentscheide seien keine gefällt worden, «sonst hätten wir das kommuniziert.»