
Eine ambitionierte junge Wilibergerin kämpft für ihre Werte
Sie gehörte zu den jüngsten Personen in der Region, die in diesem Jahr eine Ansprache an einer kommunalen Bundesfeier gehalten haben: Saïmaa Müller aus Wiliberg. Sie sprach vom Frauenstimmrecht, Klimawandel und von der Toleranz gegenüber Mitmenschen. Die Festrede der 18-Jährigen kam gut an im Dorf. «Viele gratulierten mir. Sogar einer, der nicht meiner Meinung war, fand die Rede gut», berichtet die Kantischülerin.
Dass sie politisch interessiert ist, sieht man an der «Ehe für alle»-Umhängetasche, die sie trägt. Ihre Determiniertheit kommt nicht von ungefähr: Gespräche über Politik mit ihren Eltern und drei älteren Brüdern am Abendtisch lehrten sie, kritisch zu hinterfragen. Vor zwei Jahren trat sie der Juso bei. Und seit einem Dreivierteljahr ist sie Mitglied der SP.
Neben ihrem politischen Engagement übt sich die junge Wilibergerin in mittelalterlicher Fechtkunst (Hema). Diese unterscheidet sich vom herkömmlichen Fechten darin, dass man das Schwert mit beiden Händen hält. Der Verein «Die Baskerhunde» aus der Region fechtet seit einigen Jahren jeden Dienstagabend in der Turnhalle von Wiliberg. «Als ich das mitbekam, dachte ich mir: Wieso trittst du nicht einfach bei?», erzählt Müller. Sie sei zwar noch Amateurin, würde aber gerne mal an der Schweizer Hema-Meisterschaft antreten.
Sie sitzt im Vorstand des kantonalen Jugendparlaments
Die junge Wilibergerin mit finnischem Vornamen bezeichnet das Leben in ihrem Dorf als familiär und naturnah. Da sie noch nicht Auto fährt und das Dorf nicht an das öffentliche Verkehrsnetz angeschlossen ist, besitzt sie ein E-Bike. «Meistens unternehme ich in Schöftland etwas mit meinen Freunden», sagt sie. Dort geht sie seit zwölf Jahren in die Pfadi, wo sie aktuell als Stufenleiterin für Sieben- bis Zehnjährige verantwortlich ist.
Wie vermag es Müller, all dies unter einen Hut zu bringen? «Das Gute dabei ist, dass ich bei beiden Parteien entscheiden kann, wann ich woran teilnehme – es besteht keine Verpflichtung. Manchmal besuche ich Workshops oder Diskussionsabende, manchmal helfe ich bei einer Kampagne oder nehme an einer Demo-Aktion teil.» Einzig Einsätze im kantonalen Jugendparlament müsse sie wahrnehmen, denn dort sitzt sie auch noch im Vorstand. Freizeit habe sie aber trotz alledem.
Müller ist politisch links. In ihrer Gemeinde stimmten hingegen 70 Prozent der Stimmberechtigten gegen das CO2-Gesetz, 79 Prozent gegen die Trinkwasserinitiative und sogar 81 Prozent sagten Nein zum Pestizidverbot. Stimmt es sie nicht missmutig, dass die Mehrheit ihres Dorfes eine gegenüber ihrer so gegensätzliche Meinung hat? «Das ermutigt mich weiterzumachen», antwortet sie prompt.
Im Dorf selbst ist Saïmaa Müller politisch nicht aktiv, aber sie habe Transparente an ihr Fenster geklebt, die von ihren Überzeugungen zeugten. Zur Ablehnung des CO2-Gesetzes sagt sie: «Es ist schade, dass die Schweiz mit ihrem Wohlstand nicht mal bereit ist, einen kleinen Preis zu bezahlen, um einen ersten Schritt in die richtige Richtung zu machen.» Zur Flüchtlingspolitik – auch im Hinblick auf die aktuellen Ereignisse in Afghanistan – sagt sie: «Jeder Mensch hat das Recht auf ein sicheres Zuhause. Die Schweiz als Wohlstandsland soll Verantwortung zeigen und Flüchtende aufnehmen.»
Sie wird in zwei Jahren ihre Matura machen
Es verwundert nicht, dass Müller bereits mehrmals an Klimademos teilgenommen hat – letztmals vor zwei Jahren in Aarau. «Die Klimastreiks sind immer sehr schön, weil man mit vielen jungen Leuten in Kontakt kommt, die ein gemeinsames Ziel haben: eine Veränderung zu bewirken», erzählt Müller.
Momentan besucht sie die Neue Kantonsschule Aarau. Und was kommt danach? Sie spielt mit dem Gedanken, Internationale Beziehungen und Politikwissenschaften zu studieren. «Ich kann mir vorstellen, als Diplomatin oder in einem Hilfswerk zu arbeiten», sagt sie. Definitiv entschieden hat sie sich noch nicht. Dafür hat sie noch Zeit, denn ihre Matura wird sie erst in zwei Jahren machen.