Vorzeige-Einsprecher wirft das Handtuch: Albert Rüetschi gibt Kampf gegen Stadion auf

In den letzten vier Wochen gab es viele positive Nachrichten zum Stadion-Projekt. Und einen, der mit seiner juristischen Kriegserklärung nervte: Albert Rüetschi machte sich am Tag, an dem die Aarauer die beiden Stadion-Vorlagen mit je 60 Prozent Ja genehmigten, zum Vorzeige-Einsprecher.

Jetzt gibt er auf: «Zum Schutz meiner Familie, meines Arbeitgebers und meines Privatlebens habe ich mich entschlossen, mich per sofort aus dem Vorstand des Vereins Torfeld Süd zurück zu ziehen und werde mich persönlich in Zukunft an keinen juristischen oder medialen Massnahmen gegen das Projekt beteiligen.»

In der Rolle als Anwohner

Er musste in den letzten Wochen und Tagen viel einstecken. Offensichtlich viel mehr, als die Öffentlichkeit mitbekommen hat – und das war schon einiges. Am Montag distanzierten sich seine Parteifreunde von ihm. Die Grünen erklärten im Einwohnerrat:

«Unsere Fraktion und der Vorstand der Grünen Aarau möchten euch hier und heute mitteilen, dass es sich dabei um eine absolut private Aktion dieses Mitglieds in seiner Rolle als Anwohner handelt.» Und: «Wir als Fraktion und Partei tragen dieses Vorgehen auf dem Rechtsweg in keiner Art und Weise mit!»

 

Für Albert Rüetschi (52) rächte sich bitter, dass er sich am Tag der beiden Stadionvolksabstimmungen zum Vorzeige-Einsprecher gemacht hatte, indem er in seiner Funktion als Präsident des Vereins Torfeld Süd erklärte: «Wir gehen davon aus, dass wir das Projekt mit Sicherheit juristisch bodigen werden – und möglicherweise hört die Gegenseite ja schon vorher auf.»

Wichtigstes Mandat ist der Einsitz im Zewo-Stiftungsrat

Albert Rüetschi ist nicht irgendwer. Politisch ist er erster Ersatz auf der Einwohnerratsliste der Grünen Aarau. Und als Präsident des Vereins Torfeld Süd repräsentierte er die Einwendungen gegen die «Teiländerung der Nutzungsplanung Torfeld Süd, Stadion 2017» und gegen den entsprechenden Gestaltungsplan. Diese sind unterzeichnet von 52 respektive 157 Anwohnern des Quartiers, in dem das Stadion und die vier Hochhäuser entstehen sollen.

Beruflich hat Albert Rüetschi eine beachtliche Karriere gemacht. Er arbeitet seit September 2004 auf der Sicherheitsdirektion des Kantons Zug.

«Keine juristischen oder medialen Massnahmen mehr»

Davor war er angestellt vom Baudepartement des Kantons Aargau. Rüetschis vielleicht wichtigstes Mandat ist der Sitz im Stiftungsrat der Zewo, die mit ihrem Gütesiegel Hilfswerke zertifiziert, was von Spendern sehr geschätzt wird.

Rüetschi hat dieses Amt als Vertreter der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (Präsident ist der FCA-Fan, Landammann Urs Hofmann). Im Stiftungsrat mit dabei ist auch alt Ständerätin Christine Egerszegi.

All seine Funktionen scheinen sich schlecht mit seinem Image als Vorzeige-Einsprecher vertragen zu haben. Jedenfalls liess Albert Rüetschi gestern durch einen Anwalt eine Medienerklärung verbreiten.

Der Inhalt im Wortlaut:

«In den letzten Tagen bin ich von den Medien zum ‹Vorzeige-Einsprecher› gegen das Stadion Aarau emporstilisiert worden. Dabei wurde intensiv über meine familiären und beruflichen Verhältnisse berichtet und dabei meiner Meinung nach in meine Privatsphäre eingegriffen. Sowohl ich, meine Familie wie auch meine Partei und mein Arbeitgeber sind dadurch unter massiven Druck gekommen. Das geht mir zu weit. Ich werde privat weiterhin ein Gegner des Projekts Torfeld Süd bleiben. Zum Schutz meiner Familie, meines Arbeitgebers und meines Privatlebens habe ich mich aber entschlossen, mich per sofort aus dem Vorstand des Vereins Torfeld Süd zurückzuziehen und werde mich persönlich in Zukunft an keinen juristischen oder medialen Massnahmen gegen das Projekt beteiligen.»