Prämienverbilligung: Jetzt geht die Aargauer SP vor Gericht

Mit seiner Sparpolitik als Folge einer verunglückten Steuerpolitik hat der Kanton Luzern unlängst ein Bundesgerichtsurteil mit grossen Folgen provoziert. Luzern musste die Mittel für individuelle Prämienverbilligungen (IPV) deutlich erhöhen. Das hatte auch im Aargau Folgen.

Die Regierung stockte die Mittel für Prämienverbilligungen auf. Man sei überzeugt, das Prozessrisiko wäre auch ohne Aufstockung gering, argumentierte sie.

Gesamthaft 330 Millionen Franken für Prämienverbilligung

Gleichwohl beantragte sie dem Grossen Rat, die ursprünglich vorgesehenen kantonalen Mittel für die Vergünstigung für das Jahr 2019 um 10,2 und für 2020 um 4 Millionen Franken zu erhöhen. Konkret sollte der Anteil des Kantons allein für 2019 neu 106,2 und für 2020 neu 116 Millionen Franken betragen.

Inklusive Bundesanteil sollten damit für 2019 insgesamt 330,1 und für 2020 insgesamt 347,6 Millionen Franken an individuellen Prämienverbilligungen ausgeschüttet werden. Ihr Antrag berücksichtige die Auslegung des Bundesgerichts zur Prämienverbilligung für Familien, lasse aber die weiterhin herausfordernde finanzielle Situation des Kantons nicht ausser Acht, argumentierte die Regierung.

Dieser Antrag setzte sich in der Grossratsdebatte vom 25. Juni durch. Die SP wollte allerdings für 2019 60 und für 2020 sogar 66 Millionen Franken mehr Kantonsgelder aufwenden. Sie scheiterte damit im Rat.

Gestern kam es dort bei der Behandlung einer schon im März eingereichten SP-Motion für mehr Prämienverbilligungen zum erneuten Showdown. Dabei zeigte sich: Die Argumente und die politischen Lager sind dieselben wie am 25. Juni, das Ergebnis war also vorhersehbar.

SP: Ja, der Rat hat die Mittel aufgestockt, aber viel zu wenig

Für die SP argumentierte Jürg Knuchel, man fordere lediglich die Einhaltung der bundesgerichtlichen Vorgaben, wenn die SP mehr IPV-Mittel will, als der Grossen Rat am 25. Juni gesprochen hat. Dabei seien Personen und Familien des Mittelstandes angemessen zu berücksichtigen, zitierte Knuchel aus dem Gesetz.

Es stimme, dass der Rat die Mittel kürzlich aufgestockt habe. Mehrere Personengruppen seien dabei aber nicht berücksichtigt worden. Falls man sich nicht auf minimale Mittel einigen könne, brauche es halt Vorgaben des Bundesgerichts, winkte Knuchel mit dem Zaunpfahl. Sonst wäre die SP bereit, den Rechtsweg zu beschreiten. Vermeiden könne man das mit der Motion.

FDP: Wo will die SP die vier Steuerprozente herholen?

Damit kam die SP insbesondere bei der FDP schlecht an. Sie kritisierte die SP in einer Fraktionserklärung scharf. Wie die SP Luzern reiche die SP Aargau eine Klage gegen den Kanton ein, sagte FDP-Fraktionschefin Sabina Freiermuth. Das seit 2017 gültige Prämienverbilligungssystem habe Einführungsschwierigkeiten gehabt, räumte sie ein: «Der Anfang missglückte – auch da sind wir uns alle einig.»

Mit der im Juni beschlossenen Anpassung der Gesamthöhe habe der Grosse Rat aber bewiesen, dass er ein lernfähiges System sei. Der Regierungsrat könne das Gesetz nun ordnungsgemäss umsetzen.

Für Freiermuth ist unverständlich, dass die SP zusätzliche 60 Millionen Franken forderte. Sie fragte an die Adresse der SP: «Wo wollen Sie diese vier Steuerprozente wieder hereinholen? Etwa, bei jenen, welche die Prämienverbilligungen eh schon mit ihren Steuern bezahlen?» Der Bau- und Gesundheitsdirektor Stephan Attiger trat überzeugend auf. Man merkte nicht, dass er erst seit kurzem und nur interimistisch Gesundheitsdirektor ist.

Er sagte, die Kantone hätten bei den Prämienverbilligungen einen Ermessensspielraum. Die Regierung sei der Auffassung, dass man mit den erfolgten Anpassungen das Bundesrecht erfülle. Er wollte die Motion entgegennehmen, sie aber (als erfüllt) abschreiben. In der Abstimmung folgten ihm die Bürgerlichen wie schon am 25. Juni. Diesmal mit 83 : 45.

Jetzt bleibt der SP nur noch der Gang vor Gericht. Wie sie das anstellen will, wird sie übermorgen Freitag an einer Medienkonferenz darlegen.