Glühwürmchen – Ein mystisch-magisches Sommererlebnis

Mein Erstes Mal

In unserer Sommerserie wagen sich Redaktorinnen und Redaktoren an Dinge heran, die sie schon lange einmal ausprobieren wollten. Heute sieht Lilly-Anne Brugger ihr erstes Glühwürmchen.

Glühwürmchen, mystische Insekten, die die Sommernacht mit ihrem Leuchten verzaubern. Und ich habe noch nie eines gesehen. Das will ich heute ändern und das erste Mal in meinem Leben Glühwürmchen beobachten. Schliesslich ist das Glühwürmchen von ProNatura zum Tier des Jahres ernannt worden. Für eine laue Sommernacht im Juli verabrede ich mich also mit Adrian Wullschleger. Er ist Leiter des Werkhofs Vordemwald und Präsident des Naturschutzvereins Vordemwald. Als Glühwürmchen-Experte bezeichnet er sich nicht – auf meine Fragen hat er aber immer eine Antwort bereit. Das Erste, was ich an diesem Abend lerne: Das Glühwürmchen ist kein Wurm, sondern ein Käfer. Und es fliegt nicht, sondern es sitzt im Gebüsch auf einem Ast und leuchtet – zumindest das Weibchen.

Lotzwil, Frohburg oder Vordemwald

Für unsere Glühwürmchen-Expedition fahren wir nach Lotzwil. Dort hat Mitte Juni eine Exkursion des Vereins Lebendiges Rottal stattgefunden. Fünf oder sechs Glühwürmchen hätten sie damals beobachten können, erzählt Adrian Wullschleger. Er selber geht gerne auf die Frohburg, um die Leuchtkäfer zu beobachten. Ein Kontrollgang am Tag zuvor hat aber gezeigt, dass es dort noch keine Glühwürmchen gibt. So fahren wir also nach Lotzwil. Während der Fahrt erzählt mir Adrian Wullschleger, dass er früher, als Kind, mit seinem Vater auch am Waldrand von Vordemwald und Brittnau Glühwürmchen gesehen hat.

Als wir in Lotzwil ankommen, ist es noch hell. Wir schnappen uns unsere Fotoausrüstungen und laufen einige Meter durchs Dorf. Adrian Wullschleger zeigt mir, wo wir später auf die leuchtenden Insekten zu treffen hoffen: Es sind Gärten, die an einem kleinen Quartiersträsschen liegen. Zur Strasse hin hat es Hecken, kleine Sträucher und Rasenflächen. Unter einer Hecke ist ein Rascheln zu hören und ein Igel streckt seine Schnauze hervor. Als er uns sieht, versteckt er sich wieder und überquert die Strasse erst, als wir weiterlaufen. Igel und Glühwürmchen haben einen ähnlichen Speiseplan: Schnecken. Die Glühwürmchenlarve frisst Schnecken aller Art – und verputzt die Beutetiere, die meistens grösser sind als sie selbst, innerhalb eines Tages. Das ausgewachsene Glühwürmchen frisst dann nichts mehr.

Erstes Glühwürmchen sitzt im Gebüsch

In der Zwischenzeit hat die Dämmerung eingesetzt und ich bin gespannt, wann ich mein erstes Glühwürmchens sehen werde. Adrian Wullschleger schaut in die Büsche der Vorgärten. «Da ist das erste», sagt er und zeigt auf einen grünen Leuchtpunkt. Ich schaue genauer hin und entdecke einen etwa zwei Zentimeter grossen Käfer, der an der Schwanzspitze grün leuchtet. Wir laufen weiter und ich schaue angestrengt ins Gebüsch. Ob ich auch ein Glühwürmchen entdecken werde? In einem Garten mit höherem Gras ist es so weit: Adrian Wullschleger zeigt mir einen Lichtpunkt – und ich entdecke unweit davon drei weitere. Hier sitzen die Tiere teilweise unter Blättern versteckt. Nur ihr Leuchten hat sie verraten, das sogar die Blätter durchdringt. Wir versuchen die Tiere mit dem Fotoapparat festzuhalten. Gar nicht so einfach. Mit meiner Ausrüstung ist die Ausbeute bescheiden. Adrian Wullschleger ist erfolgreicher, schliesslich hat er Übung in Naturfotografie. Daher stammt das Bild oben auf der Seite auch von ihm. Allerdings hat er es an einem anderen Tag aufgenommen. In Lotzwil waren die Glühwürmchen nicht fotogen.

Die Glühwürmchen leuchten nicht zur Belustigung der Menschen, sie locken damit die Männchen an. Diese können fliegen und halten in der Paarungszeit Ausschau nach den Weibchen und ihren Leuchtpunkten. «Daher ist es wichtig, dass wir etwas gegen Lichtverschmutzung tun. Ist es zu hell, finden die Männchen die Weibchen nicht», erklärt mir Adrian Wullschleger. Wie erfolgreich die Glühwürmchen in Lotzwil leuchten, weiss ich nicht. Während unserer nächtlichen Pirsch haben wir nie Männchen und Weibchen zusammen gesehen. Ganz einfach werden es die Männchen nicht haben, denn in einem Wohnquartier ist die Lichtverschmutzung grösser als auf einer Wiese oder am Waldrand. Die Tatsache, dass die Glühwürmchen in Lotzwil schon seit einigen Jahren beobachtet werden, stimmt aber trotz Lichtverschmutzung positiv.

Glühwürmchen vor der Haustüre 

Nach unserer GlühwürmchenPirsch frage ich mich, ob sich auch in unserem Garten Glühwürmchen wohl fühlen. Ich weiss es nicht. Gesehen habe ich bisher noch keines. Ganz so einfach zu entdecken sind die leuchtenden Käfer trotz ihres starken Lichtes nicht. Geübten Augen wie sie Adrian Wullschleger hat, entgeht aber nicht das kleinste Leuchten. Er hat beispielsweise in Aarburg zwischen Festung und Bahnhof Glühwürmchen entdeckt – als er vom Theater vom Richtplatz kam. Auch dieses Jahr konnte er in Aarburg Glühwürmchen beobachten. Weitere Vorkommen in der Region werden unter anderem in Oftringen beobachtet sowie auf der Frohburg bei Trimbach. Die beste Zeit dafür ist vor und während der Sommerferien. (lbr)