
Von engelsgleich bis energetisch: Lukas Graham, Bastille & The Electric Swing Circus

Im Lichtstrahl steht Lukas Graham und singt «Not A Damn Thing Changed». Das Kreischen vor der Bühne scheint aus mehrheitlich jungen Kehlen zu kommen. Der «Junge» auf der Bühne sieht aus, als dürfe er das Bier noch gar nicht trinken, das er danach ansetzt. Doch das täuscht. Mit Jahrgang 1988 ist er definitiv alt genug für Bier. Er trinkt es auf ex, weil er das Gefühl hat, die Leute möchten das so. «Die zwingen mich, zu trinken. Ich liebe sie», teilt er seiner Band mit. Danach singt er wieder, engelsgleich. Dazu tänzelt er leichtfüssig über die Bühne, wie ein Musical-Darsteller. Der Sound ist Pop mit ein bisschen Soul, garniert mit ein paar Bläsern.
Graham singt einen Song über seinen 2012 verstorbenen Vater und erzählt danach, dass er 2016 selber Vater geworden ist. Er frage sich, wie seine Tochter ihn in Erinnerung behalten wird. Darüber hat er einige Lieder geschrieben, von denen er jetzt eines singt. Es beginnt und endet mit dem Herzschlag des Mädchens, der in der 38. Schwangerschaftswoche aufgenommen wurde. Trotz dieser ernsthaften Themen und der Tatsache, dass die Musik so gar nicht nach Samstagabendparty klingt, ist der Platz vor der Parkbühne ziemlich voll, bis nach hinten zu den Marktständen. Den Hit «Love Someone» singt das Publikum sofort mit. Und als die Musiker ihr Konzert beenden, kommen sie nicht ohne Zugabe davon. Davor gibt es allerdings nochmals ein Bier auf ex für Graham.
Bastille: Eine erstaunliche Energie
Stürmisch ist vor allem Dan Smith – der mit seiner Band Bastille den Samstagabend auf der Lindenbühne beschloss. Die Synthie- und Indiepop-Musik der vier Londoner Jungs lädt zum Mitgrooven ein. Auch kräftig mitgesungen wurde auf dem Heitern. Besonders bei den bekannteren Songs wie «Things We Lost In The Fire» und «Pompeii». Dennoch konnten sie stimmungsmässig nicht an Patent Ochsner anknüpfen. Ihr Sound hat etwas, wenn er auch gleichförmig klingt. Doch nach Mitternacht braucht es auch keine Hymnen, die den Nachthimmel ausfüllen. Erstaunlich ist aber die Energie von Frontmann Dan Smith ‑ eben auf dem Trampolin, dann ab durch die Menschenmenge und davor ab auf die Leiter für eine Ballade. Bei dem ganzen Fitnessprogramm kommt er nie ausser Atem und hat vor allem immer seine eingängige Stimme unter Kontrolle.
The Electric Swing Circus: Die wilden Zwanziger des Heitern
The Electric Swing Circus brachten die wilden 20er auf den Heitern. Die sechsköpfige Gruppe aus Birmingham lässt sich vom Swing und Jazz der 20er inspirieren und mischt diese Musik mit House, Reggae, Dubstep und Breakbeat. Die 20er haben sich aber nicht nur in die Musik eingeschlichen: Die beiden Sängerinnen Vicky Olivia und Fe Salomon trugen nebst imposantem, farbenfröhlichem Federschmuck Kleidchen im Stil dieser Zeit.
The Electric Swing Circus verfolgen mit ihrer Musik vor allem ein Ziel: Die Party in Gang zu bringen. Das gelang! Spätestens als der zweite Song – «Golden Hour» – einsetzte, waren keine stillstehenden Füsse im Publikum mehr zu entdecken. Ausgelassen tanzte die Menge: Platz genug hatten sie dazu, denn ganz so viele Leute wie Bastille oder Patent Ochsner anzulocken wussten, fanden sich nicht mehr vor der Parkbühne ein. Der Party verpasste das aber keinen Dämpfer. «We’re here to party», schrie Gitarrist Tom Hyland prompt in die Menge und fügte an, «guys, you are absolutely, absolutely incredible.»
Zwar eignet sich der Sound von The Electric Swing Circus nicht, um lauthals mitzuträllern, um nochmals so richtig in Party-Laune zu kommen, bildeten sie allerdings den perfekten Abschluss für den Heitere-Samstag.
(lej/egu/rsw)
