
Die Gemeinde Reiden bleibt sieben weitere Wochen ohne Budget
Am 20. Mai will der Reider Gemeinderat den budgetlosen Zustand beenden. Dann wird er der Gemeindeversammlung ein neues Budget 2019 zur Annahme vorlegen, wie die Gemeindeschreiberin am Mittwochabend mitteilte. Für die Gemeinde bedeutet das: sieben weitere Wochen ohne Budget, was verschiedenste Einschränkungen für Bürgerinnen und Bürger zur Folge hat. Dazu später mehr.
So neu wird das Budget 2019 aber nicht sein: Der Gemeinderat beabsichtigt, dasselbe zu präsentieren wie am 5. Dezember 2018. Er budgetierte damals bei einem gleichbleibenden Steuerfuss von 2,3 Einheiten ein Plus von 206 500 Franken. Eine Ausnahme gebe es einzig betreffend die Prämienverbilligung, da der Kanton Luzern jüngst in einem Bundesgerichtsentscheid gerügt worden sei. Dies habe auch Auswirkungen auf die Gemeinden. «Das Budget wurde seriös erarbeitet, von der Controllingkommission unterstützt und an der Gemeindeversammlung grossmehrheitlich angenommen», sagt Gemeindepräsident und Kommunikationschef Hans Kunz auf Anfrage dieser Zeitung.
Verfahrensfehler begangen
Die Gemeinde befindet sich bereits seit fünf Wochen in einem budgetlosen Zustand. Grund: Der Regierungsrat hat das am 5. Dezember 2018 beschlossene Budget am 19. Februar für ungültig erklärt und eine Wiederholung des Budgetprozesses verlangt. Auslöser für den Entscheid war eine Stimmrechtsbeschwerde, die im Anschluss an die Versammlung beim Kanton eingegangen ist. Der Kanton hat die Beschwerde in einem Punkt gutgeheissen und attestierte der Versammlungsleitung, einen Verfahrensfehler begangen zu haben (wir berichteten).
Der Gemeinderat verschickte zwei Tage nach diesem Entscheid eine Medienmitteilung. Er teilte mit, dass er gemäss kantonalem Finanzhaushaltgesetz nur noch gebundene Ausgaben (auf der Basis von Verträgen, Leistungsvereinbarungen oder gesetzlichen Verpflichtungen) tätigen könne. Frei bestimmbare Ausgaben seien vorerst nicht mehr möglich. Die Gemeindeverwaltung habe die nötigen Abklärungen umgehend an die Hand genommen, um den aktuellen Handlungsspielraum zu ermitteln und das weitere Vorgehen zu bestimmen, hiess es weiter. Und: Der Gemeinderat Reiden werde sich umgehend mit den politischen Konsequenzen befassen.
Ein konkreter Fragekatalog, den diese Zeitung am 1. März an den Reider Gemeinderat schickte, blieb lange unbeantwortet. Man fragte sich beispielsweise: Welche Projekte sind betroffen, wo ist der Fehler passiert und welche Folgen zieht man daraus? Die Sache sei komplex, noch komplexer als er erwartet habe, antwortete Kunz Mitte März und vertröstete die Zeitung auf weitere Wochen. Letzte Woche nahm der Gemeindepräsident noch einmal Rücksprache mit dem kantonalen Amt für Gemeinden. Die Regionale Musikschule Reiden kommunizierte indessen von sich aus: «Absage des Jubiläumsfests», hiess es in einer Mitteilung. Weil sich die Gemeinde in einem budgetlosen Zustand befände, könnten die ganzen Vorbereitungsaufgaben nicht getätigt werden.
Nun folgte also auch der Gemeinderat mit einer Mitteilung. Darin nennt er Beispiele von Leistungen, die er bis zur Annahme des neuen Budgets nicht ausführen kann. Allem voran erscheint im Magazin der Gemeinde Reiden, das sie mit dem Gewerbeverein herausgibt, der Gemeindeteil in der Aprilausgabe nicht. Weiter könne der Beitrag an das Skilager Ende Februar nicht ausgerichtet werden. Ausserdem könnten wichtige Projekte wie die Revision der Zonenplanung, die Sanierung von Infrastrukturen oder die Umsetzung des Stellenplans in verschiedenen Bereichen der Gemeindeverwaltung nicht gestartet werden. Nicht tangiert sei der Neubau des Mittelstufenschulhauses, weil ein bewilligter Sonderkredit vorliege.
Weiter heisst es, dass der Gemeinderat den Ausgang der Budgetversammlung bedauere und sich bei den Bürgerinnen und Bürgern für den Fehler entschuldige. Er akzeptiere den Entscheid des Regierungsrates und ziehe ihn nicht weiter ans Verwaltungsgericht. «Gemäss Entscheid hätten wir den Antrag der Beschwerdeführerinnen zur Abstimmung bringen müssen, obwohl er nach HRM2 systemwidrig ist. Der Gemeinderat hätte dennoch einen Lösungsansatz aufzeigen müssen, wie dieser Antrag in beschlussfähiger Form zur Abstimmung hätte gebracht werden können», sagt Kunz. Gleichzeitig schreibt der Gemeinderat in seiner neusten Mitteilung, dass er den Entscheid nicht vollumfänglich nachvollziehen könne. Der Weiterzug sei aber zeitintensiv und der Ausgang offen. Auf die Frage, wie ein solcher Fehler beim nächsten Mal verhindert werden könne, bleibt der Gemeinderat unkonkret: «Im Entscheid des Regierungsrates ist der Ablauf beziehungsweise das Verfahren beschrieben. Wir werden uns an diesen Vorgaben orientieren.»
Gemeinderat lässt sich viel Zeit
Kommentar von Ronnie Zumbühl
Die Gemeinde Reiden hat seit rund fünf Wochen kein rechtskräftiges Budget mehr und kann nur noch gebundene Ausgaben tätigen. Denn der Kanton hat am 19. Februar eine Stimmrechtsbeschwerde in einem Punkt gutgeheissen und attestierte der Leitung der Gemeindeversammlung vom 5. Dezember 2018, einen Verfahrensfehler begangen zu haben. Das heisst: Der Gemeinderat muss die Budgetversammlung wiederholen.
Der Gemeinderat hat sich nun für diesen Fehler in einer Mitteilung entschuldigt. An die Adresse der Bevölkerung, die ja in erster Linie unter dem budgetlosen Zustand leidet. Denn die Gemeinde kann zurzeit beispielsweise keine finanziellen Beiträge an Vereine vergeben. Mit dieser Entschuldigung können sich die Reiderinnen und Reider aber nichts kaufen.
Zudem wirkt die Entschuldigung nicht ganz ernst gemeint: Nach dem Entscheid des Kantons sagte der Gemeinderat, dass die Gemeindeverwaltung die nötigen Abklärungen umgehend an die Hand genommen habe und der Gemeinderat sich umgehend mit den politischen Konsequenzen befassen werde. Nun, fünf Wochen später, gibt der Gemeinderat bekannt, dass er der Versammlung noch einmal das gleiche Budget vorlegen will. Und das am 20. Mai, also in mehr als sieben Wochen.
Umgehend sieht anders aus. Dass der Gemeinderat zudem erst jetzt kommuniziert, welche Projekte konkret vom budgetlosen Zustand betroffen sind, wirkt unprofessionell. Ein besorgter Gemeinderat hätte viel schneller reagiert.