
Unter Denkmalschutz: Der Spycher wird für die Nachwelt bewahrt
Das Stichwort Denkmalschutz löst bei manchen Liegenschaftsbesitzern Angstschweiss aus. Bei Renovation und Umbau setzt die Denkmalpflege Bedingungen und der historisch angemessene Erhalt reisst ein Loch ins Portemonnaie. Höchst selten kommt es vor, dass Privatleute ihr Haus freiwillig unter Schutz stellen wollen. Die Kirchleerber Gemeinderätin Béatrice Meili und ihr Partner Rolf Baumann sind solch seltene Leute. Die Liebhaber historischer Bauernhäuser haben bereits zwei uralte Spycher vor der Entsorgung bewahrt. Beide standen noch vor ein paar Jahren in Reitnau. Weil sie ausgedient hatten und im Weg standen, wollten die jeweiligen Eigentümer sie abreissen.
Balken für Balken wurden die Spycher bereits 2017 sorgfältig abgebaut. Der eine steht nun seit drei Jahren hinter ihrem Haus in Kirchleerau, ebenfalls ein ehemaliges Bauernhaus aus dem Jahr 1802. Der andere liegt noch in Einzelteilen in Gontenschwil und wartet auf die Wiederaufbaubewilligung. Auf einem Grundstück, das die beiden – wie könnte es anders sein – zur Rettung eines historischen Bauernhauses 2020 erwarben.
Trotzdem: Ein Zuckerschlecken waren Abbau, Restaurierung und Aufbau im Kirchleerber Hintergarten keineswegs. Geduld, starke Nerven und professionelle Hilfe waren nötig. Die Früchte dieser Arbeit lassen sich sehen. Noch mehr, seit auch das dritte geschichtsträchtige Gebäude auf dem Grundstück, die alte Scheune, frisch restauriert ist.
Die Denkmalpflege findet Freude an den Häusern
Drei Häuser aus dem 19. Jahrhundert, alle mit modernen Funktionen. Der Spycher kann gemietet werden und auf Wunsch kocht Béatrice Meili, die auch auf swisstavolata.ch als Landfrauen-Köchin registriert ist, das passende Menü dazu. Viele der Feiernden sind Hochzeitsgesellschaften, denn ein Raum im alten Bauernhaus ist schon seit geraumer Zeit ein offizielles Trauzimmer des Regionalen Zivilstandsamts Schöftland. In der restaurierten Scheune finden grössere Gruppen Platz.
«Nachdem wir so viel Herzblut in dieses Projekt gesteckt hatten, wollten wir sichergehen, dass diese Gebäude so bestehen bleiben», sagt Beatrice Meili. Das Zauberwort: Denkmalschutz. Die Denkmalpfleger liessen zum Termin nicht lange bitten. Vor allem das Dach des Wohnhauses faszinierte sie. «Die ganze Dachkonstruktion ist typologisch eine ausgesprochene Rarität», steht denn auch im Bericht der Denkmalpflege.
Gemeinsam kam man zum Schluss: Die drei Gebäude sollen als Ensemble geschützt werden. Im November 2020 reichten sie einen Antrag auf kantonale Unterschutzstellung des Gebäudeensembles Wohnhaus-Scheune-Spycher ein. Eine Expertenkommission beäugte die drei Gebäude gründlich – und kam ins Schwärmen. Die Begeisterung liest sich auch aus dem Bericht: Dem Spycher komme «aufgrund seines guten Erhaltungszustands und Seltenheitswerts über die Region hinaus erhebliche Bedeutung» zu.
Gründerjahre des Kantons sind sichtbar belegt
Im Juli erhielten sie den positiven Entscheid. Zusammen mit mehreren Seiten der Analysen und historischen Nachforschungen. So wurde auch bekannt, dass das von einem Jakob Hunziker gebaute Bauernhaus ein Strohdach hatte und der Anbau im Berner Stil mit Biberschwanz-Ziegeln eingedeckt wurde. Die damaligen Zeiten des Umbruchs in den Gründerjahren des Kantons Aargaus sind somit sichtbar belegt.
Bisher hatte Kirchleerau mit der Kirche und dem Zehntenhaus nur zwei geschützte Objekte. Mit dem Bauernhaus-Ensemble ist nun gesichert,dass ein Stück des ursprünglichen Bauerndorfs erhalten bleibt.
