
Polizei bewilligt Frauendemo in Aarau trotz Eidgenössischem Turnfest
«Wenn frau will, steht alles still.» Unter diesem Motto gingen am 14. Juni 1991 Frauen in der ganzen Schweiz auf die Strasse. Hunderttausende sollen laut Schätzungen demonstriert haben. Sie legten ihre Arbeit nieder, versammelten sich auf Plätzen der Städte und Dörfer und forderten die Umsetzung des Gleichstellungsartikels, der zehn Jahre zuvor in der Verfassung verankert wurde. Auch in Aarau machten mehr als 3000 Personen mit Hunderten farbigen Luftballons «ihrem Unmut über die herrschende Ungerechtigkeit Luft», wie Zeitungen berichteten.
Seit dem ersten Streik hat sich zwar Einiges verbessert. So wurde zum Beispiel der Mutterschafturlaub eingeführt oder die Fristenlösung beim Schwangerschaftsabbruch. Trotzdem gibt es weiterhin genug Gründe, sich gegen die herrschende Ungleichheit zu wehren. Frauen verdienen für gleichwertige Arbeit immer noch weniger als Männer. Sexismus, häusliche Gewalt und Diskriminierung sind nicht aus der Welt.
Deshalb kommt es, 28 Jahre später, am 14. Juni 2019, zum zweiten nationalen Frauenstreik. Die Demo im Aargau sollte wieder in Aarau stattfinden, wie Elena Flach, Co-Präsidentin der SP Frauen Aargau, sagt. Ob das klappen würde, war jedoch zunächst unklar. Von 13. bis 23. Juni findet in Aarau nämlich auch das Eidgenössische Turnfest statt. Ein Anlass, der Zehntausende Turnerinnen und Besucher in die Kantonshauptstadt locken wird.
Trotzdem werde die Stadtpolizei eine Kundgebung in Aarau bewilligen, sagt Polizeichef Daniel Ringier. «Es spricht aus Sicht der Stadtpolizei nichts dagegen, dass der Anlass für den Frauenstreiktag und das Eidgenössische Turnfest an diesem Tag parallel stattfinden.» Eine Herausforderung sei es aber sehr wohl. «Die Stadtpolizei wird darauf achten müssen, dass die Kundgebung und das Turnfest gut aneinander vorbeikommen», sagt Ringier. Ebenfalls werde der Strassenverkehr im Raum Aarau die Stadtpolizei «noch mehr fordern». Die definitive Bewilligung liegt noch nicht auf dem Tisch der Organisatorinnen. Der Polizeichef sagt aber, sie sei «zur Zeit in Erarbeitung».
Elena Flach freut sich über die Bewilligung: «Wir wollten unbedingt in Aarau demonstrieren. Wenn das nicht geklappt hätte, hätten wir nach Alternativen suchen müssen.»
Das «Eidgenössische» und der Frauenstreik fanden bereits 1991 gleichzeitig statt. Die Luzerner Stadtverwaltung hatte damals den Kornmarkt vor dem Rathaus «irrtümlich» sowohl dem Frauenstreik-Komitee als auch den Turnerinnen «für ihre doch sehr unterschiedlichen Demonstrationen» zugesprochen, wie Zeitungen berichteten. Eine «drohende Konfrontation» sei «friedlich gelöst» worden. Da es sich beim Turnen streng genommen nicht um Arbeit, sondern um eine Freizeitbeschäftigung handle, gab das Frauenstreik-Komitee den Platz zeitweise für die Darbietungen der Damenturnriegen frei und integrierte diese gewissermassen in ihr Rahmenprogramm.