Franziska Roth: «Vorzeitiger Rücktritt steht ausser Frage» – SVP ringt um eine Lösung

Thomas Burgherr ist in diesen Tagen besonders gefordert. Der Präsident der SVP Aargau muss gleich bei zwei internen Problemfällen Führungsstärke zeigen, um Schaden von seiner Partei abzuwenden. Der eineFall, Franziska Roth, lodert seit Monaten, spitzt sich jetzt aber zu.

Der andere, Luzi Stamm, kam letzte Woche aus heiterem Himmel. Stamm ist zwar bekannt für seine zuweilen unberechenbaren Aktionen, die Kokain-Geschichte letzte Woche erwischte jedoch sogar langjährige Weggefährten auf dem falschen Fuss.

Nach zwei Tagen mit weiteren Schlagzeilen («Luzi Stamm mit Falschgeld im Bundeshaus») zog die SVP Aargau nun die Notbremse. Am Samstagabend verkündete sie in einer Medienmitteilung: «Der Präsident der SVP Aargau, Nationalrat Thomas Burgherr, und Nationalrat Luzi Stamm sind übereingekommen, dass Stamm erholungsbedingt eine Auszeit nimmt und dementsprechend nicht mehr weiter an der Frühjahrssession teilnimmt.» Damit ist der Fall für die SVP vorläufig erledigt.

Komplizierter gestaltet sich der Fall Franziska Roth. Soll die SVP ihrer Regierungsrätin den Rücken stärken oder sich von ihr abwenden? Für Burgherr wurde vergangene Woche klar: Nach der scharfen Kritik an ihrem Umgang mit dem Parlament und der zunehmenden personellen Erosion in ihrem Departement Gesundheit und Soziales kann er als Parteipräsident nicht länger tatenlos zusehen.

Für Samstagmorgen war deshalb eine Aussprache mit Franziska Roth geplant. Dabei sein sollte neben Burgherr unter anderem auch Fraktionschef Jean-Pierre Gallati, der nicht mit öffentlicher Kritik an seiner Parteikollegin zurückhielt. Doch das Treffen kam nicht zustande. Roth sagte im Verlaufe des Freitags ab und führte dem Vernehmen nach stattdessen ein längeres Telefonat mit Burgherr. Zudem soll sie sich in einem Brief an die Parteileitung gewendet haben.

So besprach die SVP-Spitze den Fall Roth am Samstag ohne die Regierungsrätin. Über Inhalt und Resultat des Gesprächs wollte Burgherr am Wochenende nichts sagen. Auf Anfrage erklärte er, allfällige Entscheide würden in die Kompetenz der SVP-Geschäftsleitung fallen. Diese soll demnächst zusammenkommen.

Die SVP hat im Grunde drei Optionen:

 • Franziska Roth kann ihren SVP-Kollegen glaubhaft machen, dass sie die Amtsführung zeitnah doch noch in den Griff bekommt. Die SVP würde dann versuchen, Roth wieder offensiv zu unterstützen.

• Die SVP glaubt nicht mehr an eine Wende und distanziert sich offiziell von ihrer Regierungsrätin. Roth würde damit bis zum Ende der Amtsperiode ohne Partei im Rücken regieren müssen und bei den nächsten Wahlen Ende 2020 von der SVP kaum nochmals nominiert werden.

• SVP und Roth kommen überein, dass ein vorzeitiger Rücktritt das beste für alle ist. In diesem Fall würde eine ausserordentliche Ersatzwahl um den fünften Regierungssitz angesetzt.

Sorge in der Verwaltung wächst

Der Druck auf Roth ist gross. Mittlerweile berichten auch nationale Medien über die Probleme der Aargauer Gesundheitsdirektorin. Die NZZ widmete dem SVP-Sorgenkind am Freitag einen grossen Artikel an prominentester Stelle.

Der Fall belastet nicht nur die SVP, sondern auch die kantonale Verwaltung. In der Gesamtregierung wächst die Sorge um Roths Departement, das wegen der anhaltenden Abgänge und der Diskussionen um die Vorsteherin an Handlungsfähigkeit einbüsst. Vorab im Gesundheitswesen liegen unter anderem mit der Spitalreform wichtige und anspruchsvolle Dossiers auf dem Tisch.

Roth fühlt sich dem Wahlvolk verpflichtet

Hinter den Kulissen wird seit Tagen spekuliert, wie lange Franziska Roth dem Druck noch standhält. Gegenüber dieser Zeitung macht die SVP-Regierungsrätin nun aber klar, dass sie freiwillig nicht so schnell das Handtuch wirft. Auf eine Anfrage zum Thema Rücktritt antwortete Roth gestern Nachmittag schriftlich: «Das Aargauer Wahlvolk hat mir durch die Wahl zur Regierungsrätin das Vertrauen ausgesprochen. Diesem Vertrauen und der damit verbundenen Verantwortung fühle ich mich verpflichtet. Ein vorzeitiger Rücktritt steht für mich allein schon aus diesen Gründen ausser Frage.»