Das Hauptproblem ist noch nicht gelöst

Die Bergstrasse-Brücke kurz nach dem Unwetter vom 8. Juli 2017. Die Uerke schoss über die Brücke hinaus, nachdem sich unter ihr Holz gestaut hatte. (Bild: Urs Helbling/Archiv)
Die Bergstrasse-Brücke kurz nach dem Unwetter vom 8. Juli 2017. Die Uerke schoss über die Brücke hinaus, nachdem sich unter ihr Holz gestaut hatte. (Bild: Urs Helbling/Archiv)

Die Uerke ist ein launischer Bach. Sie kann am Nachmittag friedlich vor sich hinplätschern und noch am selben Abend zum zornigen Ungetüm anwachsen, das rücksichtslos alles mitreisst, was ihm im Wege steht. So geschehen am 8. Juli 2017. Kein Uerkner, keine Uerknerin wird den Tag vergessen, als der Dorfbach zum Strom wurde, über die Ufer schoss und Autos wie Papierschiffchen wegschwemmte. Ein 300-jährliches Hochwasser rauschte an diesem Tag durchs Uerkental.

Das ganze Ausmass der Schäden kam erst zutage, als sich die Uerke wieder ins Bachbett bequemte. Nebst zahlreichen Wasserschäden in Häusern hatten auch die Brücken stark gelitten. Am schlimmsten traf es eine Radwegbrücke auf Höhe des Transportunternehmens Räbmatter AG, die die Flut gänzlich zerstörte. Die anderen Brücken vermochte der Bach zwar nicht mitzureissen, doch er unterspülte bei manchen das Fundament derart stark, dass diese einzustürzen drohten.

Das Hochwasser hatte den teilweise schon lange renovierungsbedürftigen Brücken den Rest gegeben. Für einige Brücken, wie jene bei der Metzgerei Klauser, mussten über mehrere Monate Gewichtsbeschränkungen (im konkreten Fall 15 Tonnen) verhängt werden.

Holz-Stau unter den Brücken

«Die Steine der Brückenfundamente waren durch die Unterspülung teilweise freigelegt und drohten abzufallen», sagt alt Gemeinderat und Bachaufseher Hansueli Loosli. Er steht auf der Brücke Bergstrasse gegenüber dem Gemeindehaus und weist auf die mit Beton ausgebesserten Stellen. Neben ihm Vizeammann Peter Basler, zuständig für Gewässer, und Gemeinderat Andreas Ott, der das Bauwesen unter sich hat. «Nicht nur die Wassermenge war bei vergangenen Hochwasserereignissen ein Problem», sagt Basler. «Das Bachbett ist relativ schmal, die Brücken nicht sehr hoch. Die Äste und das Geröll, das eine Flut vor sich herschiebt, verstopfen den Hohlraum, und das Wasser schiesst schnell einmal über die Brücke hinaus ins Dorf.» Dieses Problem ist auch jetzt nicht gelöst. Die Sanierungen verhindern lediglich das Einstürzen der Brücken, der zu enge Hohlraum darunter wird weiterhin zu Stauungen und Überschwemmungen führen.

Sechs Brücken in Gemeindeeigentum führen auf Uerkner Boden über den Bach, dazu kommen etwa gleich viele, die Privaten gehören. Die meisten gemeindeeigenen Brücken sind schon seit Jahren in schlechtem Zustand. «Beide Hochwasserschutzprojekte, die den Uerknern 2012 und 2015 unterbreitet worden waren, hätten Brückensanierungen beinhaltet», sagt Loosli, der damals als Gemeinderat mit seinen vier Kollegen die Projekte durchbringen wollte. Bund und Kanton hätten 74 Prozent der Gesamtkosten übernommen. Beide Male wurde der Hochwasserschutz von der Gemeindeversammlung angenommen, danach via Referendumsabstimmung (2013 und 2015) wieder verworfen.

Waren die Projekte mit 2,4 Millionen, respektive 5,8 Millionen Franken den Uerknern zu teuer? Zweifelten sie an der Wirkung der Massnahmen? Das Thema ist äusserst heikel, klare Antworten bekommt man praktisch keine. Tatsache ist, dass der Kanton bei der Sanierung mitbezahlt hätte. Die 404 000 Franken, die die Gemeinde jetzt nur für die Sanierung der Brücken aufgewendet hat (230 000 Franken davon alleine für den Neubau der Radwegbrücke bei der Räbmatter AG), zahlten die Uerkner selber.

Drittes Hochwasserprojekt

Inzwischen arbeitet der Kanton am dritten Hochwasserschutzprojekt für das Uerkental. Es baut auf den neuen Erkenntnissen, gewonnen nach dem letzten Hochwasser, auf. Sicher ist bereits: Das Vorhaben beinhaltet einen aufwendigeren Ausbau der Brücken als die Vorprojekte und dazu ein Hochwasserrückhaltebecken nahe der Gemeindegrenze zu Bottenwil. Der Damm, der dort quer übers Tal gebaut würde, wäre im Bereich der Uerke etwa vier bis fünf Meter hoch.

«Während die ersten zwei Projekte eine Verbreiterung des Bachbetts vorsahen, plant man jetzt, nur die Brücken höher und breiter zu machen», sagt Vizeammann Basler. So würde kein Uferland verschwinden und unter den Brücken könnten trotzdem grössere Wassermassen durchfliessen. Über ein Rückhaltebecken, das die Fluten auf der Höhe der Rosengärtnerei Koller stauen würde, habe man schon im Rahmen der abgelehnten Hochwasserschutzprojekte gesprochen, die Kosten hätten aber abgeschreckt, sagt Gemeinderat Ott. Die drei sind inzwischen an die Stelle gelaufen, wo der Damm des Rückhaltebeckens hinkäme. Auch hier führt eine Brücke die Fussgänger und Radfahrer über den Bach. Sie ist die einzige, die noch nicht saniert wurde. Deshalb darf kein Auto rüberfahren, auch nicht mit Sonderbewilligung. Man will abwarten, ob die Uerkner das Projekt mit Rückhaltebecken annehmen, denn die Brücke müsste in diesem Fall weichen.

Ob der Kanton aber ein drittes Mal zuschauen wird, wenn die Hochwassermassnahmen bachab geschickt würden, daran ist zu zweifeln. Die Gemeinderäte rechnen damit, dass er dieses Mal ein Machtwort spricht.

«Ein Rückhaltebecken ist zudem eine sehr gute Lösung», sagt Andreas Ott. Erfahrungen aus dem östlichen Kantonsteil geben dem Recht: Im Landdreieck Villmergen-Hilfikon-Büttikon traten die Bäche wegen der vielen Zuflüsse ähnlich der Uerke bei Unwettern regelmässig über die Ufer. Seit dem Bau der Rückhaltebecken ist das Schadensausmass geringer.