
Das alte Bahnhofsgebäude in Reiden muss weichen
Seit nunmehr 15 Jahren ist das Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) in Kraft. Dieses setzt die Rahmenbedingungen, welche es Menschen mit Behinderungen erleichtern sollen, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. So muss auch der öffentliche Verkehr spätestens bis im Jahr 2023 den Bedürfnissen von mobilitätseingeschränkten Reisenden gerecht werden. Zur Erreichung dieser Zielsetzung wird es in den ersten beiden Quartalen des Jahres 2020 auch am Bahnhof Reiden zu konkreten Massnahmen kommen. Die entsprechende öffentliche Auflage unter dem Namen «Eisenbahnrechtliches Plangenehmigungsverfahren BehiG Reiden Perronerhöhung P55» liegt bis zum 18. März dieses Jahres auf der Gemeindeverwaltung Reiden auf.
Gemäss dem technischen Bericht der SBB soll der Anlagezustand der Perrons bis Ende 2020 gesetzeskonform sein. Dafür wurden mit einer Online-Planungshilfe der «Interessenabwägung BehiG des Verbandes öffentlicher Verkehr» zwei Basisvarianten sowie zwei Ersatzlösungen evaluiert. Das Interessenabwägungstool empfiehlt die Basisvariante 2 als Bestvariante: Ein Projekt, das sich den zwei Gleisen mit einem Haus- und einem Aussenperron sowie der aus dem Jahr 1909 stammenden Personenunterführung annimmt.
Keine neue Unterführung
Um den mobilitätseingeschränkten Reisenden einen hindernisfreien Zugang und Einstieg zu ermöglichen, sollen beide Perronkanten auf 55 Zentimeter angehoben und mit neuen Zugängen erschlossen werden. Weiter sieht das Projekt die Verlängerung der aktuellen Nutzlänge der Perrons von 150 Meter (Gleis 1) respektive 152 Meter (Gleis 2) auf insgesamt 160 Meter vor. Nennenswertester Unterschied zur Basisvariante 1 stellt die Personenunterführung dar. Diese von den SBB als in einem «annehmbaren bis schadhaften Zustand» beschriebene Unterführung wird nicht durch eine neue ersetzt, sondern weitergenutzt. Sie wird aber auf beiden Seiten mit einer neuen, nicht überdachten Rampe, deren Maximalneigung 10 Prozent beträgt, ergänzt. Diesen Rampen weichen muss das im Jahr 1856 in Betrieb genommene Bahnhofgebäude an der Friedmattstrasse sowie der Güterschuppen an der Werkstrasse.
Die gesamten Investitionskosten belaufen sich auf 8,1 Millionen Franken. Die Erstellungskosten für die Rampe Gleis 1 teilen sich gemäss Angaben der SBB der Kanton Luzern und die Gemeinde Reiden. Grund dafür sei nach David Jurt, Bereichsleiter Bau und Infrastruktur der Gemeinde Reiden, dass dieses Teilprojekt erst auf Intervention des Kantons und der Gemeinde zustande kam – die SBB wollten die aktuelle Situation um die bestehende Rampe auf der Ostseite des Reider Bahnhofes belassen.
Nachbarprojekte der Gemeinde
Zusätzlich zum Infrastrukturprojekt der SBB plant die Einwohnergemeinde Reiden ihre eigenen Vorhaben. «Wir haben zwei Projekte: Der Bushof soll saniert und die Werkstrasse in eine Tempo-30-Zone umgestaltet werden», so Jurt. Mit der Sanierung des Bushofes will die Gemeinde Reiden einerseits den gesetzlichen Vorgaben des Behindertengleichstellungsgesetzes gerecht werden, andererseits auf den wachsenden Busbetrieb reagieren. «Während den Stosszeiten sind die Linien relativ voll.» So sind beispielsweise Haltekanten geplant, die auch auf grössere Busse mit einer erhöhten Kapazität ausgelegt wären. Ein entsprechendes Vorprojekt soll im Sommer dieses Jahres vorliegen. Die Hauptkosten werden gemäss dem Bereichsleiter Bau und Infrastruktur vom Kanton Luzern getragen.
Die Umgestaltung der Werkstrasse in eine Tempo-30-Zone geht einher mit der Verschmälerung der aktuell neun Meter breiten Strasse auf zirka sechs Meter. Auf der Differenz von drei Metern sollen neue Parkplätze geschaffen werden: «Wir möchten eine schlaue Parkanlage erstellen», so David Jurt. Mit diesen zusätzlichen Parkiermöglichkeiten reagiere man auch auf das von den SBB prognostizierte Wachstum der täglichen Ein- und Aussteiger. Gegenüber 1540 täglichen Ein- und Aussteigern im Jahr 2014 rechnen die SBB im Jahr 2025 mit 2100, im Jahr 2040 gar mit deren 2900.