Ein spezieller Tag als schwacher Trost für die Sprint-Königin

Es war ein Moment für die Ewigkeit. Bei 10,95 Sekunden blieb die Uhr stehen, als Mujinga Kambundji bei den Schweizer Leichtathletik-Meisterschaften in Zofingen im Final über 100 m unter lautstarkem Jubel als erste Läuferin die Ziellinie überquerte. Damit unterbot die 26-jährige Bernerin nicht nur ihren eigenen nationalen Rekord, den sie eine Woche zuvor in Lausanne zum neunten Mal aufgestellt hatte, sondern knackte als erste Schweizerin überhaupt die magische 11-Sekunden-Marke. «Vor fünf Jahren hätte ich nie gedacht, dass ich je eine solche Zeit laufen könnte», blickt Kambundji auf das geschichtsträchtige Rennen im Juli zurück. Nebst den Emotionen ist ihr insbesondere die Erkenntnis geblieben, dass sie selbst an einem «schlechten» Tag über sich hinauswachsen kann. «Es war ein spezieller Tag», erzählt Kambundji, «er war lang und vor allem sehr heiss.» Weil sich bei ihr kein richtiges Wettkampfgefühl einstellen wollte, habe sie lange gebraucht, um in die Gänge zu kommen. «Vorlauf und Halbfinal waren nicht gut, aber im Final habe ich dann alles auf den Punkt gebracht», sagt Kambundji. Dabei schätzt die Athletin des ST Bern die Möglichkeit, mindestens zwei Läufe an einem Tag zu bestreiten, «weil ich im zweiten meist besser bin.» Das war dann auch in Zofingen der Fall, begünstigt durch zahlreiche positive Umstände: Im Stadion Trinermatten herrschten ideale Windverhältnisse, die Sonne heizte die Bahn den ganzen Tag über auf und die Konkurrenz in der Person von Sarah Atcho (Lausanne) und Salomé Kora (LC Brühl) war Mujing Kambundji dicht auf den Fersen. «Sie haben im Halbfinal gute Zeiten erzielt, das hat mich zusätzlich gepusht», sagt die schnellste Schweizer Sprinterin.

Bittere Enttäuschung

Nur zu gerne hätte Mujinga Kambundji ihre Saison knapp einen Monat nach dem gloriosen Auftritt in Zofingen vollends gekrönt. Im Gegensatz zum Bronzegewinn bei der Hallen-WM in Birmingham (Gb) anfang März blieb ihr bei den Freiluft-Europameisterschaften in Berlin die erhoffte Medaille aber verwehrt. Und das auf bittere Weise: Sowohl über 100 m und 200 m wie auch mit der 4×100-m-Staffel musste Kambundji mit Rang vier Vorlieb nehmen. Angesichts dieser Enttäuschung sei die Fabelzeit aus Zofingen ein schwacher Trost. «Unter elf Sekunden zu laufen ist sicher etwas anderes als ein ‹normaler› Schweizer Rekord, aber was am Ende zählt, ist das, was du an grossen Meisterschaften machst», sagt Kambundji. Grundsätzlich seien die Läufe in Berlin nicht schlechter gewesen als jene in Zofingen. «Der Druck und das Umfeld waren aber anders, ebenso die Bedingungen», erklärt sie und betont, dass die 10,95 Sekunden keinen Einfluss auf die EM-Vorbereitung hatten. «Meine Ziele haben sich durch diese Zeit nicht geändert. Für mich war das mehr ein Abhaken», sagt Kambundji.

Schon länger abgeschlossen hat die Bernerin mit der Saison 2018. Bereits richtet sich ihr Fokus auf das kommende Jahr, dass sie unter dem neuen englischen Coach Steve Fudge in Angriff nimmt. Denn Mujinga Kambundji, die für ihre Trainings zwischen der Schweiz und London pendelt, ist überzeugt, dass ein Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht ist. «Über 100 m kann ich noch schneller laufen, weil nicht alles optimal war», sagt Kambundji. Dasselbe gilt für die 200 m, wo sie den Schweizer Rekord von Lea Sprunger (22,38) zurückholen will. Für die Umsetzung dieser Ziele sei viel Arbeit nötig – oder eben doch nicht. «Auf hohem Niveau können kleine Details grosse Schritte bewirken», sagt Mujinga Kambundji.

 

«Alles hat gepasst»

Peter Brühlmann, Sie amteten als OK-Präsident der Leichtathletik-Schweizer-Meisterschaften in Zofingen. Was bleibt Ihnen von den zwei Wettkampftagen in Erinnerung?

Es war ein wunderschöner Leichtathletik-Anlass, bei dem alles gepasst hat. Der Aufwand hat sich definitiv gelohnt.

Welche Erkenntnisse haben Sie und der TV Zofingen LA durch die Organisation der SM gewonnen?

Zuletzt gingen die Zeitpläne beim Pfingstmeeting nicht auf. Diese müssen wir anhand der Erfahrungen von der SM anpassen, damit der Wettkampfablauf besser stimmt.

Sind im Nachwuchsbereich bereits erste Auswirkungen spürbar?

Wir haben schon seit Jahren eine grosse Nachwuchsabteilung. Ob wegen der SM mehr Kinder zu uns gestossen sind, kann ich aber nicht sagen.

Wie hat der TV Zofingen LA mit der SM abgeschlossen?

Finanziell betrachtet sind wir mit einem blauen Auge davongekommen. Die Zahlen sind im positiven Bereich, persönlich habe ich mir aber mehr erhofft. Das OK hielt eine Schlusssitzung ab und für die vielen Helfer organisierten wir ein Essen. Das war eine glatte Sache.