Nach Ablehnung der Millionärssteuer-Initiative: Initianten und Gegner rüsten zum nächsten Kampf

Blumen zum Trost gab es gestern von SP-Aargau-Präsidentin Gabriela Suter für die unterlegenen Initianten und Juso-Co-Präsidenten Mia Jenni und Sandro Covo. (Bild: André Albrecht)
Blumen zum Trost gab es gestern von SP-Aargau-Präsidentin Gabriela Suter für die unterlegenen Initianten und Juso-Co-Präsidenten Mia Jenni und Sandro Covo. (Bild: André Albrecht)
Blumen zum Trost gab es gestern von SP-Aargau-Präsidentin Gabriela Suter für die unterlegenen Initianten und Juso-Co-Präsidenten Mia Jenni und Sandro Covo. (Bild: André Albrecht)

Schon nach Auszählung der ersten Gemeinden zeichnete sich ab, dass es die Millionärsinitiative schwer haben werde. Am Schluss stand fest: Das Stimmvolk hat sie mit 74,6 Prozent Nein zu 25,4 Prozent Ja-Stimmen massiv abgelehnt. Keine einzige Gemeinde hiess die Juso-Initiative gut. Auffallend ist ein kleines Gefälle innerhalb des Kantons. Die östlichen Bezirke lehnten deutlicher ab als die westlichen Bezirke.

So war der Ja-Anteil in den Bezirken Aarau (29,3 Prozent) und Zofingen (29,2 Prozent) am höchsten. Am tiefsten fiel er in den östlichen Bezirken Zurzach (22,7 Prozent) und Bremgarten (22,4 Prozent) aus. Nicht überraschend steuerten die Wohngemeinden besonders guter Steuerzahler wie Meisterschwanden (Nick Hayek) oder Oberwil-Lieli überdurchschnittlich viele Nein zum Ergebnis bei.

Das winzige Böbikon lieferte mit 92,6 Prozent den höchsten Nein-Anteil. Den höchsten Ja-Anteil gab es in Oberhof mit 36,7 Prozent. Die historischen Städte lieferten mit Ausnahme von Mellingen und Klingnau überdurchschnittliche Ja-Anteile.

Juso setzen auf neue Initiativen
Die Aargauer Jungsozialisten, die die Unterschriften für die Initiative allein gesammelt haben, bekamen im Abstimmungskampf Unterstützung von SP und Grünen. Doch es reichte bei weitem nicht. Juso-Co-Präsident Sandro Covo hoffte natürlich auf eine Annahme, er wusste aber, «dass dies im bürgerlichen, konservativen Aargau schwierig ist». Gleichwohl sei die Enttäuschung gross. Ein Nachteil sei wohl auch gewesen, dass die Initiative «nur» von den Juso und nicht auch von der SP gestartet worden ist, sagt er: «Hätten wir sie mit der SP lanciert, wäre das Resultat wahrscheinlich besser gewesen.» Als weitere Gründe für das deutliche Nein sieht Covo «die Gegenkampagne, die den Leuten Angst gemacht hat, Reiche könnten wegziehen, obwohl sich dies durch nichts belegen lässt. Wenn es so wäre, wären nämlich längst alle Reichen im Kanton Zug.»

Wie geht es aus Sicht der Initianten jetzt weiter? Der Kanton brauche dringend zusätzliches Geld, sagt Covo, «damit er bei seinen Leistungen nicht noch mehr abbaut. Wir wollen den Abbau rückgängig machen. Wir kämpfen weiter, bis wir dieses Ziel erreicht haben.» Und wie? Covo setzt jetzt auf die kantonale Gegensteuer-Initiative der SP und auf die nationale 99-Prozent-Initiative der Juso. Covo: «Das reichste Prozent in der Schweiz wird immer reicher. Sie sollen entsprechend mehr an die Leistungen des Staates bezahlen. Dass sie deswegen wegziehen, glaube ich nicht. Das ist bloss ein bürgerliches Schreckgespenst.»

JFDP: Nächster Kampf wird härter
Freude herrscht natürlich bei den Jungfreisinnigen Aargau. Sie hatten nach der Stipendiengesetz-Abstimmung im bürgerlichen Lager bereits zum zweiten Mal die Kampagnenführung inne. Und fahren den zweiten Abstimmungssieg ein. Benjamin Riva, Medienchef der Jungfreisinnigen im Aargau, hat mit einer Ablehnung der Initiative gerechnet, weil der Aargau ein bürgerlicher Kanton ist. Er findet denn auch, «dass die Aargauerinnen und Aargauer «weitsichtig entschieden haben». Eine Annahme der Initiative hätte mit «drei- bis viermal höheren Vermögenssteuersätzen wie beispielsweise in den Nachbarkantonen Luzern oder Solothurn den Aargau steuerpolitisch sehr unattraktiv gemacht». Des Weiteren dürfe nicht vergessen werden, dass bei Annahme der Initiative letztlich mehrheitlich Personen mit einem Vermögen von unter einer Million betroffen gewesen wären, sagt Riva.

Die Initiative wäre nicht nur schädlich für die Standortattraktivität gewesen, sondern hätte auch den Mittelstand bestraft, ist Riva überzeugt. Das Nein zeige, «dass radikale, linke Steuervorlagen im Kanton Aargau keine Chance haben.» Ausruhen gilt aber auch bei den Jungfreisinnigen nicht. Jetzt bereite man sich auf den nächsten Abstimmungskampf vor, sagt Riva, auf den über die SP-«Gegensteuer-Initiative»: «Der wird härter, weil diesmal die SP selbst hinter der Initiative steht. Sie ist aber genauso gefährlich wie diejenige der Juso, die jetzt abgelehnt worden ist.»

Erfreut reagiert auch CVP-Kantonalpräsidentin Marianne Binder auf das Nein. Für sie zeigt es: «Die Bevölkerung hat ein Interesse, dass der Standort Aargau im Vergleich zu den anderen Kantonen attraktiv bleibt, und dass möglichst viele gute Steuerzahler hierherziehen.»

Signal schon zu «Gegensteuer»
FDP-Präsident Lukas Pfisterer hält in einer Stellungnahme fest, der Angriff auf die Standortattraktivität des Aargaus als Wohn- und Wirtschaftskanton sei gescheitert: «Damit wurde auch ein deutliches ablehnendes Signal zu der von linken Kreisen lancierten ‹Gegensteuer-Initiative› gesandt, die ebenfalls am erfolgreichen kantonalen Steuersystem sägen will.» Eine Niederlage der Initiative sei voraussehbar gewesen, schreibt Grossrat Urs Plüss namens der EVP. Obwohl sich seine Partei der Vermögensungleichheit bewusst sei, «sah sie in der Initiative nicht die gewünschte Verbesserung».