
«Tetra-Pak-Insel»: Kirchleerau ist fortschrittlicher als Schweizer Metropolen
Ob PET-Flaschen, Grünabfälle oder Aludosen: In Sachen Recycling hat die Schweiz im internationalen Vergleich die Nase weit vorn. Gerne wird sie sogar als Weltmeisterin in der Wiederverwertung betitelt. Was viele jedoch nicht wissen: Auch Tetra Pak kann recycelt werden. Die kleine Gemeinde Kirchleerau (knapp 900 Einwohner) setzt jetzt um, womit sich Schweizer Grossstädte schwertun. Ab sofort können in der Multisammelstelle beim Werkhof leere Getränkepackungen kostenlos abgegeben werden.
«Wir freuen uns, diese Möglichkeit anbieten zu können», sagt Gemeindeschreiber Manuel Bolt. Möglich macht das die Josef Frey AG aus Sursee. Das Recycling- und Kanalreinigungsunternehmen hat die Sammelstelle letztes Jahr im Auftrag der Gemeinde übernommen und nimmt seit Kurzem auch Tetra Pak aus Leerau an.
Dass leere Milch- und Saftpackungen in vielen Haushalten im herkömmlichen Kehrichtsack landen, ist Kurt Odermatt von der Josef Frey AG ein Dorn im Auge. «Tetra Pak ist ganz klar ein Recycling-Produkt und gehört nicht in den Abfall», sagt er. Dennoch schrecken viele Sammelstellen davor zurück, Getränkepackungen anzunehmen. «Wegen des Aufwands», sagt Kurt Odermatt. Leere Milchguggen seien ausserdem oftmals «nicht so schmackhaft» und würden schnell stinken, was vom Sammeln abhalten könne.
Keine zusätzlichen Auslagen
Simone Alabor, Geschäftsführerin des Vereins Getränkekarton-Recycling Schweiz, sagt, immer mehr Gemeinden hätten Interesse, Tetra Pak zu recyceln. Die Wiederverwertung von Getränketüten habe grosses Potenzial. Würden alle sammeln, könnte pro Jahr Waldfläche in der Grösse von 11000 Fussballfeldern vor der Abholzung gerettet werden, rechnet der Verein auf seiner Internetseite vor. Meist hapere es an der Finanzierung, so Alabor.
Für die Gemeinde Kirchleerau entstehen durch das neue Angebot keine zusätzlichen Kosten. Das Recycling geschehe auf Eigeninitiative der Josef Frey AG, teilt Gemeindeschreiber Manuel Bolt mit.
Städte hinken hinterher
Laut Simone Alabor fehlt es vor allem an einer schweizweiten Strategie. So komme es zu Insellösungen wie jetzt in Kirchleerau. Auch im Recycling-Paradies in Hunzenschwil, sowie in der entsorgBar Kölliken können leere Milchtüten bereits abgegeben werden.
Grössere Städte der Schweiz bieten dies nicht an. Dafür nehmen nahezu alle Aldi-Filialen Tetra Pak entgegen. Seit Mai letzten Jahres hat die Supermarktkette an 185 Standorten in der Nordwest- und Zentralschweiz sowie im Tessin Sammelstellen eingerichtet. Hier können Kunden die Packungen dank eines Sortierungssystems zusammen mit PET-Flaschen entsorgen.
In Kirchleerau wird derweil separat gesammelt. Nachdem die Tüten ausgepinselt sind, werden sie in der Josef Frey AG zu Ballen gepresst. Danach kommen sie ins Welschland. 4 Prozent Aluminium und 21 Prozent Plastik können aus der Masse rausgelöst und anschliessend verbrannt werden. Übrig bleibt Karton, der wiederverwendet werden kann.