Wenige zählen zu den Auserwählten – wer darf beim «argovia philharmonic» mitspielen?

Die Einladung dazu kam von der Schenk-Stiftung. Sie bezweckt, jungen Studierenden die Chancen zu einer Solistenlaufbahn zu öffnen. Dieses Jahr schickten die Musikhochschulen von Bern, Basel, Lausanne, Luzern und Zürich ihre aussichtsreichsten Talente zum Vorspiel. Die Beteiligung war international, es stellten sich elf Studierende, aus der Schweiz sowie aus Deutschland, Frankreich, Italien, Lettland, Russland und Tschechien dem Urteil der Jury. Diese setzt sich aus Marc Kissóczy (Dirigent, Professor an der Zürcher Hochschule der Künste), Dieter Ammann (Komponist, Professor an der Musikhochschule Luzern) und Oliver A. Schnyder (Pianist und 1996 Preisträger der Schenk Stiftung) zusammen. Sie stand vor einer schwierigen Aufgabe, das Niveau der Mitwirkenden steigt von Jahr zu Jahr.

Vielseitig in Stil und Instrument
Die Eingeladenen trugen ihr Wahlstück vor, die Erkorenen werden es am 23. November auch am Jahreskonzert der Schenk-Stiftung zusammen mit dem Orchester «argovia philharmonic» spielen.
Schon zum Auftakt erklang eine Neuigkeit: Fabian Ziegler (CH) stellte das Konzert für Marimba von Emmanuel Séjourné vor. Das Marimbaphon ist ein fast zwei Meter langes Schlagstabinstrument wie das Hackbrett, nur eben viel grösser. Das verlangt vom Solisten körperliche und geistige Beweglichkeit, umso mehr, als das Stück einen breiten Fächer an Emotionen ausbreitete: Verträumt, erregt, impulsiv, beruhigend, mit grossen Tonsprüngen.
Amanda Taurina (Lettland) wählte das Konzert für Oboe und Streicher von R. V. Williams. Die Solistin gab ihm eine feinfühlige Tonbildung geschmückt mit virtuosen Verzierungen, in die auch das begleitende Klavier eingebunden war. Auch hier wechselten rasante, hektische Tonwirbel mit besinnlichen Passagen und einem Hauch von Romantik. Mit dem Cellokonzert in D-Dur von Joseph Haydn folgte ein Klassiker der Konzertliteratur.
Im Allegro moderato zeigte Nadja Reich (D), mit welcher Leichtigkeit sie schwierige und schnelle Läufe in allen Einzelheiten ausformulieren kann. Dem gefühlvollen Adagio drückte sie mit weicher Bogenführung die ganze darin enthaltene Innigkeit aus. Die nachfolgenden «Symphonische Variationen für Klavier und Orchester» von César Franck machten einen Sprung in die Spätromantik.
Marina Vasilyeva (R) interpretierte sie mit allen darin enthaltenen Gefühlsmomenten im Wechsel von temperamentvoller und lyrischer Auslegung der Variationen. Antonín Dvoráks Mazurka für Violine und Orchester in e-Moll war dem spanischen Geigenvirtuosen Pablo de Sarasate gewidmet. Entsprechend anspruchsvoll war die Widergabe von Lucie Koci (CZ). Sie erwies sich als dazu gewappnet und entfachte ein sprühendes Feuerwerk mit allen Schikanen des Geigenspiels. Der erste Teil des Vorspiels schloss mit dem Cellokonzert in a-Moll von Robert Schumann. Wiederum ein Werk mit einem weiten emotionalen Umfeld. Elodie Théry (D) kennt technisch keine Grenzen und konnte sich deshalb ganz den Gefühlsebenen widmen.

Glanzvolles Vorspiel
Ein Meisterstück gelang Dominic Chamot (CH/D). Er war der jüngste Teilnehmer und wählte sinnigerweise das Klavierkonzert in Es-Dur (KV 277) von Mozart, «Jeunehomme» genannt. Er identifizierte sich völlig mit dem Werk, unbeschwert, beschwingt, jede Nuance auskostend, fröhlich und heiter, aber auch tiefsinnig im Andantino, ganz im Sinn von Mozart. Ebenso identisch war die Auslegung der Fantasie für Violine und Orchester in C-Dur opus 131 von Robert Schumann durch Dmitry Smirnow (R). Das begann mit einem monumentalen Thema, dem sich ein lyrisches anschloss. Virtuosität und Ausdrucksfähigkeit standen im Gleichgewicht. Der Vortrag endete mit einer Kette von mühelos bewältigten Doppelgriffen. Das nachfolgende Harfenkonzert in Es-Dur von Reinhold Glière verwendet russische Folklore. Valerio Lisci (I) holte den ganzen Schönklang dieses Werkes heraus.
Ganz anderer Natur war das Klavierkonzert in D-Dur von Maurice Ravel. Einem Peitschenschlag gleich wurde der erste Satz eröffnet. Der Solist Valentin Cotton (F) führte einen engen Dialog mit seinem Begleiter, der das Orchester markierte. Es war der spannendste und akzentreichste Vortrag des Vorspiels. Es endete romantisch mit dem Violinkonzert in e-Moll von Felix Mendelssohn, lieblich, die vielseitigen Möglichleiten der Violine vollumfänglich auskostend. Charlotte Woronkow (D) gelang das so schön und nuanciert, als ob es selbstverständlich sei.