
Hitze ist besonders prekär für Igel – was Sie tun können
Die momentane Hitzeperiode macht nicht nur den Menschen zu schaffen, sondern auch der Tierwelt. Momentan kursieren in den sozialen Medien Meldungen, wonach heimische Wildtiere Hilfe bräuchten. Die AZ hat Experten gefragt, welche Tiere von der Hitze am meisten betroffen sind und wie man ihnen allenfalls helfen kann.
Besonders prekär ist die Situation bei den Igeln, wie Anneliese Girlich (78) bestätigt. Die Rheinfelderin kümmert sich seit 38 Jahren ehrenamtlich um die stacheligen Tiere. Seit zehn Jahren betreut sie zudem die Hotline von «Pro Igel». Girlich: «Momentan habe ich ungefähr 40 bis 50 Anrufe pro Tag von Leuten, die verletzte oder dehydrierte Igel gefunden haben. Normalerweise sind es nur halb so viele.»
Besonders getroffen habe sie ein Fall aus Luzern, wo ein Igel-Junges damit begonnen habe, ein anderes zu fressen. «Kanibalismus unter Igeln ist mir in all den Jahren noch nie begegnet.»
Das gravierendste Problem: Igel ernähren sich vor allem von Würmern, Schnecken und Insekten, die bei der Hitze praktisch nicht zu finden sind. Auch der Tagesrhythmus der Igel ist momentan durcheinander, wie die Expertin erzählt: «Häufig erhalte ich Meldungen, dass sich ein Igel sonne. Igel sonnen sich aber nicht. Wenn man ein Tier am Tag antrifft, dann ist es definitiv krank und etwas stimmt nicht.»
Wasser als erste Hilfe
Kranke oder verletzte Tiere sollten eingesammelt und der Hotline von «Pro Igel» gemeldet werden. Diese ist Tag und Nacht erreichbar. Anneliese Girlich und ihre Helfer kümmern sich zurzeit um 61 junge Igel. Sie werden aufgepäppelt, nach Bedarf mit Medikamenten versorgt und über ein Aussengehege wieder ausgewildert. Wer den Igeln proaktiv helfen möchte, kann eine flache Schale mit frischem Wasser in seinen Garten stellen. Auch einheimische Hecken sind bei dem Stacheltier sehr beliebt. «Das Thema Igelfütterung ist sehr kontrovers. Bei den aktuellen Temperaturen würde ich aber empfehlen, trockenes Katzenfutter rauszustellen, wenn man denn einen Igel hat», sagt Girlich.
Auch gewisse Fischarten leiden unter der Hitze, wie Johannes Jenny, Geschäftsführer von Pro Natura Aargau, erklärt. «Vor allem die Bachforelle hat mit der Hitze Mühe. Dadurch werden die einheimischen Bäche wärmer und der Wasserstand sinkt und dadurch auch der Wasserstand in den Unterschlüpfen der Fische.» Weniger Probleme haben hingegen die Amphibien. Auch sie kann man in der Hitze relativ einfach unterstützen: «Sehr gut ist es, wenn Sie einen nicht ganz so ordentlichen Garten haben», erklärt Jenny lachend. So fänden die Tiere viele Unterschlüpfe. Wie bei den Igeln könne man die Verstecke aber auch einfach selbst machen. Stein- und Asthaufen eignen sich hervorragend als Rückzugsort für die Tiere. Wer den Amphibien einen besonderen Gefallen tun möchte, giesst die Ast- und Steinhaufen regelmässig.
Nicht alle Tiere in Gefahr
«Die Tiere passen sich dem Wetter an. Sie halten dann zusätzlich eine Sommerruhe in ihren Zufluchtsstätten», erklärt Jenny. Welche Amphibien im heimischen Garten leben, hängt davon ab, wie die äusseren Umstände sind. Besitzer von einem Teich haben häufig Wasserfrösche zu Gast. Wer nahe an einem Wald lebt, kann Erdkröten und Grasfrösche bei sich begrüssen.
Sehr gut an die Gegebenheiten anpassen können sich die meisten Könige der Luft: «Vögel verfügen im Normalfall immer über genügend Energie, um zur nächsten Wasserquelle zu gelangen. Zudem enthält ihr Kot sehr wenig Wasser», erklärt der Biologe Michael Schaad von der Vogelwarte Sempach. Einzig bei grosser Hitze ziehen sich die Tiere an schattige Plätze zurück oder hecheln, um sich auch so abzukühlen.
Trotz hoher Anpassungsfähigkeit freuen sich die Vögel wie viele andere Tiere über Unterstützung. «Es ist sicherlich sinnvoll, wenn man Büsche im Garten hat. In deren Schatten können sich Vögel zurückziehen. Zudem sind die Tiere sehr reinlich, eine Wasserschale eignet sich als Bad- und Trinkgelegenheit.»
Füttern kann gefährlich sein
Eine der Meldungen, welche in den sozialen Medien fleissig verbreitet wird, bezieht sich unter anderem auch auf dehydrierte Eichhörnchen. Andrea Turnell von der Eichhörnchenstation in Buttwil kann die Problematik nicht bestätigen: «Die Tiere verziehen sich im Sommer sicherlich öfter in ihre Kobel. Aber Wasser beschaffen können sie sich eigentlich immer.» Eine Wasserschale ins Freie zu stellen, sei nie verkehrt, auf das Füttern der Eichhörnchen sollte man jedoch unbedingt verzichten. Erdnüsse, Mandeln und Eicheln sind für die Tiere aufgrund ihrer Zusammensetzungen gefährlich. Sie selbst stelle ihren Eichhörnchen einen Sonnenschirm vor die Voliere für zusätzlichen Schatten, so Turnell. Zusammengefasst gilt also: Auch die Tierwelt hat Mühe mit der Hitze, verschafft sich noch so gerne Abkühlung im Wasser und zieht sich an schattige Plätze zurück.