Ende August ist Schluss: Das «Obi» muss einem Neubau weichen

Wenn man in Reiden ins «Obi» geht, ist nicht der Baumarkt gemeint, sondern das Restaurant Oberdorf. Ein wenig Baumarkt-Feeling kommt auf der Gartenterrasse dennoch auf: Der Wirt Norbert Arnold hat nämlich geplant, gefräst und geschraubt. Man wähnt sich in einem Chalet. Holzbalken tragen Welldächer aus Kunststoff, der Stammtisch aus massivem Holz steht auf Pflastersteinen. «Das habe alles ich gemacht», sagt Arnold stolz. Er wollte den Gästen eine gemütliche Atmosphäre bieten, als er das Restaurant vor mehr als 18 Jahren übernommen hatte.

Donnerstag, 10 Uhr. Zwei Männer schauen sich das Dach des Gartensitzplatzes an. Der eine will es vielleicht kaufen, sagt Arnold. Der Wirt muss nämlich alles räumen, er hat den Pachtvertrag gekündigt. Nicht, weil das «Obi» nicht mehr gut frequentiert wird. «Im Gegenteil», sagt Arnold. Er koche täglich für mehr als hundert Personen. Auch an der WM lief die Beiz gut, drei Bildschirme hängen von der Decke der Gartenterrasse. Der 55-Jährige hört aus gesundheitlichen Gründen auf. Er kollabierte mehrmals, musste sein Herz operieren lassen. Der stressige Job – täglich zwölf Stunden, sechs Tage die Woche – steht seiner Genesung im Weg. Ende August wird eine seiner Serviceangestellten das letzte Bier auf den Stammtisch stellen, Arnold wird das letzte Mal kochen. Er rang mit der Entscheidung. «Ich habe sicherlich ein halbes Jahr gezögert», sagt Arnold.

Vom Pub zum Speiserestaurant
Norbert Arnold verschwindet in die Küche, bald kommen die Mittagsgäste. Am Stammtisch kommen und gehen Gäste, als wären sie Bienen in einem Bienenstock. Sie politisieren natürlich: «Nur die, die einen Haufen Geld haben, profitieren», schallt es hinüber. Als Arnold die Beiz übernahm, gab es noch keine Mittags- und Abendmenüs. Er führte das «Obi» die ersten fünf Jahre als Pub – sieben Tage die Woche. «Nur Getränke auszuschenken – das wurde mir auf Dauer zu langweilig», sagt Arnold. Dann fing er im «Oberdorf» an zu kochen, wie er es vorher bereits als Pächter auf dem Landgasthaus zur Jlge in Ettiswil getan hatte.

Eine Beiz für alle
Das «Obi» ist beliebt. Georgio Wiss kommt hier öfters zu Besuch. Der Schulsozialarbeiter schätze das Restaurant, weil dort Bauern mit Politikern und 20-Jährige mit 50-Jährigen diskutieren. «Es kommt nicht darauf an, aus welcher Schicht du kommst.» Zudem schätze er die Atmosphäre: Ein grosser Baum spendet Schatten. Wiss ist zusammen mit Arnold in Langnau aufgewachsen. Die meisten Gäste nennen Norbert Arnold einfach «Böbu».

Ende Oktober soll der Rückbau der Liegenschaft erfolgen. Die Eigentümerin, die Liberale Baugenossenschaft Wiggertal (LBW), will auf dem Grundstück ein Mehrfamilienhaus bauen, die Planung hat sie in Auftrag gegeben. «Das Gebäude ist über 100-jährig», sagt Theo Steiner, Präsident der Genossenschaft. Die Instandsetzungskosten seien zu gross. Arnold kann den Entscheid der Baugenossenschaft verstehen, für das «Obi» findet er es trotzdem schade. Auch die Guggenmusig Schlömpf, die in der Liegenschaft einquartiert war, muss sich ein neues Probelokal suchen.

Norbert Arnold will es ab September gemütlicher nehmen. «Man muss auch auf sich selber achten», sagt Arnold. Er wird mit seiner Freundin längere Zeit verreisen. Wie früher, als er – mit Unterbrüchen – etwa acht Jahre lang in der Welt herumreiste. Was er tun wird, wenn er wieder zuhause in Wikon angelangt ist, weiss er noch nicht. Nur, zu viel Stress, das tut er sich nicht mehr an.