Kein weiteres Geld fürs Agglo-Programm Aargau-Ost: Kann der Bund noch umgestimmt werden?

105 Millionen Franken

 hat der Bund für die Generationen 1 und 2 des Agglomerationsprogramms Aargau-Ost bereits gesprochen. Nun will er diese Gelder auch entsprechend genutzt wissen.

62 Millionen Franken maximal fehlen im Aargau, falls der Bund die Vorhaben von «Aargau-Ost» im Rahmen des dritten Agglomerationsprogramms definitiv nicht sprechen sollte.

Dieser Tage hatte der Bundesrat für den Aargau eine gute und eine schlechte Nachricht: Zwar will er den Sechsspurausbau der A1 früher realisieren.

Doch das Programm «Aargau-Ost» will er nicht mit Geldern aus dem Agglomerationsprogramm 3 unterstützen, weil es die Kriterien zu wenig erfülle. Damit müssten zahlreiche Projekte auf Geld aus Bern verzichten, zum Beispiel die Sanierung der Bibenlos-Kreuzung in Bremgarten oder die Bahnhofplatzaufwertung in Lenzburg.

Noch handelt sich allerdings «erst» um eine Vernehmlassungsvorlage. Hat der Aargau Argumente, um den Bund doch noch umzustimmen? Die Aargauer Mitglieder der Verkehrskommission sind mehrheitlich davon überzeugt. Alle drei, Bernhard Guhl (BDP), Ueli Giezendanner (SVP) und Thierry Burkart (FDP), wollen sich einsetzen, um das Verdikt umzukehren, so wie ihre grüne Ratskollegin Irène Kälin.

Punkteabzug gehört zum Spiel
Die Chancen werden unterschiedlich beurteilt. Dass der Bund Punkteabzüge macht, die einen Projekte zurückstellt, wenn man dort nicht bereit ist, oder andere wie den A1-Ausbau (mit dem sie inhaltlich nicht einverstanden ist) vorzieht, «gehört zum Spiel,» sagt Irène Kälin: «Das müssen wir akzeptieren.»

Wenn der Kanton indes aufzeigen könne, dass das Programm die Kriterien objektiv erfülle, könne «Bern» nicht anders, als seinen Vorentscheid umzukehren. «Aber», so Kälin, «der Ball liegt beim Kanton. Bisher konnte er seinen Protest nicht glaubhaft mit Fakten unterlegen. Statt zu stänkern, muss er gute Argumente liefern, auch allfällige Missverständnisse klären. Vielleicht kann man ja noch nachbessern».

Eher skeptisch ist Bernhard Guhl. Auch er will zwar erst noch genau wissen, warum das Programm den Kriterien nicht genügen soll. Dann will er eine Analyse machen. Es sei aber so, dass einige Aargauer Projekte aus den ersten beiden Aggloprogrammen auf Eis gelegt, schliesslich verworfen oder verhindert worden seien.

Aufgrund der Ausgangslage mache er sich nicht viele Hoffnungen, bekennt er. Das sei für all die guten Projekte sehr bedauerlich. Falls das Nein aus Bern definitiv werden sollte, dann sei aber «noch nicht aller Tage Abend», so Guhl. In diesem «worst case» würde er empfehlen, dringliche Projekte trotzdem sofort zu realisieren. Andere könnte man gewiss im baldigen vierten Aggloprogramm – verbessert – nochmals bringen.

Mehr Chancen rechnet sich Thierry Burkart aus. Jetzt seien Gespräche hinter den Kulissen zu führen, er will sich beteiligen: «Erst wenn die nicht erfolgreich sein sollten, muss es zu einem politischen Thema werden». Er werde sich auf jeden Fall für den Aargau einsetzen. Den Vorentscheid auf politischem Weg umzukehren, wäre aber schwierig.

Theoretisch könnte der Bund mehr Geld bereit stellen. Unmöglich sei das nicht, aber: «Wenn der Aargau mehr bekommt, stellen natürlich alle anderen auch weitere Forderungen und irgendeinmal reicht das Geld nicht mehr», befürchtet Burkart.

Optimistischer ist Ueli Giezendanner. Er will sich für das Programm einsetzen, und ruft alle Aargauer Parlamentarier auf, «über die Parteigrenzen hinweg dasselbe zu tun». Auch er mag den Schwarzen Peter nicht einfach dem Bund zuschieben: Dass «Bern» Verzögerungen bei unterstützten Projekten als Argument vorbringt, verstehe er gut.

Sonst seien Projekte für den Bund irgendwann nicht mehr planbar. Dass es gelingen könnte, Aargau-Ost zulasten eines anderen Programms wieder einzufügen, glaubt er nicht. Er fände es auch nicht richtig. Er setzt auf eine andere Strategie: «Um eine Mehrheit zu finden, müssen wir Verbündete in anderen Kantonen finden, die auch etwas wollen, und die dann dafür auch von uns unterstützt werden. Die Waadtländer zum Beispiel, die wie wir die A1 rasch sechsspurig haben wollen.»

«Es erwischt die Falschen»
Dass «Aargau-Ost» nicht unterstützt werden soll, ist letztlich auf einen Punktabzug aufgrund verzögerter, früher vom Bund unterstützter Aargauer Aggloprojekte zurückzuführen. Der Jurist Burkart «kann den Punkteabzug beim Umsetzungsreporting nicht nachvollziehen».

Denn der Aargau sei beim Umsetzen im Durchschnitt der Kantone: «Es ist falsch, einem Kanton, der im Durchschnitt liegt, einen entscheidenden Punkt abzuziehen. Dass darunter zudem neue Projekte leiden sollen, finde ich vom Grundsatz her fragwürdig.» Wie immer man die Kriterien sieht, in einem sind sich alle einig.

Um es mit Bernhard Guhl zu sagen: «Jetzt muss der Aargau seine Hausaufgaben machen.»

Ulrich Giezendanner: «Parlamentarier müssen sich über die Parteigrenzen hinweg einsetzen.»
Ulrich Giezendanner: «Parlamentarier müssen sich über die Parteigrenzen hinweg einsetzen.»