
Dialekt-Experte Adrian Leemann: «Mich interessiert, wie jemand schwätzt»
Welchen Dialekt sprechen Sie?
Adrian Leemann: Diese Frage ist nicht ganz einfach zu beantworten. Mein Vater kommt aus der Stadt Zürich, meine Mutter aus dem Thurgau, aufgewachsen bin ich in Zofingen. Ich habe den Eindruck, dass ich den Dialekt spreche, den man auch in Richtung Reiden, Sursee verwendet.
Offenbar soll es einen Zofinger Dialekt geben?
Ja, das ist richtig. Zofingen ist insofern interessant, weil es in einem Spannungsfeld zwischen Luzern, Bern und Solothurn liegt. Besonders die Einflüsse vom Berndeutschen sind sehr stark. Das ist geschichtlich bedingt: Von 1415 bis 1798 war Zofingen Untertanengebiet von Bern. So wird der «L»-Laut häufig als «U» ausgesprochen. Also zum Beispiel Miuch statt Milch. Hinzu kommen Merkmale, die wir auch im Luzernischen finden: Der «A» wird oft zum «O». Beispielsweise sagt man in Zofingen frooge wie in Luzern, im Berndeutschen heisst es fraage. Dialekte sind aber grundsätzlich eine Definitionsfrage. Pi mal Daumen sagt man im Volksmund, dass jeder Kanton einen eigenen Dialekt hat.
In einem Gespräch können Sie nach einigen Sätzen erkennen, woher jemand kommt. Worauf achten Sie?
Ein Dialekt ist immer eine Bündelung aus sprachlichen Merkmalen. Als Sprachwissenschaftler betrachtet man die Laute, die Wortwahl, die Satzstellung, die Sprechgeschwindigkeit und weitere Merkmale. Ich persönlich höre vor allem auf die Laute. Das heisst, mich interessiert, wie jemand schwätzt. Beispielsweise Miuch oder Milch.
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